Das Geheimnis des wahren Evangeliums - Band 1. Johanne T. G. Joan
veranlasste Zitronensaft und nicht Essig in seinen Salat zu träufeln – beide Flüssigkeiten seien doch schließlich ähnlich oder gleich – wurde Gilberto fast ärgerlich und erklärte:
„Die an rohem Obst oder Gemüse gebundenen Säuren wirken auf den Organismus alkalisch und schwemmen Wasser und Gifte aus dem Körper aus. Essigsäure dagegen ist nicht im Sinne vom Wein gegoren, denn Essig ist kein Wein mehr, sondern eine Stufe darunter. Alle Lebensmittel, die wie Essig ihre letzte biologische Abbaustufe erreicht haben und dennoch als genießbar betrachtet werden, wie Verschimmeltes, Geröstetes usw. fordern vom Organismus viel Energie für ihre Assimilation. Nicht umsonst haben die Alten gesagt: „1 Tropfen Essig frisst 7 Tropfen Blut“ oder sagt der Volksmund zu einer Sache die kaputt ist „Essig“. Essig hemmt die Mundverdauung und verzögert die Verdauung von Kohlenhydrat. Essig macht übrigens süchtig und alles was süchtig macht ist schädlich.“
Der Arzt hatte Jahre gebraucht, um hinter diese Erkenntnis zu kommen, denn schließlich schreiben manche Autoren ja sogar, dass Essig gesund sei.
„Essig ist flüssiger Schimmel, kaputter Wein!“, behauptete er kategorisch und fuhr entfesselt fort:
„Essig ist nicht im Geringsten mit Zitronensaft zu vergleichen, denn Essig ist das Gegenteil von Zitronensäure. Essig ist tot, während Zitronensaft lebt!“
Damals fielen dem Geistlichen gleich die schwangeren Frauen, die nahezu nach Essiggurken gieren, ein und er argumentierte: „Man schreibt schwangeren Frauen intuitive Gelüste, die dem Wohle des ungeborenen Kindes dienen sollten, zu. Wieso haben diese Frauen Verlangen nach Essiggurken?“ Auch in diesem Fall wurde Gilberto unwillig:
„Die meisten Schwangeren greifen aus Unwissenheit und durch falsche Aufklärung nach Essiggurken oder ähnlichen Speisen, die Essigsäure enthalten und erfahren eine kurzfristige Erleichterung ihres Verlangens. Doch wie Salzwasser den Durst nicht stillt und immer durstiger macht, verhält es sich mit Essig; die Gelüste nach in Essig eingelegtem Gemüse bestehen weiterhin, denn in Wirklichkeit verlangt der Körper einer Schwangeren nach der Säure von rohem Obst.“
Er war in Fahrt und führte eine Überlegung aus seiner Praxis ein, die ebenfalls mit dem Konsum von Essiggurken oder anderen in Essig getauchten Nahrungsmitteln zusammenhing:
„Auch Krebskranke haben ein starkes Verlangen nach Säure“, fuhr er fort. „Manche trinken den Essig ja sogar pur. Sie begehen den gleichen Fehler der unaufgeklärten Schwangeren, denn zu ihrer Genesung teilt der Körper – der versucht zu retten, was zu retten ist – ihnen den Bedarf an säurehaltiger Nahrung mit, aber sein Begehren ist nicht Essigsäure, sondern Säure des rohen Obsts.“
„Ist es nicht so, dass Krebskranke teilweise kein rohes Obst vertragen?“, konterte Carlucci.
„Das ist richtig. Durch die falsche Lebensweise, die schließlich zu dem Krebs führte, degeneriert die Magen- und Darmschleimhaut mancher Krebskranker derart, dass sie die Urnahrung bzw. die lebendige Nahrung nicht einmal mehr vertragen; Durchfall ist das Ende vom Lied. Die Schuld an der Obstunverträglichkeit wird oft in diesem Fall beim Obst gesucht und nicht bei der jahrzehntelangen falschen Lebensweise der Kranken. Auf diese Weise ist Obst und rohe Nahrung in Verruf gekommen, sodass manche Menschen, ja sogar auch
Therapeuten, dreist behaupten, dass Obst nicht gesund sei.“
„Wenn die Kranken aber kein Obst vertragen, wie sollen sie dann Obst essen?“
„Gute Frage! Der Organismus gönnt sich keine Ruhe, es ist immer ein Auf- und Abbau. Wenn die Voraussetzung dafür geschaffen ist, strukturieren sich daher die erkrankten Schleimhäute wieder um und sie regenerieren sich wieder. Der Kranke sollte unter Anleitung allmählich die Akzeptanz seines Organismus auf rohe Nahrung anregen und steuern, sodass sich seine Organe nach und nach an die Urnahrung wieder gewöhnen. Jedenfalls sollte er nicht literweise Essig schlürfen.“ Der Ober brachte den Wein und schenkte jedem Gast ein Glas ein.
