Killer im August: 11 Thriller. A. F. Morland

Killer im August: 11 Thriller - A. F. Morland


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nach draußen.

      „Hol den Wagen, Silk!“, keuchte der blonde Hüne. „Versuch ihm den Weg abzuschneiden!“

      Philby nickte. Er wirbelte herum und fegte mit dem Tempo einer Kanonenkugel noch einmal durch das Feuer. Die Flammen hatten nicht mal Zeit, sich an seinen Haaren zu vergreifen.

      Butch legte seine Pranken um die rostige Regenrinne. Der Gangster hatte die Mauerkrone inzwischen bereits verlassen. O'Reilly hatte wenig Vertrauen zur Regenrinne.

      Mit Recht, wie sich gleich darauf herausstellte. Das Ding riss aus der Verankerung. Butch fiel. Zwei Meter. Er fing sein enormes Gewicht jedoch geschickt ab. Der Beinbruch blieb ihm erspart. Mit einer Schnelligkeit, die man dem blonden Hünen nicht zugetraut hätte, durcheilte er den Hof. Ein Satz. Ein Klimmzug. Dann war er da, wo sich zuvor der Gangster umgewandt hatte.

      Wieder ging es mit O'Reilly abwärts. Er federte in die Hocke und kam sofort wieder hoch.

      Das Gelände einer Baustoffhandlung. Zementsäcke, aufgeschichtet zu einem mächtigen Berg. Hohlziegel. Beton-Fertigteilplatten. Dachziegel. Lauter regloses Zeug. Nichts, was sich bewegte. Und schon gar nichts, was einem Menschen ähnlich gesehen hätte.

      Butch angelte erneut den Ballermann aus dem Holster. Sicher ist sicher, dachte er.

      Sand knirschte unter seinen Schuhen. Dass der Gangster das Gelände der Baustoffhandlung bereits verlassen hatte, hielt O'Reilly für unwahrscheinlich. Butch hatte durch sein schnelles Handeln Zeit aufgeholt. Und das Firmenareal war groß. Zweihundert Meter bis zur Straße. Das bedeutete, dass sich der Kerl noch auf dem Gelände befand. Irgendwo in Deckung. Vielleicht ebenfalls mit einer Knarre in der Faust. Größte Vorsicht war angeraten.

      Mit Tigerschritten lief O'Reilly an den verschieden hohen Baustofftürmen vorbei. Dort, wo eine Kluft zu erkennen war, ließ Butch zuerst seinen stumpfnasigen Freund hineingucken, ehe er selbst ein Auge riskierte.

      Es hätte eigentlich nichts schiefgehen dürfen.

      Trotzdem passierte etwas, womit O'Reilly nicht rechnete. Der Ganove war nicht auf dem Boden der Realität geblieben. Er hatte einen Ziegelblock erklommen. Dort oben wartete er auf den Detektiv. Er sah O'Reilly näher kommen. Schleichend, suchend, vorsichtig. Und doch nicht vorsichtig genug.

      Der Gangster umklammerte mit beiden Händen eine armdicke, handliche Holzlatte. Da kam ein bulliger Kerl. Es war ein guter, kräftiger Schlag nötig, um diesen Hünen von den Stelzen zu holen.

      Der Verbrecher spannte die Muskeln an, als O'Reilly nur noch drei Schritte bis zu seinem Ziegelturm hatte. Er richtete sich vorsichtig auf.

      Zwei Schritte ...

      Der Mann mit der Knollennase umschloss die Latte mit eisernem Griff. Sein Herz schlug hoch oben im Hals. Das heiße Blut brauste in seinem Kopf. Er hatte nur die Chance zu einem einzigen Schlag. Wenn der nicht hundertprozentig traf ... Der Gangster wollte das lieber nicht zu Ende denken.

      Ein Schritt nur mehr ...

      Butch blieb stehen. Er misstraute dem Frieden, der ihn umgab. Dass das Unheil eine Etage höher hockte, ahnte er nicht. Schwer lag der Revolver in seiner Hand. Er lauschte angestrengt. Aber er vernahm nur die Geräusche, die er selbst machte.

      Da machte er den letzten, den entscheidenden Schritt.

      Eine Bewegung über seinem Kopf. Reaktionsschnell duckte sich O'Reilly. Zwei Dinge sah er gleichzeitig. Die Latte und die Knollennase. Dann gab es einen Knall. Butch fiel auf den Bauch. Durch das Abducken hatte Butch dem Hieb ein klein wenig von seiner Wucht genommen. Jetzt setzte der Schmerz ein. Jack war nahe daran, das Bewusstsein zu verlieren. Verbissen kämpfte er gegen diese Niederlage an. Ziegel klapperten. Der Mann warf die Latte weg. Sie hatte ihm gute Dienste geleistet. Jetzt brauchte er sie nicht mehr.

      Stöhnend arbeitete sich O'Reilly wieder hoch. Seine Vorderfront war weiß wie die eines Müllers.

