9 Spannungsromane für den Urlaub: Ferien Sammelband 9017. Frank Rehfeld
zu Ihrer Anzeige, Mr. Washburn“, sagte der blonde Deputy, und er ließ jedes Wort auf der Zunge zergehen.
Bob nickte. Er wusste, er konnte jetzt keinen Rückzieher mehr machen. Also schilderte er, was gelaufen war. Die Männer von der State Police stritten es ab. Ungerührt nahmen die Deputies die Namen aller Beteiligten auf. Dann rauschte der schwere Chrysler davon. Die Deputies rieten Bob, sich nicht zu viel von der Anzeige zu versprechen. Wahrscheinlich werde die Sache im Sande verlaufen.
Bob bedankte sich und sagte ihnen, dass es auch so schon ein Erfolg für ihn war. Die Beamten verabschiedeten sich. Der schwarze Riese stieg ins Fahrerhaus des Mack.
„Gut gemacht, Shotgun“, sagte er und ließ den Diesel kommen.
„Ich habe hier oben gezittert“, gestand Sheila. „Ich dachte, du würdest auf die Typen losgehen.“
„Es hat nicht viel dran gefehlt.“
„Ich frage mich nur, was die wollten“, meinte Sheila kopfschüttelnd.
„Auf den Busch klopfen“, entgegnete Bob überzeugt. „Die wollten verhindern, dass wir uns zu sehr für Barrys Verschwinden interessieren. Aber das Gegenteil haben sie erreicht.“
9
Der Tulsa International Airport lag im Nordosten der Stadt. Schon von weitem sah Jim die Baustelle, für die seine Ladung bestimmt war. Der Flughafen wurde erweitert. Es war wie in so vielen Großstädten. Überall platzten die Airports aus den Nähten. Und vor allem auch die Zahl der Inlands-Flüge war drastisch gestiegen. Das hing nicht zuletzt damit zusammen, dass immer mehr Touristen kreuz und quer über das Gebiet der Vereinigten Staaten jetteten.
Jim verließ den Gilcrease Expressway über die Ausfahrt Pine Street, eine Ausfahrt vor der eigentlichen Abzweigung zum Airport. Die Route zur Baustelle war ausgeschildert; der Zubringerverkehr zum Flughafen sollte so wenig wie möglich beeinträchtigt werden.
Große Passagier-Maschinen starteten in Abständen von wenigen Minuten. In der Sonne sahen sie aus wie glitzernde Vögel, die einen Schweif aus Feuer und Rauch hinter sich herzogen.
Die bisherigen Terminal-Gebäude verschwanden fast hinter den mächtigen Neubauten, die noch vom Gitterwerk der Gerüste umgeben waren. Der Tulsa International Airport würde seine Kapazität verdoppeln. Eine neue Startbahn wurde gebaut; eine zusätzliche Landebahn war in Planung. Umweltschützer liefen Sturm gegen das Projekt. Immer noch, obwohl längst nichts mehr rückgängig zu machen war.
Jim lenkte den ‚Thunder‘ vorbei an riesigen Baustofflagern. Allradgetriebene Kipper und Beton-Trucks kurvten über provisorisch befestigte Bau-Pisten. Arbeiter in orangefarbenen Overalls und mit weißen Schutzhelmen turnten auf den Gerüsten herum und sahen aus wie eingefärbte Ameisen.
Natürlich war es auch die wachsende Zahl der Geschäftsreisenden, die den Flugverkehr boomen ließ. Doch den größten Anteil an den Steigerungsraten der Fluggesellschaften hatte der internationale Tourismus. Japaner und Europäer hatten - mit wachsendem Wohlstand in ihren Ländern - die USA als ihr Ferienziel entdeckt. Das beschränkte sich längst nicht mehr auf klassische Reiseziele wie Florida, Kalifornien oder New York. Nein, inzwischen war alles interessant, was die Vereinigten Staaten ausmachte. Selbst Bundesstaaten wie Nebraska oder Wisconsin standen inzwischen in den Listen der Reiseveranstalter.
Es gab praktisch keinen amerikanischen Winkel mehr, in den Japaner oder Europäer mit ihren Kameras nicht hineinkrochen.
Jim fragte sich ernsthaft, wann die erste Reisegesellschaft auf die Idee kommen würde, Urlaub in einem echten amerikanischen Truck anzubieten.
TRUCKING HOLIDAYS
Jim sah den farbenprächtigen Prospekt, der so etwas anpries, direkt vor Augen. Erleben Sie die Romantik der Highways, lernen Sie den amerikanischen Westen kennen - gemeinsam mit den Cowboys des 20. Jahrhunderts! Spüren Sie die grenzenlose Freiheit im Fahrerhaus eines Kenworth oder Mack. Lassen Sie sich entführen in die Weite unberührter Landschaften, die der dröhnende Diesel für Sie erschließt.