Gilberto erhob sein Glas und sprach:
„Auf deine Beförderung zum Präfekten, auf die du so viele Jahre gewartet hast?“
Carlucci lächelte, nickte zustimmend mit dem Kopf und stieß mit seinem Freund an:
„Auf den neuen Präfekten der Geheimarchive! “, erwiderte er. „Hast du nun Zugriff zu diesem Raum, der in dir so viele Neugierde geweckt hatte?“, wollte sein Begleiter wissen.
Der Geistliche presste die Lippen zu einem Lächeln zusammen und nickte mit dem Kopf bejahend, als wäre es ein großes Geheimnis, das nicht ausgesprochen werden durfte und neigte sich über den Tisch und flüsterte Gilberto zu:
„Ich habe mich schon darin umgeschaut und war derart vertieft, dass ich unsere Verabredung beinahe verschwitzt hätte.“
„Das will ja schon etwas heißen! Hast du das große Mysterium gefunden?“
Carlucci zuckte zusammen, als hätte sein Freund lautstark eine Geheimlehre ausgeplaudert und antwortete leise:
„Ich habe mir erst einen Überblick verschafft. Ich werde noch viele Stunden darin verbringen, bis ich den Inhalt des Raumes durchleuchtet habe.“
Der Kellner brachte die Salatteller, dem Arzt mit einer halben Zitrone, und servierte wenig später das Gemüse und den Fisch.
Mit einem Espresso auf Kosten des Hauses beendeten die Freunde mit Themen aus dem Beruf und Erinnerungen aus der Studienzeit ihre monatliche Verabredung.
5. Kapitel
Das ganze Obst und Gemüse ist doch gespritzt! Ich tue mir sicher keinen Gefallen, wenn ich mich damit ernähre“, protestierte Herr Bauer, als Gilberto in seiner Praxis seinem an chronischen Migränen leidenden Patienten breit erklärte, warum er, um sein Blut zu reinigen, sich aus roher Nahrung ernähren sollte.
Damit argumentierten die meisten Patienten, die an roher Nahrung keinen Gefallen fanden und die zum größten Teil nie in ihrem Leben das Aroma eines selbstangebauten Bio-Salats gekostet hatten. Warum sollten sie überhaupt Salat anbauen, wenn man ihn für nur 30 Cent kaufen konnte? Warum sich die Arbeit mit Obstbäumen machen, wenn das Obst ebenfalls billig und sauber verpackt sehr preiswert angeboten wird? Es war zwar keine Bioqualität, aber da er diese Qualität nicht kannte, vermisste er sie auch nicht.
Das behandelte fad schmeckende und minderwertige Obst und Gemüse bedeutet keinen Genuss für den Verbraucher und da er den wahren wunderbaren Geschmack des Obstes oder des Gemüses nicht kannte, war der Grund für seine Abneigung gegen Obst, nicht die Minderwertigkeit der Ware, sondern das Obst selbst. Obst schmeckt einfach nicht. Manchmal kaufte er und aß es, weil manche behaupteten, dass es gesund sei, doch sein Geschmack hatte ihn nicht überzeugt. Mit Recht nicht. Das Obst war in Verruf geraten und glich einer mittelmäßigen Kopie eines Gemäldes, das man als authentisch erklärt.
Und so schloss sich der Kreis: Abgesehen davon, dass der Bürger keinen Anlass fand, Obst und Gemüse anzubauen, wann in der Welt, hätte er überhaupt die Zeit dafür aufbringen sollen? Zahlungsverpflichtungen sowie Miete, Strom, Heizung, Telefon, Versicherungen, Krankenversicherung usw. geben dem Verbraucher keine Chance, etwas anderes zu tun, als eine Stelle anzunehmen, um diese ganzen Zahlungen, die kein Ende nehmen, zu begleichen. Nachdem der eine sich die ganze Woche mit Brotbacken und der andere mit dem Verkaufen von irgendwelchen Waren und wiederum ein anderer mit giftigen Dämpfen aus einem Friseursalon oder am Straßenbau usw. abgerackert hatte, hatte er nur noch eines im Sinn, sich am Wochenende von den Anstrengungen der Woche zu erholen. Und diese Freizeit würde er garantiert nicht für das Pflanzen von Obst und Salat, das ihm sowieso nicht schmeckte, opfern.
„Das Obst, das wir kaufen ist tatsächlich behandelt“, erwidert der Arzt. „Doch es lebt und ist immer noch gesünder, als Fleisch von Tieren, die sicherlich keine Bionahrung zum Fressen bekommen haben und ihr kurzes Leben mit Antibiotika behandelt und Psychopharmaka ruhig gehalten wurden. Es ist gesünder als die Nahrung, die man sonst kaufen kann und die nicht nur behandelt ist, sondern auch noch denaturiert, mit Chemie angereichert, verkocht oder gefroren ist. Obst und Gemüse aus biologischem Anbau kann sich nicht jedermann leisten, doch wie auch immer, auch wenn das Obst nicht