Wirtschaftsprüfung für Dummies. Holger Wirtz

Wirtschaftsprüfung für Dummies - Holger Wirtz


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im Kontext der jeweiligen Rechnungslegungsgrundsätze den jeweils »richtigen« Gewinn darstellen.

      

Nach § 264 HGB soll der handelsrechtliche Jahresabschluss einer Kapitalgesellschaft

       unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung

       ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft vermitteln.

      Sowohl die deutschen handelsrechtlichen Rechnungslegungsgrundsätze als auch die internationalen Rechnungslegungsgrundsätze verfolgen das Ziel eines Jahresabschlusses zu allgemeinen Zwecken. Das bedeutet, dass der Jahresabschluss auf die Informationsbedürfnisse möglichst vieler Adressaten ausgerichtet sein soll, welche möglicherweise sehr unterschiedliche Informationen für ihre Entscheidungsfindung benötigen.

      

Während eine kreditgebende Bank vermutlich eher an der Werthaltigkeit einzelner Vermögensgegenstände interessiert ist, stellt sich den Gesellschaftern bei der Festlegung von Gewinnausschüttungen vielleicht eher die Frage nach der Höhe des erzielten Gewinns oder der im Unternehmen verfügbaren Liquidität.

      Da unterschiedliche Adressaten unterschiedliche Informationsbedürfnisse haben, können nicht alle Erwartungen an die Aussagekraft von Jahresabschlüssen gleichermaßen erfüllt werden. Diese erste Stufe der Erwartungslücke nennt man Accounting Gap.

      

Ein Jahresabschluss, der unter Beachtung bestimmter Rechnungslegungsgrundsätze aufgestellt wurde, kann nicht alle Erwartungen unterschiedlichster Adressaten gleichermaßen erfüllen und ist deshalb für unterschiedliche Adressaten unterschiedlich aussagekräftig.

      Der offengelegte Jahresabschluss stellt für einen breiten Kreis von Personen und Einrichtungen eine wichtige Informationsquelle über das Unternehmen dar. Durch die Abschlussprüfung soll deshalb das Vertrauen in den Jahresabschluss erhöht und ein Beitrag zum ordnungsgemäßen Funktionieren der Märkte geleistet werden.

      

Nach § 317 HGB erstreckt sich die Prüfung des Jahresabschlusses darauf, ob die gesetzlichen und satzungsmäßigen Vorschriften zur Rechnungslegung beachtet worden sind.

      

Bei der Erteilung eines Bestätigungsvermerks nach einer Abschlussprüfung ist nicht entscheidend, ob sich ein Unternehmen wirtschaftlich positiv entwickelt. Relevant ist ausschließlich, ob die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zutreffend im Abschluss dargestellt wird. Ein Prüferversagen liegt also nur dann vor, wenn Verstöße gegen die Rechnungslegungsgrundsätze nicht aufgedeckt werden.

      Die gesetzliche Abschlussprüfung ist zudem nicht als eine amtliche Untersuchung von behauptetem Fehlverhalten konzipiert. So hat ein Abschlussprüfer keine besonderen gesetzlichen Befugnisse (zum Beispiel Durchsuchungsbefugnisse), wie sie von Strafverfolgungsbehörden genutzt werden können. Folglich sind Ihren Möglichkeiten als Abschlussprüfer zur Erlangung von Prüfungsnachweisen praktische und gesetzliche Grenzen gesetzt. Aus diesem Grund sind die meisten Prüfungsnachweise, aus denen Sie als Abschlussprüfer Schlussfolgerungen ziehen können, eher überzeugend als abschließend beweiskräftig.

      

Es besteht die Möglichkeit, dass das Management oder andere absichtlich oder unabsichtlich nicht die vollständigen Informationen liefern, die für die Aufstellung des Abschlusses relevant sind oder die vom Abschlussprüfer angefordert wurden.

      Bei dolosen Handlungen liegt möglicherweise eine wohldurchdachte und sorgfältig organisierte Vorgehensweise zur Verschleierung vor.

      Um das Vertrauen in die Rechnungslegung sowie die Leistungen der Abschlussprüfer zu erhöhen, werden immer wieder Vorschläge zur Fortentwicklung der Anforderungen an die Rechnungslegung und die Abschlussprüfung diskutiert.

      Vor allem für folgende Bereiche werden Änderungen vorgeschlagen:

       Ausweitung der Rechnungslegungspflichten von Unternehmen

       verstärkter Einsatz forensischer Elemente in der Abschlussprüfung

       Ausweitung der Reichweite der Abschlussprüfung

       Mitteilungspflichten an Aufsichtsstellen

      

Einen guten Überblick über mögliche Ansätze zur Fortentwicklung der Anforderungen enthält das IDW Positionspapier »Fortentwicklung der Unternehmensführung und -kontrolle: Erste Lehren aus dem Fall Wirecard«. Mögliche Änderungen werden aktuell auch im Gesetzgebungsverfahren zum sogenannten Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz diskutiert.

       Ausweitung der Rechnungslegungspflichten von Unternehmen

      Im Rahmen von Bilanzskandalen kommen immer wieder Betrugsfälle ans Licht, in denen Gewinne aus fingierten Geschäften realisiert wurden oder vorhandene Verpflichtungen nicht angemessen passiviert wurden. Begünstigt wird dies oft durch komplexe und schwer nachvollziehbare Geschäftsmodelle.

      Vor diesem Hintergrund wird diskutiert, dass Unternehmen eine Beschreibung des Geschäftsmodells und dessen Nachhaltigkeit in den Lagebericht verpflichtend aufnehmen sollten. Die Beschreibung sollte so detailliert sein, dass ein sachkundiger Dritte diese nachvollziehen kann. Solche Darstellungen würden dem Accounting Gap entgegenwirken.

       Verstärkter Einsatz forensischer Elemente in der Abschlussprüfung

      Vorgeschlagen wird außerdem, dass die gesetzliche Abschlussprüfung deutlicher als bisher auf die Aufdeckung von Bilanzmanipulationen und Vermögensschädigungen ausgerichtet werden sollte.

      In diesem Zusammenhang werden insbesondere zwei Aspekte hervorgehoben:

       Bedeutung einer sorgfältigen Analyse der Risiken aus dolosen Handlungen

       Nutzung moderner Technologien (zum Beispiel Massendatenanalysen) zur Untersuchung von Compliance-Verstößen, Verdachtsfällen oder zur Feststellung von Tatbeständen oder Tätern

      

Die Anforderungen, die bereits jetzt von Abschlussprüfern im Hinblick auf Risiken aus dolosen Handlungen beachtet werden müssen, werden in Kapitel 10 im Detail dargestellt.

      Als hilfreich könnte sich zudem ein Ausbau von Hinweisgebersystemen (Whistleblower) erweisen.

       Ausweitung der Reichweite der Abschlussprüfung

      Nach § 317 Abs. 2 HGB sind die folgenden Bestandteile


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