Grünes Gold. Helmut Ginzinger

Grünes Gold - Helmut Ginzinger


Скачать книгу
Prozent was getrunken hat. Eine Limo oder ein Spezi vielleicht, ein Wasser oder sonst noch was.

      Weil ich allerdings ein korrekter Mensch bin und genau auf die Frage eingehe, antworte ich mit einem entschiedenen »Nein«.

      Meine Antwort auf seine Frage ist völlig wahrheitsgetreu, denn wir haben nichts getrunken. Ich hab vielleicht was getrunken, er vielleicht auch. Wir haben allerdings nichts getrunken. Zudem hab ich ja wirklich nur zwei kleine Gläser Rotwein genossen und bevor ich ihn damit stresse, bleib ich lieber gleich bei dem Nein.

      Der Herr Polizist schaut mich daraufhin erneut prüfend an und verzichtet nun auf das obligatorische »Hauchen Sie mich mal an«. Das muss dem Polizisten doch auch unangenehm sein, sich ins Gesicht hauchen zu lassen, von einem Fremden. Einfach eklig, würde ich sagen.

      Mit einem entspannten »Kommen S’ gut heim, Herr Graflinger « lässt er mich schließlich wieder einsteigen und ich rausche ab.

      Gute Nacht!

      Kapitel 4

      Blondie

      Das frühe Aufstehen am Samstag ist, wie auch wochentags, eher nicht meine Stärke, aber heute muss es wohl sein. Das Geschäft mit den Computern läuft einigermaßen, ist aber nicht immer so unbandig spannend. Deshalb bin ich quasi im Nebenjob privater Ermittler.

      Den Laden betreib ich schon einige Jahre und man hat so sein Auskommen. Auf circa hundert Quadratmetern biete ich PCs, Monitore, Laptops, Drucker und Software an, was halt so dazugehört. Lena und der Liachtl helfen mir dabei. Wir sind ein super Team. Ein unschlagbares Trio.

      Die Lena arbeitet auf 450-Euro-Basis und ist mir beim Verkauf im Laden eine gute Unterstützung. Sie ist voll motiviert, bekommt sie doch neben den paar Euro auch einige »Freistunden« von ihren Kids. Der Liachtl ist Freiberufler und macht IT-Projekte bei verschiedenen Firmen. Was der schon alles für Programme geschrieben hat, das glaubst du nicht. Vor dem ist kein Computer oder Netzwerk sicher. Ein Hacker erster Güte! Gemeinsam sind wir schon des Öfteren auf Internetspurensuche gegangen und auf tiefste Abgründe gestoßen.

      Dass ich als Privatdetektiv arbeite, hat sich vor Jahren ergeben, so richtig Werbung mach ich dafür nicht. Obwohl, Visitenkarten hab ich mir schon drucken lassen und da steht in Fett drauf:

      Vinzenz Graflinger

       IT-Experte und Privatdetektiv

       www.vinzenz-graflinger.de

      Der ganze Pipapo mit Anschrift, Handynummer und E-Mail-Adresse steht natürlich auch noch drauf, eh klar.

      Wurstegal, irgendwie muss ja Geld reinkommen und dabei helfen mir vor allem Mundpropaganda und die Franzi eben. Wobei wir nun wieder beim Thema wären, bei meinem Auftrag fürs Wochenende.

      Frau Kerner fliegt heut Morgen um zehn Uhr von München nach Hamburg. Wohnen tut sie in Moosburg, also braucht sie kaum dreißig Minuten zum Flughafen. Ich schätze mal, dass sie als Businessfrau bereits online eingecheckt hat, also reicht es, wenn sie dreißig Minuten vor Abflug am Gate ist. Wahrscheinlich wird sie einen kleinen Zeitpuffer einkalkulieren für den Fall eines Staus und damit sie sich am Flughafen noch die VOGUE oder ein ähnliches Blattl zum Lesen kaufen kann. Summa summarum: Gut eineinhalb Stunden vor dem Start wird sie in Moosburg wegfahren. Wenn ich also um acht Uhr vor ihrem Haus stehe, werde ich die Abfahrt keinesfalls versäumen, los geht’s.

      »Fasanenstraße, nächste links«, verkündet mir die »Maria«. Maria ist meine Stimme aus dem Navi und sie spricht natürlich astreines Bayerisch. Sie bringt mich meist ohne Umschweife an mein Ziel, wobei wir ab und an durchaus ziemlich kontrovers über die Wegführung diskutieren. Frauen und Orientierung halt.

      Fasanenstraße 18, da vorne ist es ja. Ein nettes Häuschen haben die Kerners, kannst nicht meckern. Da soll der Kerl doch froh sein, dass er in so einem gemachten Nest Platz gefunden hat. Aber vielleicht sind ja die Verdächtigungen der Frau völlig haltlos und er ist ein ganz normaler Ehemann mit Stärken und Schwächen.

      Ich fahr an der Einfahrt vorbei und kehr um, damit ich gleich richtig steh, wenn’s Richtung Flughafen geht.

