Gemordet wird in langen Sommernächten: Krimi-Lesefutter Thriller Paket. A. F. Morland

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alle Abzweigungen in der Lexington Street ab der 36. südlich zu blockieren!«, bellte ich ins Mikro.

      Ich drückte aufs Gaspedal und setzte zum Überholen an. Das Taxi wich einem anfahrenden Bus aus, und ich musste abbremsen.

      Ich versuchte es noch mal. Im Vorbeiziehen griff ich nach meiner Dienstwaffe. Die Konturen von zwei Personen konnte ich durch die Seitenscheibe hindurch ausmachen.

      Plötzlich bremste der Führer scharf ab. Ich hörte einen Knall hinter mir.

      Im Rückspiegel sah ich, dass der Bus auf das Taxi aufgefahren war.

      Meine Bremsen schrien, als ich aufs Pedal stieg. Mit gezogenem Revolver sprang ich raus und spurtete los. Bus und Taxi standen etwa 60 Meter hinter meinem Sportwagen.

      Ich sah noch, wie zwei Gestalten in den Bus einstiegen. Der Bus stieß zurück, umfuhr das stehende Taxi und rollte an mir vorbei Richtung Süden. Hinter dem Führer des innen erleuchteten Busses sah ich eine Frau mit einer Waffe stehen.

      Über Handy gab ich die niederschmetternden Neuigkeiten durch. Dann näherte ich mich dem Taxi. Es schien niemand mehr drin zu sitzen. Der Kofferraum war durch den Crash mit dem Bus aufgesprungen.

      Immer mehr Passanten sammelten sich um das Fahrzeug. Aus irgendeinem Grund gingen alle um den Wagen herum und blieben hinten vor dem offenen Kofferraum stehen. Irgendetwas dort musste eine magische Anziehungskraft ausüben.

      »FBI!«Ich wedelte mit meiner Dienstmarke herum und schob die Menschentraube um das Heck des Taxis auseinander.

      Die Leute in der ersten Reihe waren merkwürdig starr. Einige pressten die Hand auf den Mund, als würden sie jeden Moment losschreien.

      Im Kofferraum lag eine Plastikplane. Oder besser: Ein in eine Plastikplane gewickeltes Bündel.

      Ich beugte mich herab. Jemand ließ ein Feuerzeug aufflammen, und ein menschliches Gesicht schimmerte milchig durch die Plane.

      Und blondes Haar.

      Und Blut.

      Ich stützte mich auf den Rahmen des Kofferraums und schloss die Augen. Für einen Moment glaubte ich, die Lexington Street unter meinen Schuhsohlen wanken zu sehen.

      Wir waren zu spät gekommen...

      27

      »Er ist tot, Chefin«, sagte die Stimme im Telefonhörer. »So tot, wie man nur sein kann.«

      »Ich hoffe es für Sie, Massino.« Die Frau im roten Kimono trommelte mit den Fingern auf ihre Schreibtischplatte. »Gut. Sie übernehmen jetzt den Cord Auftrag. Morgen früh wird der Vater unseres Auftraggebers mit seiner Freundin nach Hawaii auslaufen. Die Yacht liegt am Hudson, Pier 49, sie heißt Southwind. Wyne wartet dort schon auf Sie. Sie verstecken sich beide auf dem Schiff. Gleich nach dem Auslaufen überwältigen Sie das Paar. Möglichst ohne Schusswaffen. Wenn Sie auf hoher See sind, funken Sie uns an. Bevor die Yacht sinkt, holt Newby Sie mit einem Helikopter. Alles verstanden?«

      »Verstanden, Chefin.«

      Sie legte auf. Nachdenklich starrte sie auf den Bildschirm des laufenden Fernsehers vor ihr im Regal. Wenn Barry nun doch noch geredet hatte...

      Sie überlegte, ob sie ins Lexington fahren sollte, um die Videoaufnahmen in Sicherheit zu bringen.

      Der Nachrichtensender, den sie eingeschaltet hatte, zeigte Bilder aus einer nächtlichen Straße. Polizeiautos waren zu sehen, bewaffnete Beamte und ein Bus. Die Gegend kam ihr bekannt vor. Das war doch die Lexington Street in der Nähe des Gramercy Parks!

      Sie konzentrierte sich auf die Stimme des Kommentators.

