How Not To Die. Gene Stone
befanden. Und unter den 632 Ugandern im selben Alter? Ein einziger Herzinfarkt. Die Ugander erlitten mehr als hundert Mal seltener einen Herzinfarkt als die US-Amerikaner. Die Ärzte waren über dieses Ergebnis so erstaunt, dass sie weitere 800 Tote in Uganda obduzierten. Unter über 1.400 autopsierten Ugandern wurde nur eine Leiche mit einer kleinen, verheilten Herzschädigung gefunden, sprich der Infarkt war nicht einmal tödlich. Damals so wie heute sind Herzkrankheiten eine der häufigsten Todesursachen in Industrienationen. In Zentralafrika waren Herzkrankheiten so selten, dass weniger als eine Person von tausend daran starb.4
Immigrationsstudien zeigen, dass die Resistenz gegenüber Herzkrankheiten nichts ist, was allein mit afrikanischen Genen zusammenhängt. Wenn Menschen aus einer Region mit niedrigem Risiko in eine Region mit hohem Risiko umziehen, schießt, sobald sie die Ernährungs- und Lebensgewohnheiten der neuen Umgebung übernehmen, die Erkrankungsrate steil nach oben.5 Die außergewöhnlich niedrigen Herzerkrankungsraten im ländlichen China und in Afrika wurden mit dem außergewöhnlich niedrigen Cholesterinspiegel dieser Bevölkerungsgruppen in Verbindung gebracht. Obwohl sich Chinesen und Afrikaner sehr unterschiedlich ernähren, gab es einige Übereinstimmungen: Die Ernährung beider Bevölkerungsgruppen basierte auf pflanzlichen Lebensmitteln wie Getreide und Gemüse. Da sie so viele Ballaststoffe und so wenig tierische Fette zu sich nahmen, lag ihr Cholesterinspiegel im Mittel unter 150 mg/dL,6,7 ähnlich wie bei den Leuten, die sich gegenwärtig pflanzenbasiert ernähren.8
Aber was bedeutet das alles? Das bedeutet, dass Sie wahrscheinlich die Wahl haben: Herzerkrankung ja oder nein.
Wenn Sie sich einmal die Zähne von Menschen anschauen, die vor mehr als zehntausend Jahren vor Erfindung der Zahnbürste lebten, werden Sie bemerken, dass diese kaum Löcher hatten.9 Nicht einmal in ihrem Leben benutzten diese Menschen Zahnseide, und trotzdem keine Löcher! Das hängt damit zusammen, dass es damals auch noch keine Schokoriegel gab. Heutzutage bekommen wir Zahnlöcher, weil der Genuss süßer Verführungen die Kosten und die Schmerzen eines Zahnarztbesuchs übertrumpft. Auch ich gönne mir gern hin und wieder Süßes – aber ich habe auch eine gute Zahnversicherung. Was aber, wenn wir statt über Plaque auf den Zähnen über atherosklerotische Plaque reden, die sich an unseren Arterienwänden ablagert? Dann geht es nicht mehr nur um das Entfernen von Zahnbelag. Dann geht es um Leben und Tod.
Herzerkrankungen sind der Hauptgrund dafür, dass wir und die Menschen, die wir lieben, sterben. Natürlich liegt es bei jedem selbst, zu entscheiden, wie er oder sie essen und leben will. Aber sollten wir nicht versuchen, diese Entscheidungen bewusst zu treffen, indem wir uns über die vorhersehbaren Konsequenzen unseres Handelns informieren? Genauso wie wir stark zuckerhaltige Lebensmittel vermeiden können, die unsere Zähne zersetzen, können wir auch auf Transfette, gesättigte Fette und Lebensmittel voller Cholesterin verzichten, die unsere Arterien verstopfen.
Schauen wir uns also einmal an, wie sich koronare Herzkrankheiten im Verlauf des Lebens entwickeln, und werfen wir einen genauen Blick darauf, wie sie sich durch eine einfache Wahl der Ernährungsweise zu jeder Zeit vermeiden, aufhalten und sogar heilen lassen, bevor es zu spät ist.
Ist Fischöl nur Quacksalberei?
