9 Spannungsromane für den Urlaub: Ferien Sammelband 9017. Frank Rehfeld

9 Spannungsromane für den Urlaub: Ferien Sammelband 9017 - Frank Rehfeld


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Situation dar, in die er jetzt geraten war.

      Eine Straße wie ein Tunnel.

      Düsteres Mauerwerk, Backstein. Verschlossene Türen und schwarze Fenster. In den Pfützen auf dem Asphalt schillerte das ferne Licht einer Straßenlampe.

      Barry wurde vom Nachhall seiner eigenen Schritte eingeholt. Wie rollender Donner folgte ihm dieser Hall, den er mit seinen Schuhsohlen erzeugte. Die Straßenlampe schien unerreichbar fern. Sie symbolisierte das rettende Ufer, das er praktisch nicht erreichen konnte. Die Lampe war weniger als der Strohhalm, nach dem der Ertrinkende greift.

      Barry wollte nicht wahrhaben, dass es längst auch die Schritte der anderen waren, die hinter ihm dröhnten. Seine Sinne gaukelten ihm vor, dass er es trotz allem noch schaffen konnte - so, wie er immer alles geschafft hatte, was er schaffen wollte.

      Wirklich?

      War es nicht eher so gewesen, dass er sich immer alles Mögliche eingeredet hatte? Ja, er war ein verdammter Narr, der sich ständig nur selbst was vormachte. In Vietnam genauso wie jetzt, hier, in den Staaten. In einem Land, das ihn nicht mehr wollte. Das seine Rückkehr aus der Dschungelhölle irgendwie nicht eingeplant zu haben schien.

      Seine Verfolger waren die Vollstrecker.

      Ja, verdammt, das waren sie.

      Du hast in diesem Land nichts mehr zu suchen, Barry Deegan!

      So hörte er sie brüllen, hinter sich, und sie kamen immer näher. Ihr drohendes Gebrüll fand nur in seinem Kopf statt, das war ihm schon klar. Aber was änderte das schon! War es die Wirklichkeit, und die bedeutete den Tod für ihn. Eine andere Verwendungsmöglichkeit gab es für ihn nicht mehr. Jetzt nicht mehr.

      Die Straße, das Licht, die Lampe - diese rettende Insel dort vorn schien sich zu entfernen, statt näher zu kommen. Und er hatte keine Waffe. Seit Vietnam hatte er nie mehr eine Waffe angefasst. Er hatte sich nur auf seine Fäuste verlassen. Nun aber hatte er sich selbst wieder dahin gebracht, wohin er nie mehr gewollt hatte: in die Welt des Tötens.

      Wollte er überleben, musste er töten, um nicht getötet zu werden.

      Vielleicht wäre er dazu bereit gewesen, hätte er eine Waffe besessen. Aber wie die Dinge standen, hatte er keine Chance.

      Im Laufen drehte er sich um.

      Und erschrak.

      Drei Verfolger! hafte Gestalten jedenfalls. Sie waren schnell, höllisch schnell. Und schon viel näher, als er gedacht hatte.

      Auf einmal hörte er sein Keuchen, seinen rasselnden Atem. Und erst jetzt spürte er seinen Herzschlag, der ihm bis in den Hals herauf hämmerte.

      Aus! gellte seine innere Stimme. Aus! Aus! Aus!

      Plötzlich eine andere Stimme.

      Er begriff nicht sofort.

      „Runter, Deegan! Runter, verdammt noch mal!“

      Im selben Moment sah er die Silhouette, die ins Licht geschnellt war.

      Er reagierte und kam sich dabei langsam wie eine Schnecke vor. Aber er reagierte und das war die Hauptsache.

      Als er mit der Nase im Dreck landete, brach über ihm die Hölle los.

      An der Hüfte des Mannes im Straßenlicht erblühten Blumen aus Feuer. Das Inferno der Schüsse brach sich zwischen den Hauswänden. Durch das Heulen der Querschläger schrillten menschliche Stimmen. Sie endeten, versiegten. Das Inferno endete.

      Grenzenlos staunend hob Barry Deegan den Kopf vom schmutzigen Asphalt. Er konnte es nicht fassen, aber es war die Wirklichkeit:

      Er lebte.

      Er hatte nicht mal eine Schramme abgekriegt.

      Und hinter ihm rührte sich nichts mehr.

      Schritte näherten sich aus dem Licht.