      »... 23 Fahrgäste in ihrer Gewalt. Das FBI geht davon aus, dass die Geiselnehmer auch die Entführer der vor einer Woche verschwundenen Theresa Vanhouven sind. Ihre Leiche wurde...«

      Modeste Goldberg erstarrte. Sie war davon ausgegangen, dass Howard und Marilyn die tote Frau in diesen Minuten im East River versenkten. Und jetzt...

      Hatte Barry also doch noch reden können!

      Sie presste die Fingerspitzen an die Schläfen und schloss die Augen. Nach einigen tiefen Atemzügen bekam sie sich wieder in den Griff.

      »Gut. Nicht zu ändern.«

      Sie stand auf, riss sich den Kimono vom Leib und schlüpfte in einen leichten dunkelblauen Hosenanzug. Aus einer der unteren Schreibtischschubladen holte sie eine Dienstwaffe Walther hervor. Sie füllte das Magazin und warf die Waffe in ihre Handtasche.

      Diesen Ernstfall hatte sie nicht erwartet. Aber sie hatte ihn in Gedanken durchgespielt. Hundertmal und öfter.

      Als Erstes musste sie ins Hotel fahren und die Videobänder verschwinden lassen.

      28

      »In zwei Stunden wollen sie die erste Geisel erschießen«, sagte Orry. »Sie fordern freien Abzug.«

      Ich blickte zu dem Bus hinüber. Er stand etwa 100 Meter vor einer Straßensperre aus Streifenwagen.

      Von rechts drückte Clive mir ein Fax in die Hand. Die Daten über Newby, die unser Zentralrechner ausgespuckt hatte. Ich überflog sie: 56, Vietnam Veteran, bei den Ledernacken, mehrfach ausgezeichnet, vorbestraft wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern. Über die Frau wussten wir noch nichts.

      »Ich glaube nicht, dass die beiden die Drahtzieher sind«, sagte ich. »Da steckt irgendein perfides Hirn dahinter.«

      »Und wessen?«, fragte Milo.

      »Vielleicht sagt es uns Vanhouven. Hast du mit dem Haftrichter gesprochen?«

      Milo nickte.

      Wir stiegen in meinen Wagen und brausten los.

      »Musst du so schnell fahren?«

      »Ja. Der propere Gentleman hat einen Fernsehapparat.«

      Mehr sprachen wir nicht die 20 Minuten über, die wir bis zum Vanhouven Haus brauchten. Der Tod der Entführten lag uns schwer im Magen.

      Vor dem erleuchteten Hauseingang der Villa lud der Chauffeur Koffer und Taschen in einen Mercedes. Milo und ich liefen auf ihn zu.

      »Sie können wieder ausladen«, sagte Milo zu dem verdutzten Mann.

      Vanhouven trafen wir in der Eingangshalle seines Hauses an. Mit einer Aktentasche in der Linken und einem Mantel über dem rechten Arm.

      »Sie verreisen?« Ich musterte ihn kühl. Er blieb stumm. »Ohne zu wissen, was mit Ihrer Frau ist?«

      »Ich habe es eben in den Nachrichten gehört.«

      »Mr. Vanhouven, Sie haben am vergangenen Montag keine Taxi Zentrale angerufen«, sagte Milo, und seine Stimme klirrte vor Kälte.

      »So ein Blödsinn!« Langsam kam Leben in den Mann. »Wen denn dann?«

      »Das würden wir gerne von Ihnen wissen.« Ich machte noch einen Schritt auf ihn zu. Ich hätte ihm gern gesagt, dass ich ihn für ein aalglattes Schwein hielt. Doch im Lauf der Jahre hatte ich gelernt, meine Empfindungen unter Kontrolle zu halten. »Vielleicht haben Sie ja einen gewissen Howard Newby angerufen? Oder einen Mann namens Barry O’Connors?«

      Er wurde leichenblass.

      »Wir möchten von Ihnen wissen, wer der Kopf der Bande ist«, sagte Milo.

      Statt zu antworten, drehte sich Vanhouven abrupt um und verschwand in seinem Büro.

      »Aus dem kriegen wir nichts raus«, seufzte Milo. Wir gingen dem Mann hinterher.

      Er telefonierte. Natürlich mit seinem Anwalt. Als er aufgelegt hatte, sah er uns giftig an. »Verlassen Sie sofort mein Haus!«

      »Gern.« Milo zog ein Briefkuvert aus seinem Jackett. »Aber nur in Ihrer Begleitung.«


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