Harte Reden. Fritz Binde
sich entsetzlich; aber wir pressten ihm die Kissen immer fester aufs Gesicht, bis es stille darunter wurde. Wir hatten ihn erstickt.“ Und hier, ersticktes Jesuswort, ist das wohl geringerer Mord?
Menschenkind, stehe wieder still und sieh rückwärts! Menschenkind mit der Dornenhecke auf dem Herzensboden, wieviel Gotteswort ward erstickt in dir! Erstickt in dir durch die angstgeborene Sorge dieser Welt und durch den schändlichen Betrug des Reichtums, die beide dornig und stachlig dein Herz überwucherten! Wie viele Jesusworte fielen wohl schon in deine Dichte und Starre, und jedes Mal mussten sie sterben in deiner mörderischen Schwüle! Sag, graut dir nicht vor der Räuberhöhle und Mördergrube deines Herzens? O, wie kann man nur immer noch glauben an diese weite und breite Menschheit, wenn man bedenkt, wieviel einzig kostbares Gotteswort bereits auf dem Boden ihres trotzigen und verzagten Herzens zugrunde gegangen ist! Wie möchte man weinen und lachen über diese sogenannte Kultur, die das einzige Mittel zur Kultivierung unseres Herzens seit Jahrtausenden und noch tagtäglich sich vom Satan auf hartgetretenem Herzensboden entreißen oder auf der Steinwüste ihrer Oberflächlichkeit verwelken und verdorren oder auf dem Dornengrund ihrer Not und Abgötterei ersticken lässt!
Sag, was fehlt dir denn, du dornenüberwuchertes Herz? Öffnung und Tiefe hattest du schließlich; aber siehe, Licht und Luft fehlten deinem Herzensboden! Christus ist das Licht der Welt, und wollte auch dein Licht werden, ach wie oft! Aber das Dickicht deiner elenden Sorgen und das böse Gehege deiner betrogenen, abgöttischen Leidenschaften ließen den hellen göttlichen Strahl nicht zum Grunde deines Wesens dringen. Du liebtest das schwüle Duster deiner Sorgenatmosphäre und das wirre Dornengehege des Reichtums dieser Welt mehr als das freimachende Himmelslicht; denn deine Werke waren noch böse. Und Luft fehlte dir. Der Odem aus der ewigen Stille, der Hauch des Heiligen Geistes, konnte nicht frisch und fruchtbar in deines Herzens Grund wehen; so musste der göttliche Same, der dir zufiel, in der Stickluft deines adamitischen Welt- und Sündenwesens verderben und sterben. Welch ein Verlust!
Soll es so weitergehen? Du hast es nicht mit eines Menschen Wort zu tun, sondern mit dem ewigen Gott und deinem Mittler und Erretter Jesus Christ. Geh, lies dies Gleichnis Jesu mitsamt seiner Erklärung noch einmal, und nimm wahr, wie es in seiner wortkargen Schlichtheit zu drei Vierteln einer Traueranzeige gleicht, die der Urheber, Erretter und Herr des Lebens über den fruchtberaubten Acker dieser Welt, über das verwüstete Saatfeld der Erde hin veröffentlicht. Wie oft schon hast du die wehen Worte dieser Traueranzeige, diesen herben Bericht von der Menschen roher Unkultur, dieses licht- und liebevolle Gleichnis Jesu gehört und gelesen, dass du hättest dein Herz erkennen und fahren lassen können; aber selbst das Wort von deinem Herzen erstarb noch aus dem Boden deines Herzens!
Soll es jetzt wieder so sein?
Wer Ohren hat, zu hören, der höre!
So höre auch noch das letzte!
„Etliches fiel auf ein gutes Land und trug Frucht, etliches hundertfältig, etliches sechzigfältig, etliches dreißigfältig … Das aber in das gute Land gesät ist, das ist, wenn jemand das Wort hört und versteht es und dann auch Frucht bringt …“
Ein viertes Herzensland zeigt uns der Herzenskündiger ohnegleichen, und nennt es „gutes Land“. Ich denke, das ist bereits urbar gemachtes, gepflügtes, umgegrabenes und gedüngtes Land. Da ist allenthalben die nötige Öffnung des Bodens; denn die Pflugschar hat gearbeitet oder Grabscheit und Hacke. Auch die Tiefe ist da, der Felsengrund ist zerborsten, die Steine sind zermürbt; die Wetter sind über das Land hingegangen und haben dem scharfen Eisen geholfen. Nun erweist sich das zerbröckelte Gestein als der beste Dünger. Und wo Dornen standen, da sind sie ausgerottet mitsamt der Wurzel, so gut es nur ging; ihre Asche nährt den licht und luftig gewordenen Boden. Dahinein kann nun das gute Saatkorn fallen, und jede Scholle wird zum gebärenden Mutterschoß. Im Dunklen erstirbt das Korn und keimt doch aus seinem zerfallenen Leibe fruchtbar zum Licht empor. Und es verdorrt nicht; denn es hat haltende, saugende Wurzeln nach unten. Und es erstickt nicht, denn es hat Raum, Licht und Luft nach oben. Kultivierter, fruchtbarer Boden, gutes Land! Nicht überall gleich gut, gleich fruchtbar, sogar sehr verschieden im Ertrag, aber doch „gutes Land“.