      Barry rappelte sich halb auf, ließ sich zur Seite sinken, mit der Schulter gegen eine Backsteinwand.

      Der Mann blieb vor ihm stehen. Breitbeinig, die Maschinenpistole am langen Arm. Aus der stummeligen Mündung kräuselte sich ein dünner Rauchfaden. Der Mann war schlank und hochgewachsen. Er trug einen Trenchcoat. Sein blondes Haar war kurzgeschoren. Barry kannte diese Typen zur Genüge. Marines. Ledernacken. Das waren keine Menschen. Das waren ...

      „Schätze, du bist mir jetzt einen Gefallen schuldig, Deegan.“ Die Stimme des Mannes hatte einen unangenehm metallischen Klang.

      „Himmel, du hast mir das Leben gerettet“, hörte Barry sich ächzen. Und er wunderte sich darüber, dass er anfing, diesen Burschen sympathisch zu finden. Vielleicht geschah es aus Dankbarkeit.

      „Du hast es nicht verdient, Deegan. Du bist nicht besser als diese Dealer, die ich für dich umgelegt habe. Es wäre nicht schade um dich gewesen, wenn sie dich erwischt hätten. Aber wir beide können eine andere Art von Deal machen. Ab sofort arbeitest du für mich. Du bleibst in der Szene und lieferst mir Informationen. Dafür wird die Staatsanwaltschaft mit sich reden lassen. Als brauchbarer Zeuge gegen das organisierte Verbrechen wirst du straffrei ausgehen. Und du kriegst sogar die Chance, wieder ein ordentliches Leben anzufangen. Voraussetzung ist allerdings, dass du dich bewährst.“

      „Ich soll ein Verräter werden?“

      „Genau.“

      „Aber…“

      „Ein Verräter ist hundertmal besser als der Drecksack, der du jetzt bist. Weil es tausendmal gerechtfertigt ist, die Bastarde aus der Rauschgiftszene ans Messer zu liefern. Sie haben keine Gnade verdient. Denn sie töten jeden Tag. Sie töten unschuldige Menschen mit ihrem Stoff...“

      „Ich... ich habe ... keine Wahl?“

      „So ist es. Es sei denn, du ziehst es vor, in den Bau zu wandern.“

      „Nein.“

      „Na, dann.“ Der Mann mit dem Kurzhaarschnitt nahm die MPI in die Linke, reichte Barry die Hand und half ihm auf die Beine. „Dann sind wir also Partner. Du hörst von mir, wenn ich dich brauche. Und präge dir meinen Namen gut ein. Ich bin Leonard Lovell. Detective Lieutenant Lovell, Büro of Investigation, Oklahoma State Police ...“

      Der Name löste eine körperlich spürbare Reaktion bei Barry aus.

      Die Reaktion bestand in einem kalten Ziehen in der Kehle.

      Es blieb.

      Aus dem Raum wechselte es hinüber in die wirkliche Welt.

      Es war kalt und metallisch, und es verursachte dieses Ziehen quer über seinen Hals, zwischen Adamsapfel und Kinnlade. Als Barry erwachte und die Augen öffnete, signalisierte ihm sein sofort hellwacher Verstand, was zu tun war.

      Nichts.

      Er lag stocksteif, bewegte nicht mal mehr die Augenlider.

      Als erstes sah er die Gesichter. Grinsend. In den Augen der Kerle flackerte die blanke Mordlust. Und am unteren Rand seiner Kehle erblickte Barry die Ursache der stählernen Kälte auf der Kehle.

      Eine Klinge.

      Schmal und gefährlich wie ein italienisches Stilett.

      Aber so was konnte es nicht sein. So was würden sie niemals hereingeschmuggelt kriegen. Broken Bow hatte einen enorm hohen Sicherheits-Standard.

      „Es ist scharf wie ein Rasiermesser“, flüsterte Aldo Benito, der die Klinge hielt. „Wir basteln so was aus Essbesteck, wie in den guten alten Gefängnis Filmen.“

      William „Caligula“ Dexter und Barney „Hondo“ Evans lachten leise und glucksend. Barry sah nur ihre Köpfe und Schultern über der Kante seines Bettes. Die Zelle war nicht völlig dunkel. Die ganze Nacht über fiel Licht aus dem Mittelgang herein. Das war beabsichtigt. Ob allerdings jede einzelne Zelle von der Videosicherung erfasst wurde, war stark zu bezweifeln. Barry rechnete ohnehin nicht damit, dass ihm die Aufseher helfen


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