Killer im August: 11 Thriller. A. F. Morland

Killer im August: 11 Thriller - A. F. Morland


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vergnügt hat. Vielleicht geht mir in seinem Apartment der Knopf auf. Manchmal braucht man einen ganz kleinen Denkanstoß, um in einer Sache einen großen Schritt weiterzukommen.“

      „Sie hoffen, irgendeinen Hinweis auf den Killer zu finden?“

      „Davon wage ich kaum zu träumen“, lächelte Cantrell.

      „Die Polizei hat sich die Wohnung ziemlich gründlich angesehen.“

      „Ich will nicht behaupten, dass ich besser bin als eine ganze Polizistencrew. Aber es ist schon vorgekommen, dass zwei Augen durch Zufall mehr sahen als ein ganzes Dutzend. Wie dem auch ist, ich möchte mich mit Sossiers einstiger Umgebung ein bisschen vertraut machen.“

      „Dazu kann ich Ihnen nur viel Erfolg wünschen“, sagte Danenberg. Er erhob sich, ging ins Haus, kam mit einem Glas Karottensaft und mit zwei Schlüsseln wieder. Er legte beide Schlüssel vor Cantrell auf den massiven Terrassentisch. Kurzes Nippen am Saft. Dann sagte er, während er auf den Yale-Schlüssel wies: „Den brauchen Sie für die Apartmenttür.“

      Der zweite Schlüssel war kleiner. Verspielte Zacken und Borsten standen in alle Himmelsrichtungen weg. Cantrell tippte auf Safe.

      „Und was kann der Kleine da?“, erkundigte sich der Anwalt.

      „Der macht Ihnen den Wandsafe auf.“

      Richtig getippt!, dachte Tony Cantrell zufrieden,

      „Ist der Safe leicht zu finden?“, fragte der Anwalt.

      „Er befindet sich im Wohnzimmer.“

      „Hat die Polizei ihn von innen gesehen?“

      Danenberg schüttelte den Kopf. Er lächelte. „Erst als Lieutenant Rollins mit seinen Leuten abgefahren war, fiel mir ein, dass ich vergessen hatte, auf den Wandsafe hinzuweisen. Im ganzen Haus finden Sie dasselbe Modell, dasselbe System, Mr. Cantrell. Es gibt oberhalb des Türrahmens einen kleinen verborgenen Knopf. Wenn Sie auf ihn drücken, klappt die Wand zwischen den beiden Fenstern auf und gibt den Safe frei.“

      Cantrell steckte die beiden Schlüssel ein und erhob sich. Seine Augenbrauen hoben sich erfreut. „Na also. Das ist ja mehr, als ich zu erwarten wagte.“

      Er verabschiedete sich von Danenberg und fuhr mit dem schwarzen Chevy zu den Bellevue-Apartments. Chicago ist eine windige Stadt. Vom See her pfiff eine steife Brise. Es roch nach Regen. Cantrell hob den Kopf. Der Himmel war einfarbig blau.

      Cantrell trat unter den weit ausladenden, bis zum Bordstein reichenden Baldachin. Das Ding war außen dunkelrot. Innen war es mit grünem Tuch bespannt. Es spendete viel Schatten. Links und rechts vom gläsernen Eingang standen kleine Bäumchen mit Kugelköpfen in schweren Blumentöpfen. Die Aufgabe des Mannes in der Portiersloge beschränkte sich nicht nur darauf, jeden unter die Lupe zu nehmen, der das Apartmenthaus betreten wollte. Gleichermaßen oblag es dem Portier, darauf zu achten, dass kein Hund das Bein an den beiden Bäumchen hob, um seine Duftmarke dranzusetzen.

      Cantrell betrat die Glasschleuse, die aus zwei Türen bestand. Der Portier, ein Mann in den besten Jahren, Fettspuren vom Essen um den Mund, mit pfiffigen Augen und spitzer Nase, erhob sich sogleich. Carol war bei ihm gewesen. Der Mann ließ seinen wachsamen Blick an Cantrell auf und ab huschen. Rein äußerlich passte der elegante Anwalt in dieses Haus.

      Nach der optischem Taxierung kam die mündliche: „Wohin, Sir?“

      „Mein Name ist Cantrell. Ich möchte mich in Sossiers Apartment umsehen. Mr. Danenberg ist damit einverstanden.“

      „Mr. Danenberg hat angerufen“, nickte der Portier. „Darf ich Ihren Ausweis sehen?“

      Cantrell klappte die Detektivlizenz auf.

