Harte Reden. Fritz Binde

Harte Reden - Fritz Binde


Скачать книгу
will – „nach uns die Sintflut!“

      Andere wieder sind geblendet durch einen aus Trotz und Verzagtheit geborenen Optimismus. Sie haben einen geradezu blinden Glauben an sich selbst und an die Menschheit. Es sind die revolutionären und reformatorischen Kulturethiker und Friedensapostel. Mit einer auf wissenschaftlicher Entwicklungslehre gegründeten Ethik erhoffen sie eine Kultur der Gerechtigkeit und Freiheit schaffen zu können. Krieg und menschliche Selbstsucht scheinen ihnen nur Reste einer unwissenschaftlichen Erziehung. Dächten sie über ihren wissenschaftlichen Evolutionismus und über Möglichkeit und Wert ihrer erträumten Kultur im Sinne der großen Dreifrage: Woher? Wozu? Wohin? gründlich nach, müsste sie die Hoffnungslosigkeit angrinsen! Kennten sie das Menschenherz und das Wesen der Sünde; wie beides Gott im Bibelworte offenbart, und beugten sich dieser realen Offenbarung, wie würde ihr blinder Optimismus zusammenkrachen! Denn dieser Optimismus ist nichts anderes als die ungebrochene Hoffart des menschlichen Geistes, die in trotziger Selbsthilfe lieber zehntausendmal mit ethischen Kulturphrasen den Turm von Babel zu bauen sucht, als dass sie sich einmal dem Gott und Heiland der Heiligen Schriften unterwirft. Nur ihre Verblendung trennt sie von der Einsicht in ihre Hoffnungslosigkeit.

      Zerreißt der Allmächtige nach langer Geduld endlich mit starkem Arm den Schleier solcher wissenschaftlichen Verblendung, indem er den Menschen die Frucht ihres eigenen Wesens in schrecklichen Gerichtszeiten zu schmecken gibt und etwa, wie jetzt, während dies geschrieben wird, die Gräuel des Krieges sich entfesseln lässt, o wie sinken da die ethischen Träumereien in den Staub, wie nackt zeigt sich da die Hoffnungslosigkeit des Menschen, der ohne den lebendigen, persönlichen Gott in der Welt ist, und wie schnell lernen da manche, die sonst ohne ihn fertig wurden, nach seiner allein wahrhaft mächtigen Hilfe schreien! Denn solange der Mensch selbstgewiss in stolzer Vernunftsicherheit, die er „Wissenschaft“ nennt, gegen den geoffenbarten Gott und seinen alleinigen Retter Jesus Christus streitet, wird er auch noch gegen seinen Nebenmenschen und wird Volk wider Volk streiten. Nur wenn der Wille Gottes, wie er in Christus offenbar geworden ist, auf Erden geglaubt und erkannt wird, gibt es keine Kriege auf Erden mehr. Alle anderen Friedensversuche werden an der sündigen Menschennatur scheitern als Hoffnungslosigkeit!

      Dasselbe Offenbartwerden der Hoffnungslosigkeit des Unglaubens vollzieht sich auch immer noch im Einzelleben. Ich traf nach Jahren einen monistisch gesinnten Freund wieder und redete zu ihm vom lebendigen persönlichen Gott. „Ach was!“ rief er da aus, „Gott, Gott?“ wies zum Fenster hinaus und meinte: „Da, das ist Gott! Das weite Leben ringsum draußen! Einen anderen Gott gibt's nicht!“ Ein Jahr später bat mich der inzwischen schwer herzleidend gewordene Freund auf schriftlichem Wege, ich möge doch für ihn beten. „Zu wem soll ich beten?“ fragte ich zurück. „Ihr Gott ist ja das weite Leben ringsum draußen. Soll ich also zum weiten Leben für Sie beten?“ – So offenbart sich in Völker- und Einzelnot die Hoffnungslosigkeit jeder ungläubigen, unbiblischen Weltanschauung.

      Der Unglaube in allen seinen Formen hat es noch nie weiter gebracht, als bis zum Heroismus, Stoizismus oder Pessimismus. Entweder optimistisches selbstsicheres Heldentum, das sich blind auf roh oder edel gesteckte Ziele versteift, bis es zusammenkracht oder gelehrte oder ungelehrte Verzicht leistende Gelassenheit, die bereit ist, alles geradeso hinzunehmen, wie es ist, oder schwermutsvoller Weltschmerz, der mit dem freiwilligen Tode liebäugelt.

      Und damit bin ich bei der auffälligsten Form der Hoffnungslosigkeit des Unglaubens angelangt: sein Liebäugeln mit dem Tode.

      Auch der Unglaube braucht einen Erlöser aus den Nöten unseres unzulänglichen irdischen Daseins und dieser Welt, die im Argen liegt. Den vom Vater im Himmel gesandten Erlöser Jesus Christus, als Erretter aus Schuld und Macht der Sünde, verschmäht er. Er hat sich einen anderen Erlöser erwählt als den Urheber und Herrn des Lebens. Er verehrt den König der Schrecken, in dem die Gewalt Satans lebt: Er verehrt den Tod.

