9 Spannungsromane für den Urlaub: Ferien Sammelband 9017. Frank Rehfeld

9 Spannungsromane für den Urlaub: Ferien Sammelband 9017 - Frank Rehfeld


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eines wusste er: Seine Vergangenheit war schuld. Seine eigene gottverdammte Vergangenheit war schuld, dass ihm die Kontrolle über sich selbst entzogen wurde. Und er war nicht in der Lage, mit irgendjemandem darüber zu reden. Nicht einmal Sheila konnte er sich anvertrauen.

      Er fühlte sich elend und allein. Gottverdammt allein.

      7

      BULLFROG - Ochsenfrosch. So nannte Barry Deegan seinen Truck. Und damit jeder Aushilfsfahrer es auch mitkriegte, stand es in handtellergroßen Messingbuchstaben über den Armaturen. Barry hatte den Schriftzug von einem Kumpel anfertigen lassen, der vor dem Vietnam-Krieg Goldschmied gewesen war - und danach zu nichts mehr zu gebrauchen.

      Bob Washburn lenkte den dunkelgrünen Mack Conventional auf dem Muskogee Turnpike nach Südosten. Das war die direkte Verbindung zum Interstate Highway 40. Und auf dem erreichte man Fort Smith, die Grenzstadt in Arkansas. Von dort ging’s dann weiter, ostwärts, in Richtung Little Rock. Noch 200 Meilen, die herunterzureißen waren. Bob hatte vor, spätestens am frühen Nachmittag des nächsten Tages wieder in Tulsa einzutreffen. Nicht kalkulierbar war lediglich die Zeit, die für das Entladen draufgehen würde. Denn Barry hatte keine Anschlussfracht ab Little Rock, und der Auflieger war sein eigener. Hätte er selbst auf dem Bock gesessen, hätte er sich natürlich um eine neue Ladung bemüht. Bob hingegen konnte das nicht für ihn übernehmen. Die Zeit reichte gerade, um diesen Freundschafts-Job zu erledigen.

      Auch die Firma SHERMAN & WASHBURN musste schließlich ans Geschäft denken.

      Deshalb würde Bob den ‚Bullfrog‘ mitsamt Shotgun und leergeräumtem Auflieger zurückbringen und in Tulsa abstellen. Natürlich würden Jim und er sich um Sheila kümmern, wenn sie weitere Hilfe brauchen sollte. Aber vielleicht hatte sich Barrys Missgeschick ja inzwischen auch schon als peinlicher Irrtum erwiesen.

      Sheila zog die Kopfhörer ihres Walkmans aus dem Seidenhaar. Sie blickte den Ex-Champion von der Seite an, als erwartete sie von ihm eine Antwort auf alle ungelösten Fragen. „Was ich nicht verstehe, ist, warum er mir etwas verschweigt.“

      Der schwarze Riese nickte nachdenklich. Seine mächtigen Fäuste ruhten wie unerschütterlicher Stahl auf dem Lenkrad, und die grollend dumpfen Arbeitsgeräusche des Diesels waren wie eine Bestätigung der Zuverlässigkeit dieses Mannes. Sheila jedenfalls empfand grenzenlose Sicherheit in seiner Nähe. Bei Barry Deegan war es im Grunde das gleiche. Unsicher machte sie nur eben jene Tatsache, dass er ganz offensichtlich etwas vor ihr verbarg.

      „Woher weißt du das überhaupt?“, entgegnete Bob nach einer Weile.

      „Was? Was meinst du?“

      Sheila hasste sich für die Gegenfrage, kaum dass sie sie gestellt hatte. Es lag an ihren Gedanken, die sich schon wieder in unkontrollierten Bahnen bewegten. Sie musste sich zusammennehmen. Hölle und Teufel, sie tat Barry keinen Gefallen damit, wenn sie wie ein kopfloses Huhn durch die Gegend stolperte!

      „Woher willst du wissen, dass Barry dir was verschweigt?“, erklärte Bob geduldig. Er wandte den Blick nicht von der Fahrbahn. Der Verkehr auf dem vierspurigen Turnpike war mäßig. Limousinen waren in der Minderheit. Trucks bestimmten das Bild, das von einer milden Junisonne erhellt wurde. Keine Wolke trübte den blauen Himmel. Die Klimaanlagen der Fahrzeuge arbeiteten mit voller Leistung.