Gepriesen sei Gott, auch solche Menschenherzen gibt es! Sie sind nicht ohne weiteres so gewesen, o nein! Gott hat sie sich mit unvergleichlicher Geduld und Langmut so zubereitet. Es sind die Herzen, die sich schließlich doch von ihrem Schöpfer überwinden ließen. Das zweischneidige Schwert des Wortes Gottes konnte sie endlich doch treffen und durchbohren. Öffnung war geschaffen. Der Hammer der göttlichen Wahrheit zerschlug den felsenharten Urgrund der alten Ichherrlichkeit. Die Pflugschar der Buße fuhr hinterher. Tiefe war geschafft. Ins zerschlagene Herz hinein fielen die Samenkörner des lebendigmachenden Gotteswortes. Tränen wurden zum Dünger. Der Glaube an die Kraft des sühnenden Blutes von Golgatha reinigte das für seinen Erlöser offene Herz. Das Gnadenlicht des heiligen und gütigen Gottes beleuchtete die bisherige unfruchtbare Wüste und Leere und schenkte zugleich Kraft und Wärme dem keimenden, neuen Leben. Der Hauch des Heiligen Geistes umwehte den von ihm zugetragenen Keim und erfüllte den urbaren Boden bis zum Grunde, dass er anfing zu duften im Süßgeruch der Erkenntnis Christi und Gottes. Licht und Luft waren da. Und die Liebe Gottes konnte nun ausgegossen werden in dieses gottgeweihte Herz, wie der Regen die Saat tränkt am jungen Frühlingstage. Nun beginnt dies also kultivierte Herz seine Frucht, die Frucht des Geistes von oben her, zu bringen in Geduld. Es wird zum ersten Male ergiebig für Gott, seinen Schöpfer, in dessen Hand es übergegangen ist. Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit, Glaube, Sanftmut, Keuschheit reifen in dem erneuerten Herzen zur fröhlichen Ernte für den himmlischen Herrn der Ernte, in dem einen Herzen hundertfältig, in dem andern sechzigfältig, in jenem dreißigfältig.
Siehe, das ist die von Gott in Christus bewirkte Kultur der Herzen, und eine andere gibt es nicht.
Du musst sie erleben, oder dein Leben bleibt, trotz aller deiner sogenannten Kulturleistungen unfruchtbar für Gott, und damit unfruchtbar für dich selbst und auch unfruchtbar für die Menschen.
Wie wirst du jetzt hinweggehen? Wird göttliche Kulturarbeit an dir geschehen sein? Wird dein Herz Öffnung, Tiefe, Licht und Lust empfangen haben? Wird der Boden deines Herzens „gutes Land“ geworden sein? Wirst du das gehörte Wort heimtragen und bewahren in einem guten und feinen Herzen? Wirst du es weiter bewegen in diesem Herzen?
Oder bleibt es bei der Härte? Bleibt es bei der Oberflächlichkeit? Bleibt es bei den Dornen?
O, welche Fragen von welcher Tragweite!
Aber was du auch zu tun gedenkst: Gott hat das Seine getan. Er wollte dir durch das Gleichnis aus dem Munde seines Sohnes sein eigenes und dein eigenes Herz offenbaren.
Darum gehe jetzt hin. Aber Jesu Gleichnis und Jesu Wahrheit und Jesu Frage werden mit dir gehen. Sie lauten:
Vierfach ist das Ackerfeld,
Mensch, wie ist dein Herz bestellt?
*
Wie schön ist nicht ein Herz,
Das, ausgeleert von allem,
Nichts in sich heget mehr
Als Gottes Wohlgefallen.
Das, durch viel Kreuz und Leid
Geschmolzen und gefegt,
Die höchste Majestät
Im stillen Grunde trägt!
Tersteegen
1 Der gegenwärtige Krieg hat bereits die Antwort gebracht. Siehe des Verfassers „Kriegsvorträge“ und „Brennende Gegenwartsfragen“.
Die Hoffnungslosigkeit des modernen Unglaubens
„Ihr hattet keine Hoffnung und wart ohne Gott in der Welt“.
Epheser 2,12
Ohne Hoffnung und ohne Gott in der Welt, so bezeichnet der Apostel Paulus den Zustand eines Nichtchristen. Es ist also der Zustand eines Ungläubigen ein