      Die zunehmende Zahl der Selbstmorde, diese Quittung auf die Hoffnungslosigkeit des Unglaubens, beweist, wie verzweifelt man sich diesem schrecklichen Erlöser in die Arme wirft. Der Menschenmörder als Menschenerlöser, welch eine Tragik des ungläubigen Menschenherzens! Aber das ist ja ganz natürlich! Was soll man siebzig und achtzig Jahre die Plackereien des Lebens tragen, wenn man noch nicht einmal weiß woher? wozu? wohin? Welche Kraft zum Leben soll der Gedanke geben: Ich bin eine Ätherwelle im Meere der Stoffbewegung, die auftaucht und verebbt. Ich bin Dünger für eine menschliche Kultur auf Erden, die vielleicht in so und so vielen Jahrtausenden so weit entwickelt sein wird, dass sie vielleicht die dann lebenden Geschlechter so glücklich machen wird, wie ich es jetzt so gerne sein möchte; indes muss ich ringen, darben, leiden und verderben. Aber auch jene späteren glücklicheren Geschlechter werden ja mitsamt ihrer ausgereiften Kultur und dieser Erde zugrunde gehen! Was soll also das grausame Spiel? Machen wir mit Revolver, Gift, Gas und Strick dem Unsinn ein Ende! Komm, Tod, du einzig gewisser Erlöser!

      Siehe, das ist die verzweifelte Hoffnungslosigkeit des zu seiner grausen Wirklichkeit erwachten Unglaubens!

      Ich traf einst einen Studenten, einen durch die gottlose Pseudowissenschaft ungläubig und unglücklich gewordenen Sohn frommer Eltern. „Sehen Sie“ sagte er zu mir, „in diese Tasche hat man mir Haeckel und Nietzsche gesteckt, und in diese Tasche habe ich mir den Revolver gesteckt; denn ich bin überzeugt, beides gehört zusammen!“ Das war folgerichtig gedacht und gehandelt.

      Als platte Gedankenlosigkeit aber äußert sich die Hoffnungslosigkeit bei den gewöhnlichen Sterbefällen. Da kann man alle Tage lesen: „Friede seiner Asche!“ Der arme ungläubige Mensch hat sein Lebtag nie Frieden gehabt, nun wünscht man wenigstens seiner Asche den Frieden. Welcher gedankenlose Ausdruck der Hoffnungslosigkeit! Die Asche soll Frieden haben! Wie wird sie sich darüber freuen! Wie wohl wird ihr der Friede tun! – Oder: „Er ruhe sanft!“ Wer denn? Der Leichnam! Sein Leben lang hat der arme hoffnungslose, ungläubige Mensch nie wirklich sanft geruht, nun soll sein Leichnam sanft ruhen. Öder Bankrott alles Denkens! Das sind aber dieselben Leute, denen es zu dumm ist, der Bibel zu glauben. Auch lassen sie auf Grabmäler schreiben: „Hier ruht in Gott!“ Nicht eine Stunde seines gottfernen Lebens hat der Verstorbene in Gott geruht; denn er hat Gott weder gekannt noch gesucht noch gefunden, nun soll sein Leichnam mit einem Male in Gott ruhen. Was wird diese Ruhe wert sein? Geradezu lächerlich aber wird die Gedankenlosigkeit des Unglaubens, wenn sie dem hoffnungslos Verschiedenen wünscht: „Möge ihm die Erde leicht sein!“ Wem denn? Nun, eben dem Leichnam. Man befürchtet nämlich, die Erde könne ihn zu sehr drücken, wegen ihrer Schwere: Darum: „Möge ihm die Erde leicht sein!“ Welch eine Erquickung für den Toten! Aber um das Maß des Unsinns voll zu machen schreibt man das auf einen zwei Zentner schweren Leichenstein, den man dem Begrabenen gewissermaßen auf die Brust setzt! Wer sieht hier nicht, wie „Hoffnungslos!“ gleichbedeutend ist mit „Gedankenlos!“ Auferstehung und Gericht Gottes verlacht man; denn das ist einem zu töricht. Nun wünscht man der Asche Frieden und dem Leichnam eine leichte Erde! Das ist die einzige Hoffnung, die, weil sie nicht übers Grab hinauswährt, doch wenigstens bis ins Grab hineinwähren soll. Welch jammervolle Armut!

      Eine Weltanschauung, die das Dasein nicht erklären kann, ist durch ihre innerliche Unfähigkeit dazu gezwungen, den Tod als Erlöser zu verherrlichen und muss dabei zu solchen Unsinnsblüten kommen, wie wir sie eben betrachteten, wobei ich nicht unerwähnt lassen will, dass das andere Extrem auf dieser Linie der echt heidnische moderne Spiritismus ist.

      Auch das modern gewordene Begehren, nach dem Tode verbrannt zu werden, gehört zu den Kennzeichen der Hoffnungslosigkeit des Unglaubens. Die hygienisch-sanitäre Begründung des Einäscherungsverfahrens ist vielfach nur äußerer Vorwand. Der tiefere Grund ist, man möchte einen ganzen und vollen Tod mit jeder Sicherheit nicht nur gegen ein Erwachen aus dem Scheintod, sondern auch mit jeder Sicherheit gegen ein Erwachen zum biblisch geoffenbarten Gottesgericht. Wie wird dereinst die Gedankenlosigkeit des Unglaubens offenbar werden, die da glaubte, die Gluthitze bei der Leichenverbrennung schütze gegen den Auferstehungsruf Gottes zum Gericht! Indes bleibt dem Unglauben nichts anderes von seinen Lieben als die Asche im Grabe, der man Frieden wünscht, oder die Asche in der Urne, die ja nun sicher Frieden hat; denn man hat sie ja bis auf weiteres dem sonst so gerühmten Kreislauf der Kräfte aufs vorsichtigste entzogen.

      O Armseligkeit der Hoffnungslosigkeit!

      So


Скачать книгу