      „Ich weiß das einfach“, sagte Sheila. „Sorry, aber das würde mir nicht reichen.“

      „Wieso? Barry und ich haben keine Geheimnisse.“

      „Anscheinend aber doch.“

      „Ich weiß“, seufzte Sheila. „Ich weiß, es hört sich an wie ein Widerspruch. Aber das ist es nicht. Bei den Dingen, auf die es ankommt, haben Barry und ich wirklich keine Geheimnisse. Ich weiß alles über ihn, und er weiß alles über mich.“

      „Ah, du meinst, wenn er von der State Police festgenommen wird, dann ist das nebensächlich. Nichts, worauf es wirklich ankommt.“

      Sheila zog die Schultern hoch. „Ich weiß es nicht. Vielleicht gibt es auch irgendetwas, womit er mich nicht belasten will.“

      „Das könnte den Kern eher treffen.“

      „Schon möglich.“ Sheila zog die Schultern hoch. „Barry ist kein Macho, weißt du. Aber er hat seine Prinzipien. Zum Beispiel, dass er bei bestimmten Dingen sagt: ,Das ist Männersache.‘ Das ist dann überhaupt nicht abwertend gemeint.“

      „Aber für jede Emanze wär’s ein Angriff auf ihr Selbstwertgefühl. So nennt man das doch, oder?“

      Sheila lachte. „Richtig. Und entweder hat man’s, oder man hat es nicht. Ich für mein Teil brauche der Welt nicht dauernd vorzujammern, dass es mir verloren gehen könnte.“ Sheila sprach nicht weiter, denn sie bemerkte, dass Bob’s Blick am linken Außenspiegel festhakte.

      Im nächsten Moment knurrte der Ex-Champion einen Fluch. Und er nahm Gas weg.

      „Was ist los?“, Sheila runzelte die Stirn.

      „Sieht so aus, als ob mich da einer mit Barry Deegan verwechselt.“

      Bob hatte kaum zu Ende gesprochen, als eine dunkelblaue Limousine vorbeizog, nach rechts scherte und sich direkt vor die Schnauze des Mack setzte. Ein Chrysler New Yorker. Nichts an dem schweren Wagen hätte auffällig gewirkt, wäre da nicht das magnetisch haftende Rotlicht auf dem Dach gewesen ... und die Anhalte-Kelle, die der Mann auf dem Beifahrersitz aus dem Fenster schob. Mit ausgestrecktem Arm bewegte er die Kelle auf und ab.

      Zusätzlich klappte zwischen hinterer Sitzbank und Heckscheibe ein Transparent hoch. Die Schrift darauf war leuchtend rot und mühelos zu entziffern.

      OKLAHOMA STATE POLICE

      Sheila brauchte keine Fragen zu stellen. Sie wurde blass. Es war also noch nicht genug, dass man Barry offenbar grundlos verschleppt hatte. Jetzt bekam auch noch Bob Schwierigkeiten. Dabei wollte er doch nur helfen. Zornig ballte Sheila die Hände zu Fäusten.

      Bob betätigte den Blinker rechts. Gleichzeitig nahm er Gas weg und schaltete herunter. Er zog den Mack auf den Seitenstreifen. Noch bevor er den Sattelzug zum Stehen brachte, knipste er die Warnblinkanlage an.

      „Es ist noch nicht so lange her, dass ich Journalistin war“, sagte Sheila leise und grimmig. „Wenn ich mich recht entsinne, habe ich ein paar Telefonnummern von einflussreichen Personen. Und ich denke, dass man sich dies nicht gefallen lassen muss!“ Mit einer energischen Handbewegung wies sie nach vorn.

      Bob nickte, ohne den Chrysler aus den Augen zu lassen. Er kuppelte aus, zog die Handbremse an und drehte den Zündschlüssel herum. Der Zugwagen schüttelte sich, als der Sechszylinder Diesel die Arbeit einstellte. Unter der bulligen Motorhaube wurde es still.

      Die Beifahrertür und die rechte Fondtür der Limousine wurden geöffnet. Zwei Männer stiegen aus. Ihre Anzüge waren nicht ganz so dunkelblau wie der Karosserielack ihres Dienstwagens. Der Fahrer blieb hinter dem Lenkrad. Die Männer zwischen dem Chrysler und der Leitplanke drehten sich um. Ihre Dienstabzeichen, außen auf den Brusttaschen der Jacketts, glänzten im Sonnenschein.

      „Sind das dieselben Kerle wie vorhin, auf dem Truck-Stopp?“, fragte Bob, ohne den Kopf zur Seite zu wenden.

      „Nein“, antwortete Sheila sofort. „Obwohl sie auch einen Chrysler dabeihatten. Aber es ist ein anderes Kennzeichen.“

      „Tja, warum sollen sie nicht mehrere von den Luxusschlitten fahren?“ Der Ex-Champion zog die breiten Schultern hoch. „Für die State Police von Oklahoma dürfte nichts zu teuer sein - noch dazu für das Büro of Investigation.“

      Sheila presste die Lippen zusammen, dass sie einen Strich bildeten. Bob brauchte ihr nicht zu erklären, welche Aufgaben die Spezialabteilung der Staatspolizei hatte. Das Büro of Investigation, kurz BI, war die ranghöchste Kriminalabteilung innerhalb eines Bundesstaats. Eine Art Elite wie das FBI, von der Zuständigkeit her jedoch auf den eigenen Bundesstaat beschränkt. Wenn das BI eingeschaltet wurde, waren die County Sheriffs und ihre


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