Killer im August: 11 Thriller. A. F. Morland
heute Nacht hier geschlafen!" Er streckte den Arm aus, deutete zu einer Gruppe von Müllcontainern. "Dort hinten! Sehen Sie den Hauseingang?"
"Sehe ich", sagte Clive.
"Nachts kommt hier kein Wagen her. Die Beleuchtung ist defekt. Und das GALINA hat auf der anderen Seite genug Parkplätze. Eigentlich hat man hier seine Ruhe..."
"Aber gestern Nacht nicht?"
"Ein Wagen kam hier her."
"Können Sie sich an den Typ erinnern?"
"Nein. Irgendetwas Größeres. 'Ne Limousine oder so. Ein paar Leute stiegen aus. Ich hatte einiges getrunken, deswegen war ich nicht sofort wach. Erst als ich die Stimmen hörte und mir klar wurde, das da irgendetwas vor sich ging. Man muss aufpassen, wenn man nachts draußen schläft... Verdammt aufpassen! Ich war also innerhalb von Sekunden wach und nüchtern!"
"Was haben Sie also gesehen?", versuchte Clive auf den Kern der Sache zu kommen.
Der Obdachlose rülpste. Er griff zu einer Flasche, nahm einen Schluck und steckte sie wieder ein.
"Sie gingen an den Kofferraum, zerrten irgendetwas heraus und warfen es auf die Straße. Wie ein Kartoffelsack wirkte das, nur größer... Dann stiegen sie wieder ein und fuhren davon. Ich stand auf, ging hin und sah, dass es sich um eine Leiche handelte..."
"Sie haben niemandem Bescheid gesagt?"
"Erst dachte ich, ich hätte wohl doch zuviel getrunken. Mir war schwindelig. Außerdem - sehe ich aus, als hätte ich ein Handy? Tut vielleicht irgendjemand was für mich?" Er machte eine wegwerfende Geste und knurrte etwas Unverständliches vor sich hin. "Außerdem kümmere ich mich normalerweise nur um meinen eigenen Kram, verstehen Sie?"
"Aber jetzt haben Sie sich das anders überlegt?"
"Jetzt bin ich nüchtern", sagte er.
Clive warf einen kurzen Blick auf die Flasche in der Manteltasche. Sie war halb leer.
Orry mischte sich jetzt ein. "Ist Ihnen an den Leuten, die aus der Limousine stiegen irgendetwas aufgefallen? Irgendetwas, was sie identifizieren könnte?"
"Hm..."
"Oder an dem Wagen? Bitte denken Sie nach, jede Kleinigkeit kann wichtig sein!"
"Ich habe nur schattenhafte Umrisse gesehen", berichtete der Mann. Sein Blick war nach innen gerichtet. "Wie Schemen... Aber..."
"Ja?", hakte Orry nach.
"Es waren drei. Drei, die ausgestiegen waren, aber ich glaube, es saß noch jemand am Steuer. Und von den Dreien, die ausgestiegen waren, war einer eine Frau, glaube ich..."
"Woraus schließen Sie das?"
"Der Gang. Nein, ich bin mir sicher, so geht kein Mann! Außerdem habe ich eine hohe Stimme gehört."
25
Miss Sloane wurde deutlich gesprächiger, nachdem sie von Kellys Tod erfahren hatte.
Erst hielt sie das für einen Bluff, aber dann gab sie ihren Widerstand schnell auf.
"Okay", sagte sie und strich sich dabei ein paar widerspenstige Haarsträhnen aus dem Gesicht. "Sie haben gewonnen..."
Ich hob die Augenbrauen.
"Also?"
"Er wollte zu Miss Janet Carino in Soho."
"Sind Sie sicher?"
"Absolut. Er hat es mir gesagt. Eigentlich wollte er am Abend noch zurückkehren. Ich habe hier auf ihn gewartet, aber..."
"Er kam nicht."
"Und bei Miss Carino meldete sich niemand am Telefon."
"Hat Sie das nicht gewundert?"
"Eigentlich nicht. Mister Kelly war ziemlich fasziniert von dieser Dame. Und sie ist ja auch ziemlich attraktiv. Mister Kelly war auch nur ein Mann." Sie seufzte.
"Sie haben keine Ahnung, was er in Brooklyn wollte - in einer kleinen Nebenstraße, ganz in der Nähe eines Nachtclubs, der seinem schlimmsten Feind gehört", mischte sich Milo ein.
"Sein schlimmster Feind?", fragte sie.
"Lebediov."
Miss Sloane wurde bleich bei der Nennung dieses Namens.
"Sie kennen Lebediov", sagte ich. Es war eine Feststellung.
"Vielleicht erwähnte Mister Kelly diesen Namen ein oder zweimal", gestand sie.
"Wird sich klären lassen, welche Beziehung zwischen Lebediov und Kelly bestand", sagte ich. "Im Büro wird nichts mehr angerührt. Unsere Kollegen werden gleich kommen und eine Durchsuchung durchführen."
"Aber..."
"Mister Kelly ist ermordet worden!", schnitt ich ihr das Wort ab. "Und es ist unsere Aufgabe, den Täter zu finden. Ganz gleich, was ihr Chef selbst für Dreck am Stecken haben mag!"
26
Edward Loomis betrat in Begleitung von insgesamt drei finster dreinblickenden Begleitern den kleinen Coffee Shop in der Mott Street. Hier ging Little Italy in Chinatown über.
Little Italy schrumpfte, während Chinatown sich immer weiter ausdehnte. ANTONIO'S COFFEE SHOP war bereits umgeben von Geschäften und Restaurants mit asiatischem Flair. Und draußen auf der Straße konnte man bereits auf die Idee kommen, nicht in Manhattan, sondern in Singapure oder Tai-Peh zu sein.
Loomis Männer schlugen die Jacketts zur Seite. Ihre Hände waren an den Griffen der Automatiks und bereit, die Waffen augenblicklich herauszureißen.
Loomis' hagere Gestalt wirkte etwas fülliger als sonst. Der Anzug saß sehr stramm. Die Hemdknöpfe spannten. Loomis trug eine kugelsichere Weste unter seiner Kleidung. Sicher war sicher. Es hatte schon genug Leichen gegeben. Und Loomis hatte den festen Vorsatz, diesen ganzen Schlamassel, in den er hineingeraten war, zu überleben.
Loomis' Blick blieb an dem Mann hinter dem Schanktisch hängen, der die Ankömmlinge misstrauisch musterte.
"Einen Espresso für jeden von uns", sagte Loomis.
"Okay", sagte der Mann, ein südländisch wirkender Typ mit dunklem Schnurrbart. Er sah genau so aus, wie man sich einen typischen Italo-Amerikaner vorstellte.
"Kommt gleich", sagte er.
Loomis' Leute hatten sich indessen im gesamten Coffee Shop umgesehen.
"Alles in Ordnung,