Die Bad Religion Story. Jim Ruland

Die Bad Religion Story - Jim Ruland


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„Ich sagte ständig zu Tom, wie gern ich doch in einer Band wäre. Aber in meinem Kopf ergab das keinen Sinn, da ich ja nichts konnte. Wie startete man eine Band? Als Brett und ich zusammentrafen, bewunderte ich ihn, weil er schon die ganze Ausrüstung hatte. Er verfügte über Wissen, das mir fehlte, um alles in die Wege zu leiten. Er besaß das Knowhow.“ Oder wie Brett es ausdrückt: „Ich hatte eine Anlage.“

      Obwohl Greg Brett wegen seiner langen Haare anpflaumte, erhielt ihr Bestreben, gemeinsam Musik zu machen, einen weiteren Schub, als sie im Frühjahr ins Hollywood Palladium pilgerten, um ein Konzert der Ramones zu sehen. Brett fühlte sich von dem Erlebnis so inspiriert, dass er sofort eine Band gründen wollte. „Ich weiß, dass es ein bisschen nach Klischee riecht“, sagt Brett, „und die Ramones gelten ja als die Johnny Appleseeds und Pioniere des Punk, aber in meinem Fall trifft das auch wirklich zu. Vor den Ramones waren alle meine musikalischen Helden entweder Virtuosen oder Rockstars. Aber als ich die Ramones entdeckte, dachte ich mir gleich, dass das etwas wäre, was ich auch selbst bewerkstelligen könnte.“

      Die drei Teenager Gurewitz, Graffin und Ziskrout vereinbarten ein Treffen bei Ziskrout zuhause, um dort zu proben. Brett brachte einen Song namens „Sensory Overload“ mit. Greg hingegen steuerte eine Nummer bei, die er auf dem Spinett seiner Mutter komponiert hatte und den Titel „Politics“ trug. Sie brachten einander ihre Songs bei und probten sie im Wohnzimmer ein. Als sie ihr Repertoire beherrschten, nahmen sie die Songs mit einem Kassettenrekorder auf.

      Natürlich konnten sie es damals noch nicht wissen, aber diese Probe wies bereits den Weg für ihre Arbeitsweise als Band im Verlauf der nächsten 40 Jahre. Brett und Greg schrieben beide Songs und brachten sie dann zur Probe mit. Dabei handelte es sich nicht nur um fragmentarische Riffs und Melodien, sondern um komplette Nummern samt Texten und Titeln. Wenn die Band sich dann traf und die einzelnen Musiker ihren Senf dazu abgaben, entwickelten sich diese Songs noch weiter. Die Art und Weise, wie Brett und Greg sich die Songs aufteilten, hat sich im Laufe der Jahre und dem Aufkommen neuer Technologien verändert, doch die Methode dahinter ist stets dieselbe geblieben. Sie schreiben ihre Songs unabhängig voneinander und bringen sie dann in die Band ein, um sie gemeinsam zu verfeinern.

      Brett war von Gregs Talent und Entschlossenheit beeindruckt. „Zu dieser allerersten Probe, als wir noch keinen Bassisten hatten“, erinnert sich Brett, „brachten Greg und ich jeweils einen Song mit. Greg brachte mir seinen Song auf der Gitarre bei und ich zeigte ihm, wie er meinen Song singen sollte. Dann spielten wir sie und sie passten gut zusammen.“

      Obwohl alle zufrieden waren mit dem Verlauf der Probe, wollten sie doch wissen, wie sie mit einer Bassgitarre klängen. Am darauffolgenden Montag rekrutierte Greg deshalb Jay Bentley, der sich an das kurze Einstellungsgespräch erinnert:

      GREG: Du wirst in unserer Band spielen.

      JAY: Na gut, ich habe eine Gitarre.

      GREG: Einen Gitarristen haben wir schon. Du wirst Bass spielen.

      JAY: Okay. Ich habe aber keinen Bass.

      GREG: Hier sind ein paar Songs, die wir geschrieben haben. Kannst du einen Bass auftreiben?

      JAY: Ach, scheiß drauf. Okay.

      Beim Anheuern von Bandmitgliedern aus ihrem unmittelbaren Freundeskreis folgten sie einem Schema, was auch zeigt, wie klein die Punk-Szene in Los Angeles 1980 tatsächlich war. „Es gab ja niemand anderen, den sie hätten fragen können“, sagt Jay. „Und ich war ja schon da.“

      Jay bat seine Eltern, ihm doch eine Bassgitarre zu kaufen. „Es folgten intensive Verhandlungen. ‚Ich werde den Rasen dreimal mähen! Ich bringe ab jetzt immer den Müll raus.‘ Mein Stiefvater war ein großer Fan der Kaufhauskette Sears, also kauften wir dort einen Bass. Das war ein Jazz-Bass mit einem Hals, der nur dreiviertel so lang wie ein normaler Bass war. Ein Bass für Kinder. Ich hatte nicht die geringste Ahnung von irgendetwas. Also kaufte ich einen Kurzhals-Bass und mietete einen Verstärker vom Gitarrenladen in meiner Straße.“