Yeah, in der Art konnte es laufen. Jim grinste bei dem Gedanken daran. Bob und er würden sich wahrscheinlich für das Touristen-Geschäft nicht erwärmen können. Es sei denn, sie arbeiteten mit einer Reisegesellschaft zusammen, die ihnen ausschließlich Studentinnen aus Paris, Hamburg oder Stockholm vermittelte.
Der blonde Texaner rangierte den roten Kenworth auf den mit Schotter befestigten Platz für Lieferfahrzeuge. Er klemmte sich die Mappe mit den Frachtpapieren unter den Arm und stiefelte zu den Büros hinüber. All die Offices, in denen Ingenieure und Verwaltungs-Fachkräfte der Baufirmen arbeiteten, waren in Containern untergebracht. Zusammen bildeten die Container eine kleine Stadt für sich.
Jim betrat das Dispositions-Büro der Company, die für den Stahlbau zuständig war. Er hatte Fertigteile aus Stahlblech geladen, vorgesehen für die Konstruktion von Flugzeug-Hangars.
Eine freundliche Sekretärin in der Anmeldung beschrieb Jim den Weg zu dem zuständigen Sachbearbeiter. Fünf Minuten später hatte der hochgewachsene Trucker alle Informationen, die er brauchte.
Er besaß einen Lageplan mit der gekennzeichneten Stelle, an der Gabelstapler die Fertigteile aus dem Auflieger des ‚Thunder‘ holen würden.
Er besaß außerdem einen neuen Frachtauftrag: Dallas und zurück. Die Leerfahrt in die texanische Superstadt würde von der Company bezahlt werden. Als Ladung wartete in Dallas eine Partie Spezialbolzen für Stahlträger Verbindungen beim Bau der neuen Hangars.
Als Drittes und im Moment Wichtigstes hatte Jim die Adresse der State Police in Tulsa in der Tasche. Das örtliche Hauptquartier des Büro of Investigation befand sich im Stadtzentrum, an der Lewis Avenue.
10
Captain Leonard Lovell war der typische Eisenfresser.
Er war es immer gewesen, und daran hatte sich bis heute nichts geändert.
Barry Deegan brauchte nur kurz hinzusehen, um das festzustellen. Zwei Uniformierte führten ihn in Lovells Büro. Sie dirigierten ihn auf den Stuhl vor dem Schreibtisch, und sie wollten sich zurückziehen, ohne ihm die Handschellen abzunehmen. Lovell forderte sie mit einem herrischen Wink auf, den Trucker von der Stahlacht zu befreien. Die Beamten gehorchten. Barry rieb sich die Handgelenke. Er sah sich nicht um. Die hochwertige, aber schlichte Einrichtung des Büros interessierte ihn nicht. An der Wand hinter dem Schreibtisch hing das obligate Porträt des Präsidenten.
Lovell war die bedeutendere Person. So sah er jedenfalls aus, unter dem Bild mit dem lackierten Holzrahmen. Gegen den Chef der State Police in Tulsa verblasste der Präsident total.
Lovell trug sein aschblondes Haar kurzgeschnitten wie ein Ledernacken. Sein Gesicht, schmal und kantig zugleich, hatte harte Furchen, hauptsächlich um den schmallippigen Mund herum. Lovell trug einen dunkelblauen Anzug wie seine Untergebenen. Einzig die silbern schimmernde Krawatte zum weißen Hemd wies ihn als ranghöher aus.
„Sorry, aber die Handschellen mussten sein“, sagte Lovell. „Ich will den Kreis der Eingeweihten so klein wie möglich halten.“
„Die Dinger stören mich am allerwenigsten“, entgegnete Barry. „Viel schlimmer ist die ganze Art und Weise. Mussten deine Leute mich wie einen Verbrecher abführen? Wäre das nicht etwas rücksichtsvoller gegangen?“
„Wie denn?“
Ein spöttisches Lächeln entstand in Lovells Mundwinkeln.
„Du hättest mich anrufen können.“
„Anrufen?“
Der Captain blies die Atemluft durch die Nase aus. Und er wiederholte: „Wie denn? Sag jetzt nicht ,per Telefon’! Sonst könnte es passieren, dass ich mich nicht in der Gewalt habe.“
„Deine Einschüchterungsversuche kannst du dir schenken“, knurrte Barry. „Ich halte mich an unser Abkommen, aber ich lasse mich nicht bedrohen. Und wenn deine