      Zwanzig nach acht, meine Kalkulation war ziemlich exakt. Eine Frau und ein Mann, sie circa Ende fünfzig, er eher Anfang vierzig, verlassen das Haus. Sie trägt ein grünes halblanges Kleid, passend zum Botanik-Kongress, das dürfte Frau Kerner sein. Er trägt einen hellen Freizeitanzug und ein blassblaues

      Hemd, es ist »Blondie«. Ich habe den Kerner Blondie getauft, nachdem ich das Foto gesehen habe. Braun gebranntes, lächelndes Gesicht, blonde, nach hinten geschwungene schulterlange Haare, ein Möchtegern-Casanova. Er war wohl früher mal Katalogmodel für ein drittklassiges Label. Frau Kerner hat sich gewiss gerne ein paar Jahre mit diesem Schönling geschmückt und ist seiner jetzt überdrüssig.

      Samstagmorgen und kein Ferienverkehr, es macht richtig Spaß, ohne Stau zum Flughafen zu fahren. Dort angekommen, stellt der Kerner seinen Wagen in der Kurzparkzone ab, lässt sein Frauchen aussteigen und holt ihr sogar noch den Koffer aus dem Kofferraum. Ein Küsschen, ein kurzes Winken, dann verschwindet sie im Terminal und Blondie fährt wieder los.

      Jetzt wär’s halt schön, wenn Blondie nach Hause fahren würde, dort möglichst noch heute Vormittag einen Besuch von einem jungen Mädel bekäme und ich ein paar coole Fotos schießen könnte, leicht verdientes Geld also.

      Meine Hoffnungen werden aber gleich im Ansatz erstickt. Blondie fährt nicht zurück nach Moosburg, sondern genau entgegengesetzt auf die Autobahn Richtung München.

      Früher bin ich öfter mit Freunden in zwei Autos auf der Autobahn gefahren und hab versucht, mit ihnen zusammenzubleiben. Ist das schon nicht einfach. Wenn allerdings der vorne keine Rücksicht nimmt, weil er eben gar nicht weiß, dass man ihm folgt, wird’s weit komplizierter.

      Ich schaff es dennoch, einigermaßen dranzubleiben, und manchmal fahr ich sogar fast neben ihm, der kennt mich ja Gott sei Dank nicht. An seinen Mundbewegungen und Gesten merke ich, dass er zwischendurch angeregt telefoniert, scheint ein nettes Gespräch zu sein.

      Wir sind schon weit hinter München, als er bei Holzkirchen von der Autobahn abfährt.

      Ein Traumwetter, da gönnt man sich doch gerne ein Wochenende in den Bergen. Ich müsste jetzt allerdings dringend bieseln und hätt auch ein wenig Durst. Blondie ist das egal, er fährt ungeniert weiter.

      In Bad Wiessee biegt er nahe der Ortsmitte links ab Richtung Tegernsee und fährt schnurstracks zum Hotel Kranzbichler am See. Da drin würd ich auch gerne mal ein Wochenende oder mehr verbringen, ist allerdings nichts für mein Budget. Bei Blondie scheint das anders zu sein, der fährt direkt vor den überdachten Eingang und steigt aus. Einer der uniformierten Hoteldiener macht sich sogleich auf und fährt sein Auto in die Tiefgarage. Blondie entschwindet im Hotel. Ich such mir zunächst einen Parkplatz und teste meine Digicam. Ein schönes Foto! Das Hotel im Vordergrund, links der See und dahinter die Berge, könnte man direkt als Ansichtskarte verwenden. Weil ich sowieso ermitteln muss und Blondie mich nicht kennt, geh ich da jetzt einfach rein und schau mich ein wenig um, das kann ja nie schaden. Ein wirklich toller Schuppen, alles vom Feinsten, prächtige Teppiche, wuchtige bayerische Landhausmöbel. Die Rezeption strotzt nur so von bemalten Massivholzteilen, rechts davon mehrere urige Polstersitzgruppen mit schweren Tischen und in der Ecke echtes Kaminfeuer, trotz der Sommerhitze. Da fehlt es an nichts. Das Personal ist topp gekleidet, richtig fesche Dirndln und saubere Trachtenanzüge tragen die Hotelangestellten, da passt wirklich alles.

      »Grüß Gott, mein Name ist Maria, kann ich etwas für Sie tun?«, fragt eine nette Stimme hinter der Rezeption.

      Lustig, sie heißt wie mein Navi. Den Namen kann ich mir gut merken und obendrein ist sie auch noch hübsch.

      »Sicher«, antworte ich. »Ich plane, das Wochenende in Bad Wiessee zu verbringen, und bin auf der Suche nach einem netten Zimmer für eine Nacht.«

      »Nun, wir sind fast ausgebucht, aber ich sehe gerade, dass ich Ihnen noch die Herzog-Heinrich-Suite anbieten könnte. Eine sehr schöne Suite mit Balkon zur Seeseite. Unser


Скачать книгу