      Jay konnte nicht Bass spielen, weshalb er bei der Probe einfach Brett imitierte. Schon bald fand er aber heraus, welche Töne den Barré-Griffen entsprechen, und klinkte sich ein. Jay fühlte sich bei seiner ersten Bandprobe eingeschüchtert, da er ein kompletter Anfänger war und die älteren Brett und Ziskrout schon Erfahrung in Bands gesammelt hatten. „Diese Jungs machten Nägel mit Köpfen“, sagt Jay. „Da wurde nicht lange gefackelt. Wir hatten nur drei Songs, weshalb wir sie einfach hundert Mal spielten. Ich war wirklich nicht gut, aber es machte Spaß.“

      Seine fehlende Erfahrung machte er mit überschäumendem Enthusiasmus wett. Obwohl er sein Instrument nicht beherrschte, gefiel Greg, was er da hörte. „Als Bentley zu unserer nächsten Probe erschien, um mit uns in Ziskrouts Wohnzimmer zu spielen, klang das mit einem Bass gleich nochmal so gut.“

      Im Anschluss an die Probe wurde sofort der nächste Termin vereinbart. Außerdem mussten sie sich einen Namen einfallen lassen. „Wir saßen im Wohnzimmer meiner Mom“, erinnert sich Ziskrout. „Wir fragten uns, wie wir die Band nennen sollten. Ich glaube, es war Brett, der Bad Religion vorschlug. Wir alle liebten den Namen, da er weit über Religion hinausging. Es war eine Reaktion gegen etablierte Denkschulen. Hier hast du, was du denken und glauben sollst. Unser Ethos widersprach der Vorstellung, wie Schafe durchs Leben zu gehen.“

      Der Name gefiel auch Greg, obwohl dieser nur sehr wenig mit organisierter Religion in Kontakt gekommen war. „Ich wurde in einem Haushalt erzogen, in dem religiöse Lehren überhaupt keine Rolle spielten, da meine Mom diesbezüglich traumatisiert war. Religion hatte keinerlei Einfluss auf mich. Ich kannte keine Geschichten aus der Bibel. Aber ich würde sagen, dass ich schon ein spiritueller Typ war. So genoss ich es sehr, als uns unser Lehrer Hermann Hesse als Lektüre aufgab. Als wir mit ihm Thoreau durchnahmen, fand ich das auch toll. Ich fühlte mich zu Naturwissenschaft und buddhistischer Philosophie hingezogen. Das fand ich höchst interessant. Bei diesen frühen Proben hatten wir noch keinen Namen, aber es ergab einen Sinn für mich, dass wir uns Bad Religion nannten.“

      Brett fand sofort einen Draht zu seinem jüngeren Mitschüler Greg. „Wir hatten ganz schön großes Glück, dass wir uns fanden“, sagt Brett. „Ich war schon sehr früh ein Agnostiker geworden. Meine Eltern thematisierten Religion wohl nur, damit ich meine Bar Mitzvah feiern konnte. Ich war, was das anging, durch und durch skeptisch eingestellt, da ich mich immer schon sehr für Philosophie interessiert hatte, aber eben eher als Agnostiker oder womöglich auch als Pantheist. Die meisten Kids lesen Siddharta in der Junior High und finden keinen Gefallen daran. Ich steigerte mich da aber richtig rein, und Greg ging es ebenso. Mich faszinierten westliche wie östliche Philosophien und ich stand den religiösen Lehren, mit denen ich konfrontiert wurde, skeptisch gegenüber.“

      Brett versuchte, das, was er lernte, quasi zu bündeln und Antworten auf die großen Fragen des Lebens zu finden. Das unterschied ihn auch von den anderen Schülern. In Jay Ziskrouts Augen stellte die Band eine Erweiterung dieser Interessen dar. „Brett war schon ein Philosoph, lange bevor die Kids so dachten“, sagt Ziskrout. „Er steckte mir dauernd Bücher zu, die ich lesen sollte.“

      Der Name Bad Religion schuf die Rahmenbedingungen für die Art von Band, die sie sein wollten. Er etablierte ein Ordnungsprinzip und ließ ihren Standpunkt hinsichtlich einer Reihe gesellschaftlicher Fragen nicht lange im Unklaren. „Bad Religion vermittelte uns eine Perspektive“, sagt Greg. „Wir waren wütende junge Männer, daran gab es keinen Zweifel – und als Punks mussten wir ja gegen irgendetwas aufbegehren. Ob wir nun als weiße amerikanische Kids im Jahr 1980 überhaupt das Recht hatten, wütend zu sein, sollen andere entscheiden, aber wir waren es. Es ist ganz einfach, rückblickend zu analysieren, warum wir die Band so nannten, aber es hat sich durchaus gelohnt für uns. In mehr als nur einer Hinsicht.“

      „Wenn man seine Band Wasted Youth nennt“, so Brett, „wird es mit 55 schwierig, weiterhin eine Kernaussage zu vertreten.“

      Noch aufsehenerregender als ihr Name war ihr Logo, das durchgestrichene Kreuz. Brett erschien zur Probe in Jay Ziskrouts Wohnzimmer mit einer Zeichnung auf einem Stück Pappe. „Ich hab’s!“, verkündete er.

      Greg war sofort klar, dass sie damit einen Nerv trafen. „Ich wusste an Ort und Stelle, dass es das


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