      Seine Augen vermittelten ihm so unscharfe Bilder, dass er im Moment die Freiheitsstatue in New York nicht vom Empire State Building hätte unterscheiden können.

      Gleichgewichtsstörungen. Er musste so breitbeinig gehen, als hätte er die Hose voll. Trotzdem torkelte er wie ein Betrunkener. Übelkeit rumorte in seinem Magen. Und da, wo ihn die Latte getroffen hatte, saß ein bohrender Schmerz unter der Schädeldecke, während auf ihr eine gewaltige Beule die Trefferstelle aufzeigte.

      Von seinem Revolver hatte er sich trotz des schlimmen „Down“, in das er geschlittert war, nicht getrennt. Er steckte die Waffe jetzt mit einer fahrigen Bewegung ein. Wenn er in seinem Zustand einmal abgedrückt hätte, wäre das eventuell einer Selbstverstümmelung gleichgekommen. Es gab keine Garantie dafür, dass er sich nicht ins Knie geballert hätte.

      Motorengeknurre.

      Wer sich da auf vier Pneus davonmachen wollte, war Butch trotz des Beinahe-Blackouts klar: Knollennase. O'Reilly fing zu traben an. Er kam gerade noch zurecht, um etwas Rotes abzischen zu sehen.

      Und dann kam etwas Schwarzes angerauscht. Ein Buick. Auf der Beifahrerseite wurde die Tür aufgestoßen. Eine Stimme, die O'Reilly irgendwie bekannt vorkam, schrie: „Nun komm schon, du Tagträumer! Steig ein!“

      Er machte ein paar unsichere Schritte und ließ sich dann ächzend fallen. Zufällig auf den Beifahrersitz. Die Tür ließ er offen. Als Silk Gas gab, knallte sie zu.

      „Was ist passiert?“, fragte Morton Philby. Er knüppelte den Elektra 225 hinter dem roten Mustang, in dem der Gangster abgezischt war, her.

      „Frag mich nicht“, ächzte O'Reilly.

      „Ich frag dich doch.“

      „Der Kerl hat mich mit ’nem Nagel verwechselt und mir mit ’nem Hammer eins auf den Kopf gehauen.“

      Silk kicherte. „Ausgerechnet auf den Kopf. Wo man doch sagt, Dumme soll man nicht auf die Birne klopfen.“ O'Reilly kam langsam wieder klar. Als er erkannte, mit welchem Tempo Philby durch die schmale Straße flitzte, steigerte sich sofort die Übelkeit in seinem Magen.

      Der Mann im Mustang schlug pausenlos Haken. Er ließ seinen roten Wagen durch enge Durchlässe fegen, er preschte mit ungeheurem Drive in enge Kurven, raste durch flache Unterführungen. Silk blieb am Ball. Vorläufig. Die 340-PS-Maschine des Buick zwang ihre enorme Kraft den pfeifenden Pneus auf. Philby hatte den Wagen gut in der Hand. Da gab es nicht die geringste Unsicherheit. Silk fuhr voll konzentriert. Er reagierte blitzschnell auf jede Veränderung im Fahrverhalten des Elektra 225. Kaum einer machte ihm dieses Kunststück nach. Aber in dem Mann mit der Knollennase hatte Morton Philby seinen Meister gefunden.

      Der Gangster vergrößerte nach und nach seinen Vorsprung. Meter um Meter holte er sich. Silk gab alles, was er zu bieten hatte. Er ging bis an die Grenze seiner fahrerischen Leistungsfähigkeit, und das war mehr als jeder Durchschnittsfahrer zu bieten hatte. Doch hier reichte Philbys Können nicht aus. Das verblüffte ihn.

      Butch war wieder ansprechbar. „Eines steht fest!“, knirschte Silk aufgewühlt. „Der Mustang ist von einem Fachmann frisiert worden.“ Butch kniff die Augen zusammen. „Kannst du das Kennzeichen entziffern?“

      „Nein.“

      „Dann hat es also nichts mit meinen Augen zu tun“, knurrte O'Reilly.

      Eine Brücke. Der Mustang flog förmlich darüber. Dann jaulte er auf zwei Rädern nach rechts.

      „Verdammt!“, keuchte Silk. „Wir haben es mit einem Autoartisten zu tun, Butch. Von dem können die Helldrivers noch was lernen. Ich schaff’s einfach nicht, so durch die Gegend zu donnern wie er.“

      Sie erreichten die Brücke. Silk machte seine Sache nicht schlecht, aber doch wesentlich schlechter als der Mann mit der Knollennase. Wieder verloren sie wertvolle Meter an den Gangster im roten Mustang.

      Acht Blocks weiter verloren sie den Kerl samt Wagen aus den Augen. Und sie fanden ihn nicht mehr wieder.

      Ist es ein Wunder, dass O'Reilly wie ein aufgebrachter


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