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      „Jetzt wird er der neue Chefdekorateur.“

      „Warum war er es nicht schon lange?“, fragte Silk.

      „So etwas bestimmt natürlich Mr. Pamberton. Und Mr. Pamberton fand, dass Alex Sossier der bessere Mann war. Seine Entwürfe hatten mehr Niveau und zeigten mehr Geschmack. Sie waren mit geringem Einsatz - sowohl an Arbeitszeit als auch an Material - zu realisieren. Und sie schlugen sich in guten Verkaufsziffern nieder. Lauter Pluspunkte, die Kennison nicht in diesem Ausmaß zu erreichen imstande war.“

      „Wie haben sich Kennison und Sossier denn vertragen?“, forschte Philby.

      Schulterzucken. „Wie Hund und Katze.“

      „Gab es häufig Streit zwischen den beiden?“

      „Fast jeden Tag.“

      „Persönliche oder berufliche Differenzen?“, fragte Silk.

      „Das lässt sich nicht so scharf trennen. Es fing zwar fast immer wegen irgendeines beruflichen Problems an. Aber bald schon verlagerte sich der Streit auch auf die private Ebene. Mann, was haben die beiden sich nicht alles an den Kopf geworfen. Einmal ... Also einmal schrie Kennison mit hochrotem Gesicht, er würde Sossier noch mal wie einen räudigen Köter erschlagen ... Aber das hätte ich wohl besser für mich behalten, wie?“

      „Durchaus nicht“, lächelte Silk. „Sie haben uns sehr geholfen.“

      Der Rothaarige leckte sich mit einem hilflosen Ausdruck die Lippen. „Sie gehen jetzt zu Kennison, stimmt’s?“

      „Ein logischer Schritt“, sagte Silk. „Schaffen Sie’s, mich aus dem Spiel zu lassen? Ich will keine Schwierigkeiten haben. Und - Kennison ist jetzt der erste Mann bei uns.“

      Philby lachte. „Wenn er was mit Sossiers Ende zu tun hat, ist er’s nicht mehr lange.“

      „Bis dahin möchte ich mit ihm aber nicht auf Kriegsfuß stehen. Er kann den Leuten, die auf seiner persönlichen Abschussliste stehen, das Leben verdammt sauer machen.“

      Silk grinste. „Sagte ich nicht, ich kann schweigen wie ein Grab?“

      „Hoffentlich tun Sie’s auch“, seufzte der Rothaarige.

      „Wo finden wir Kennison?“, fragte Philby.

      „Gehen Sie durch diese Tür hinaus. Dann links. Dann rechts. Und dann stoßen Sie direkt an seine Tür. Es steht sein Name drauf. Sie können sie nicht verfehlen.“ Zum Abschied gab es noch mal ein kräftiges Lidflattern und Schulterzucken. Die Detektive schritten durch die gezeigte Tür. Butch schüttelte den Kopf.

      „Wenn ich mit dem Rotschopf einen Tag beisammen sein müsste, hätte ich nach zwölf Stunden unter Garantie dasselbe Leiden wie er. Möglicherweise noch ausgeprägter als er.“ Sie wandten sich nach links. Dann nach rechts. Frederick Kennisons Tür. Butch hämmerte dagegen. Drinnen ein Gepolter, als wäre jemand mit dem Stuhl umgefallen. Ein krächzendes „Ja!“, quälte sich durch die Tür. „Herein!“

      „Das lasse ich mir nicht zweimal sagen“, grinste O'Reilly. Er machte die Tür auf.

      Das Büro hatte schätzungsweise sechzehn Quadratmeter. Jeder Millimeter war ausgenützt. An der Wand hinter dem Schreibtisch hing so etwas Ähnliches wie ein Produktionsfahrplan. Grüne und gelbe Kärtchen steckten darin. Dazwischen gab es mehrere schwarze, ein paar rote und wenige blaue. Einschlägiges Fotomaterial lag auf einem Mahagonitisch. Vier Aschenbecher darum herum. Alle voll. Vermutlich hatte vor wenigen Minuten erst eine kleine Konferenz hier drinnen stattgefunden. Eine Konferenz, in der Kennison seinen Mitarbeitern klargemacht hatte, dass nun er den vakant gewordenen Thron besteigen würde.

      Kennison erhob sich und kam hinter seinem Schreibtisch hervor.

      Dass Sossier mit dem nicht auskommen konnte, war kein Schlechtpunkt für ihn, sondern ein zusätzlicher für Kennison.

