9 Spannungsromane für den Urlaub: Ferien Sammelband 9017. Frank Rehfeld

9 Spannungsromane für den Urlaub: Ferien Sammelband 9017 - Frank Rehfeld


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      Es versprach ein schöner Tag zu werden. Die Sonne stieg höher. Es wurde rasch wärmer. Und bis jetzt trübte noch keine einzige Wolke das Blau des Himmels. Es wurde intensiver, je mehr die Kraft der Sonne zunahm. Auch das Grün der Wald und Hügellandschaft gewann an Intensität.

      Sheila und die beiden Trucker lehnten an der Stoßstange des Thunder und blickten auf die Landschaft im Osten. Die Ouachita Mountains, zuvor noch dunkel und drohend, waren jetzt in ein freundlicheres Licht getaucht.

      „Wenn man sich den Schandfleck wegdenkt“, brummte Bob, „kann man’s hier direkt aushalten.“

      „Dann muss man sich aber noch eine Menge mehr wegdenken“, erwiderte Jim.

      „Zum Beispiel?“

      „Die Insassen“, antwortete Sheila an Jims Stelle. „Mein Gott, wenn ich mir das vor Augen halte! Barry inmitten von Kriminellen, von Gangstern und Mördern...“

      „Es müssen ja nicht nur Schwerverbrecher sein“, meinte Jim, doch er wusste, dass es wenig überzeugend klang.

      „Ich war Journalistin“, entgegnete Sheila. „Ich weiß, welche Preisklasse in einem Staatsgefängnis untergebracht wird. Noch dazu in einer Außenstelle!“

      „So zartbesaitet ist Barry doch wohl auch nicht“, warf Bob ein.

      Sheila kam zu keiner Antwort. Schritte knirschten, näherten sich rasch.

      Erstaunt drehten sich Sheila und die beiden Männer um. Sie glaubten ihren Augen nicht zu trauen.

      Der Lieutenant, den Jim in der Wachbaracke kennengelernt hatte, kam auf sie zu. Das allein hätte weder die Trucker noch die Ex-Journalistin aus der Fassung gebracht. Es lag an den Händen des Lieutenants.

      Er hatte sie auf dem Kopf gefaltet.

      Und sein Gesicht war weiß wie eine frisch gekalkte Wand.

      Jim und Bob stießen sich ab, wollten auf ihn zu. Nur Sheila zögerte.

      „Bleiben Sie um Himmelswillen, wo Sie sind!“, rief der Lieutenant. Drei Schritte vor dem ‚Thunder‘ blieb er stehen. „Das Gefängnis ist in der Hand von Revoltierern. Sehen Sie nur mal unauffällig zum Wachturm am Haupttor. Dann wissen Sie, weshalb ich so vor Ihnen stehe.“

      Den Trucking-Partnern stockte der Atem.

      Eines der Wachturm-Fenster war geöffnet. Heraus ragte der lange Lauf eines Gewehrs mit aufmontiertem Zielfernrohr. Der Oberkörper des Mannes hinter dem Gewehrkolben war nur undeutlich zu erkennen. Fest stand aber, dass der Lieutenant ein toter Mann war, wenn er nur den winzigsten Fehler beging.

      Jim zerknirschte einen Fluch auf den Zähnen. „Und was haben wir mit der Sache zu tun?“, fragte er, obwohl ihn bereits eine düstere Ahnung beschlich.

      „Die Aufrührer wollen Ihren Truck“, erklärte der Gefängnisbeamte.

      21

      Aldo Benito marschierte an der Spitze seiner Formation.

      Wie ein Feldherr.

      Sheila erkannte ihn sofort. Auch Jim und Bob hatten in dem Punkt keine Probleme. Sie hatten oft genug Regionalzeitungen in Oklahoma gelesen, um von der Mafia-Familie Benito gehört zu haben. Die Verurteilung Aldos war seinerzeit eine Sensation gewesen. Ein Riesenerfolg für das Büro of Investigation, das in dem Fall allerdings mit dem FBI zusammengearbeitet hatte.

      Der Lieutenant war in seine Baracke zurückgekehrt.

      Der Scharfschütze war aus dem Wachturm verschwunden, hatte sich der Marschgruppe unter Benitos Führung angeschlossen. Der lange Lauf des Präzisionsgewehrs ragte auf wie eine Lanze.

      Sheila stieß einen leisen, angstvollen Laut aus, als die Einzelheiten deutlicher wurden.

      „Still!“, zischte Jim. „Keinen Ton jetzt!“

      Sheila gehorchte, hatte sich in der Gewalt. Auch Bob gab keinen Laut von sich. Alle drei rührten sich nicht. Sie hielten die Hände so, dass die Ausbrecher sie deutlich sehen konnten. Noch hatten sie keinen Befehl erhalten, die Hände hoch zu nehmen oder über dem Kopf zu falten wie der Lieutenant.