      Der Portier warf einen kurzen Blick darauf. Dann meinte er mit einem entschuldigenden Lächeln. „Sie müssen verzeihen, ich habe meine Anweisungen.“

      „Schon gut“, entgegnete Cantrell. „Ich darf dann wohl jetzt?“

      „Selbstverständlich, Mr. Cantrell.“

      „Vielen Dank.“

      Der Anwalt gondelte mit dem Lift hoch. Er schloss die Tür zu Sossiers Apartment mit dem Yale-Schlüssel auf. Cantrell war zum ersten Mal hier. Aber ein kurzer Rundgang sagte ihm, dass in den Räumen noch nichts verändert worden war.

      Jetzt stand Cantrell vor dem Einwegspiegel. Er blickte in das futuristische Schlafzimmer. Puzzle-Teilchen schwirrten ihm durch den Kopf. Sossier - hübsche Mädchen - Schlafzimmer – Einwegspiegel ... Und weiter: Butch und Silk hatten erfahren, dass Sossier ein begeisterter Fotograf gewesen war. Micaela Bannister hatte das schon einen Tick genannt. Alex Sossier sollte nahezu alles fotografiert haben. Und doch war bis jetzt noch niemand auf Fotos gestoßen, die Sossier gemacht hatte, abgesehen von den Aufnahmen, die Micaela O'Reilly und Philby gezeigt hatte.

      Hier war eine gewisse Ungereimtheit zu erkennen.

      Wenn jemand wirklich so viel fotografiert, wenn er sogar ein eigenes Fotolabor unterhält, dann müssen doch überall, wo sich dieser Mann mit dem Fototick aufhält, Bilder herumliegen, die er gemacht hat.

      Solche Spuren hatte Sossier aber nicht hinterlassen.

      Das fand Cantrell eigenartig.

      Waren alle Bilder in Sossiers Labor verbrannt?

      Der Anwalt kam wieder ins Grübeln. Er setzte seinen zuvor begonnenen Gedankengang fort.

      Plötzlich bekam der Einwegspiegel für Tony Cantrell eine ganz bestimmte Funktion. Alex Sossier hatte niemanden zusehen lassen, wenn er sich mit einem Mädchen auf den schaukelnden Wasserbett vergnügte. Er hatte das alles fotografiert. Mit einer Robotkamera, die er hier hinter dem Spiegel aufgestellt hatte, um die er sich nicht kümmern musste, die selbständig ihre Bilder schoss.

      Cantrell sah immer klarer.

      Wozu konnten die Fotos dienen? Zur Erbauung in einsamen Stunden? Das hatte Alex Sossier bestimmt nicht nötig.

      Dann also zur Erpressung.

      Cantrell lehnte sich an die Wand. Was ihm da in den Sinn gekommen war, war ein Gedanke, der diesen Fall revolutionierte. Die Puzzle-Teilchen flogen nicht mehr planlos durch Cantrells Kopf. Sie fixierten sich. Das Bild gewann an Klarheit.

      Ein Geldstrom für Alex Sossier. Ganz bestimmt nicht aus Pambertons Richtung. Dass Sossier irgendeinen Nebenjob gehabt haben musste, darüber bestand längst kein Zweifel mehr. Es war nur noch nicht ersichtlich gewesen, was Sossier so viel Geld eingebracht hatte, dass er dieses aufwendige Doppelleben führen konnte.

      Erpressung war der Schlüssel.

      Sossier hatte aus dem Angenehmen etwas Nützliches gemacht. Sein Fototick hatte ihm nach und nach eine Menge Geld eingebracht. Vermutlich hatten viele Leute in Chicago aufgeatmet, als der Nachrichtensprecher Sossiers gewaltsames Ende erwähnte.

      Er musste dieses gefährliche Spiel jahrelang mit großem Erfolg gespielt haben. Aber dann geriet er an jemanden, der härter war als der Schurke Sossier. An jemanden, der sich nicht erpressen lassen wollte, der das geforderte Geld lieber einem Killer gab, damit dieser die Angelegenheit im Sinne des Auftraggebers bereinigte. Für Tony Cantrell stand fest, dass er richtig kombiniert hatte.

      Was jetzt noch fehlte, waren die Beweise, mit denen er seine Überlegungen zementieren musste. Er hoffte, sie in jenem verborgenen Wandsafe zu finden.

      Schnell wandte er sich um.

      Im Wohnzimmer entdeckte er den kleinen Knopf, von dem Quincy Danenberg gesprochen hatte. Er drückte darauf. Ein leises Summen war zu vernehmen. Cantrell begab sich zu den Fenstern. Er schob den Brokatvorhang zur Seite.

      Tatsächlich. Der Sesam hatte sich geöffnet.

      Vor Cantrell lag der Wandsafe. Schnell schob er den eigenartig geformten Schlüssel ins Schloss. Insgesamt dreimal drehte er den Schlüssel. Dann ließ sich die dicke Stahltür aufziehen. Drinnen sprang ein Lämpchen an. Cantrells Herz


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