      Der Mann war groß, schlank, mit schmalen Schultern und spitzen Knien, die sich bei jedem Schritt durch die Kordhose bohrten. Er sah so streng aus wie Dracula, wenn er hungrig war. In seinen Augen lag ein hinterhältiges Glitzern. Jetzt faltete er die Hände, als wollte er beten. Blasphemie. Er kam näher. Seine Haltung war irgendwie lauernd. Er misstraute wohl jedem. Möglicherweise sogar seinem Spiegelbild. Dem allerdings mit gutem Grund. Je näher er kam, desto deutlicher waren die groben Poren an seinen Wangen zu erkennen. Sein Haar war schwarz. Er trug es glatt zurückgekämmt. Das unterstrich seinen strengen Ausdruck. Seine Augen flogen wie Pingpong-Bälle zwischen Silk und Butch hin und her.

      „Was kann ich für Sie tun, Gentlemen?“ Rundfunksprecher konnte er mit der Stimme nicht werden. Die reichte höchstens, um ein Schauermärchen zu erzählen.

      Silk machte es kurz. Er wies sich aus, sagte, dass auch O'Reilly eine solche Lizenz hätte, und kam dann gleich zum Thema. Als zum ersten Mal der Name Sossier fiel, schlug die gespielt freundliche Art Kennisons in eine gespielt scheinheilige Art um. Er legte den Kopf schief. Und er war den Krokodilstränen nahe. Oh Gott, wie litt er doch unter dem Verlust. Sossier, ein Mann, den man einfach gern haben musste. Ein brillanter Kopf. Ein Mann voller Ideen. Ein Kerl, wie ihn die Welt noch nicht erlebt hatte. Kein einziges böses Wort fiel. Kennison hob Sossier geradezu in dem Himmel. Er lobte ihn über den grünen Klee. Er sprach von einer vorbildlichen Zusammenarbeit und dass man Sossier sowohl menschlich als auch fachlich voll akzeptieren musste. Sossiers unverhoffter Tod - der größte Verlust, den die Firma je haben konnte. Hatte der Rothaarige vorhin gelogen? Fast sah es so aus. Frederick Kennison war ein hervorragender Komödiant. Er setzte Mimik und Gestik gekonnt ein. Leute ohne die reiche Menschenkenntnis, wie Silk und Butch sie hatten, wären prompt auf dieses bühnenreife Schauspiel hereingefallen.

      Silk hatte die Geduld, sich all die Lügen wortlos anzuhören.

      Nicht aber O'Reilly.

      Dem blonden Hünen platzte sehr bald schon der Kragen. „Sagen Sie, für wie blöde halten Sie uns eigentlich, Kennison?“, schrie er den schmalen Mann wütend an.

      Frederick Kennison verlor für einen Augenblick den Faden. Er stockte und starrte Butch verdattert an. „Ich fürchte, ich verstehe nicht ...“

      „Warum geben Sie nicht zu, dass Sie Sossier hassten?“

      „Wie kommen Sie denn darauf, Mr. O'Reilly?“, krächzte Kennison erschrocken.

      „Sie sind vier Jahre länger bei Pamberton. Aber Sie haben’s nur bis zu Sossiers Stellvertreter gebracht. So etwas nagt doch bei einem Ehrgeizling wie Ihnen an den Eingeweiden.“

      „Sossier hatte die bessere Qualifikation. Das habe ich akzeptiert.“

      „Weil Pamberton Ihnen das nahegelegt hat. Wahrscheinlich hat er Ihnen gesagt, entweder Sie sind mit Sossier einverstanden, oder Sie suchen sich einen anderen Job.“

      „Sie sehen das völlig falsch!“, krächzte Kennison.

      „Sie haben versucht, Sossier mit ’nem Nervenkrieg mürbe zu machen. Vielleicht dachten Sie, er würde davon eines Tages genug haben, kapitulieren, seine Siebensachen packen und das Feld für Sie räumen. Aber Sossier war hart im Nehmen.“ Frederick Kennison fuhr sich nervös über das bleiche Gesicht. Seine Hand zitterte. „Wie kommen Sie dazu, mir diese Dinge zu unterstellen, Mr. O'Reilly?“

      Butch grinste. „Ich unterstelle Ihnen nichts. Ich sage einfach die Wahrheit, mein Guter. Das ist alles. Während Sie sich zum Hanswurst machen und uns den zerknirschten Kameraden vorspielen.“

      Kennison richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Er sah lächerlich aus, aber er dachte, er würde Furcht erwecken. „Ich verbiete Ihnen, in diesem Ton mit mir zu reden, Mr. O'Reilly!“

      Butch bleckte die Zähne. „Wissen Sie, was Sie sind? Ein ganz mieser Heuchler sind Sie, Mann. Vorhin haben Sie um Sossier beinahe echte Tränen vergossen. Finden Sie das nicht zum Lachen? Ausgerechnet Sie heulen um Sossier? Sie, der jeden Tag mit ihm gestritten hat. Sie, der ihn hasste, weil er Ihnen vor die Nase gesetzt wurde. Sie, der allen Grund hat,


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