      Es war nur ein kleiner Teil der Gefangenen, der sich dem Mobster angeschlossen hatte. Der harte Kern vermutlich. Die Lebenslänglichen. Die anderen, die eine Chance hatten, vorzeitig entlassen zu werden, würden sich das nicht verscherzen. Sie würden zumindest lange und gründlich nachdenken, bevor sie einen konkreten Schritt unternahmen.

      Aldo Benito trug die schwarzgraue Anstaltskluft, wie die anderen auch. Und er war bis an die Zähne bewaffnet, wie sie.

      An dem Koppel, das er einem Aufseher abgenommen hatte, trug er zwei Holster mit Pistolen, links und rechts. Außerdem einen Schlagstock, einen Gasmaskenbehälter und ein Futteral mit Tränengas-Granaten. Über der linken Schulter trug Benito eine Schrotflinte, über der rechten lag der Riemen der Maschinenpistole, die er schussbereit im Hüftanschlag hielt.

      Die Gefangenen hatten nur zwei Geiseln mitgenommen.

      Und das reichte vollkommen.

      Barry Deegan und der Gefängnisdirektor gingen vor den insgesamt 14 Ausbrechern her.

      22

      Jim, Bob und Sheila wussten von dem Lieutenant, dass der Direktor Lawrence Webster hieß. Er war von Anfang an gegen den Plan des BI gewesen, einen Spitzel einzuschleusen. Webster musste gewusst haben, was laufen würde. Er hatte es mit Sicherheit besser beurteilen können als irgendjemand sonst. Aber Captain Lovell war darauf aus gewesen, einen neuen, großartigen Erfolg für sich zu verbuchen. Es hatte ihn dabei nicht gestört, einen Mann wie Barry Deegan möglicherweise für sein persönliches Karriere-Ziel zu opfern.

      Die Ausbrecher waren eine waffenstarrende Truppe.

      Auch auf die beiden Zellengefährten Benitos hatte der Lieutenant hingewiesen. William „Caligula“ Dexter und Barney „Hondo“ Evans. Der Kahlköpfige, der wie eine Schlange aussah, hielt den Gefängnisdirektor in Schach. Der Mann mit dem Rattengesicht stieß Barry Deegan in kurzen Abständen den MPI-Lauf in den Rücken. Dabei brauchte er den Trucker nicht anzutreiben. Doch es schien der Ratte eine geradezu diebische Freude zu bereiten, den athletisch gebauten Mann immer wieder zusammenzucken zu sehen.

      Die Kerle in der Marschgruppe hielten ständig Ausschau nach allen Seiten. Nichts entging ihnen. Nicht einmal die kleinste Bewegung wäre ihnen entgangen. Und sie wussten auch, dass ihre Stärke in ihrer Zahl lag. Selbst die besten Scharfschützen hätten keine Chance gehabt, sämtliche Ausbrecher so schnell auszuschalten, dass den Geiseln kein Haar gekrümmt wurde. Eine solche Aktion war völlig ausgeschlossen; in dem Punkt konnten die Kerle sich nur zu sicher fühlen.

      Und sie wollten so schnell wie möglich weg von Broken Bow. Denn sie wussten, dass es hier innerhalb der nächsten Stunde von Polizei wimmeln würde. Deshalb konnten Benito und seine Meute sich nur beglückwünschen, den roten Sattelzug vorgefunden zu haben.

      Denen, die jetzt im Gefängnis ausharrten, mussten an diesem Morgen die Augen geöffnet worden sein. Wenn sie jemals geglaubt hatten, dass es einem Mann wie Benito um bessere Haftbedingungen gegangen war, dann mussten sie jetzt versucht sein, sich selbst in den Hintern zu treten. Wahrscheinlich fanden in diesem Augenblick hinter den Betonmauern heiße Diskussionen statt. Hatte es Sinn, die Revolte fortzusetzen? Sollte man sich mit Killern wie Benito in einen Topf werfen lassen? Denn wenn erst einmal die State Police und das FBI mit ihren Spezialisten zur Geiselnehmer-Bekämpfung anrückten, wurde die Sache haarig. Dann brauchte man mit einer Geisel vor dem Lauf nur einen einzigen falschen Schritt zu machen, eine einzige falsche Körperdrehung, und schon war man im Jenseits, ohne auch nur den Finger gekrümmt zu haben.

      Solche Dinge sprachen sich herum, seit im Fernsehen von Tatort-Einsätzen der Cops in regelrechten „Liveshows“, berichtet wurde. Da kriegte man dann schon mal mit, dass der Todesschuss eines hochqualifizierten


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