Zum Teil auch dank der Empfehlung der American Heart Association, dass Menschen mit einem hohen Risiko für Herzerkrankungen ihre Ärzte nach Omega-3-Fischöl zur Ernährungsergänzung fragen sollten,10 sind diese Kapseln zu einem Multi-Milliarden-Geschäft geworden. Wir nehmen mittlerweile jährlich mehr als einhunderttausend Tonnen Fischöl zu uns.11
Aber was sagt die Wissenschaft dazu? Sind die angeblichen gesundheitlichen Vorteile von Fischölpräparaten bei der Behandlung von Herzerkrankungen nur Seemannsgarn? Im Journal of the American Medical Association wurde eine systematische Auswertung und Metaanalyse der besten randomisierten klinischen Untersuchungen veröffentlicht, die die Auswirkung von Omega-3-Fetten auf Lebensdauer, Herztod, plötzlichen Herztod, Herzinfarkte und Schlaganfälle überprüften. Diese Untersuchungen erforschten nicht nur Fischölpräparate, sondern auch die Auswirkungen, die die Empfehlung zum Verzehr von mehr fetthaltigem Fisch bei den Menschen hatte. Was wurde herausgefunden? Insgesamt konnten die Wissenschaftler keine schützende Wirkung feststellen, was die allgemeine Sterblichkeit oder das Sterblichkeitsrisiko für Herzerkrankungen, plötzlichen Herztod, Herzinfarkte oder Schlaganfälle anging.12
Wie sah es bei Menschen aus, die bereits einen Herzinfarkt hatten und einen weiteren verhindern wollten? Auch hier wurde keine positive Wirkung festgestellt.13
Wie kommen wir überhaupt auf die Idee, dass Omega-3-Fette aus Fisch und Fischölpräparaten gut für uns sind? Es geisterte lange die Vorstellung umher, dass die Inuit vor Herzerkrankungen gefeit sind, aber dies scheint nichts als ein Mythos zu sein.14
Einige frühe Untersuchungsergebnisse allerdings sahen vielversprechend aus. So z. B. der berühmte DART-Versuch aus den 1980er-Jahren, bei dem 2000 Männern geraten wurde, fetthaltigen Fisch zu essen. Dieser Versuch zeigte einen Rückgang der Sterblichkeit um 29 Prozent.15 Das ist ein beeindruckendes Ergebnis, und es ist nicht verwunderlich, dass diese Untersuchung so viel Aufmerksamkeit fand. Doch scheint der Folgeversuch, DART-2, in Vergessenheit geraten zu sein, bei dem genau das Gegenteil herausgefunden wurde. Dasselbe Forscherteam führte mit DART-2 eine noch größere Untersuchung mit dreitausend Männern durch. Dieses Mal jedoch hatten diejenigen, die fetthaltigen Fisch aßen oder Fischölkapseln einnahmen, ein höheres Herztodrisiko.16,17
Nach der Auswertung all dieser Studien kamen Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass die Verwendung von Omega-3 in der täglichen klinischen Praxis nicht länger zu rechtfertigen war.18 Wie sollten sich Ärzte verhalten, wenn ihre Patienten dem Rat der American Heart Association folgen und nach Fischölpräparaten fragen? Der Direktor für Lipide und Stoffwechsel des kardiovaskulären Instituts am weltweit renommierten Mount Sinai Hospital drückte es so aus: „Aufgrund dieser und anderer negativer Meta-Analysen besteht unsere Aufgabe [als Ärzte] darin, all unseren Patienten keine aggressiv vermarkteten Fischölpräparate mehr zu empfehlen …“19
Herzkrankheiten entstehen in der Kindheit
1953 veränderte eine Studie, die im Journal of the American Medical Association veröffentlicht wurde, grundlegend unser Verständnis von der Entwicklung von Herzkrankheiten. Für diese hatten Wissenschaftler dreihundert Autopsien an amerikanischen Opfern des Koreakriegs vorgenommen, die im Schnitt etwa zweiundzwanzig Jahre alt waren. Erschreckenderweise hatten bereits 77 Prozent der jungen Soldaten sichtbare Anzeichen einer koronaren Atherosklerose. Bei einigen waren die Arterien sogar zu 90 Prozent oder mehr verstopft.20 Diese Studie „zeigte auf dramatische Art, dass atherosklerotische Veränderungen in den Herzkranzgefäßen bereits Jahre und Jahrzehnte auftreten, bevor das Alter erreicht ist, in dem eine koronare Herzkrankheit klinisch als Problem erkannt wird.“21
Spätere Untersuchungen von Unfallopfern im Alter zwischen drei und sechsundzwanzig Jahren fanden heraus, dass Fetteinlagerungen bzw. „fatty streaks“, die Frühform von Atherosklerose, bei fast allen US-amerikanischen Kindern ab dem Alter von zehn Jahren nachweisbar sind.22 Sobald wir in den Zwanzigern oder Dreißigern angekommen sind, können sich diese Fetteinlagerungen zu ernsthaften Blockaden auswachsen, wie sie bspw. bei den jungen amerikanischen GIs aus dem Koreakrieg festgestellt wurden. Und wenn wir über vierzig oder fünfzig Jahre alt sind, können sie uns bereits töten.
Die Frage an alle, die älter als zehn Jahre sind und dies gerade lesen, ist nicht, ob Sie gesünder essen wollen, um eine Herzerkrankung zu vermeiden oder nicht, sondern ob Sie bereit sind, die Herzschädigung zu kurieren, die Sie sehr wahrscheinlich bereits haben.
Ab welchem Zeitpunkt tauchen diese Fetteinlagerungen frühestens auf? Atherosklerose kann schon vor der Geburt einsetzen. Italienische Forscher untersuchten die Arterien von Fehlgeburten und Frühchen, die kurz nach der Geburt gestorben waren. Es stellte sich heraus, dass die Arterien der Föten, deren Mütter einen hohen LDL-Cholesterinspiegel hatten, mit einer höheren Wahrscheinlichkeit Läsionen aufwiesen.23 Dieses Ergebnis legt nahe, dass Atherosklerose nicht erst als ernährungsbedingte Krankheit in der Kindheit, sondern bereits im Mutterleib entstehen kann.