Wirtschaftsprüfung für Dummies. Holger Wirtz
der Jahresabschlussprüfung ist der Jahresabschluss, der im Wesentlichen aus zwei Teilen besteht:
einer Bilanz und
einer Gewinn-und-Verlust-Rechnung.
Dabei erstreckt sich die Prüfung auch auf die dem Jahresabschluss zugrunde liegende Buchführung. Bei Kapitalgesellschaften gehören zum Jahresabschluss noch zwei weitere Komponenten:
ein Anhang, der mit der Bilanz und der Gewinn-und-Verlust-Rechnung eine Einheit bildet, sowie
ein Lagebericht.
Im Rahmen der Prüfung müssen Wirtschaftsprüfer beurteilen, ob bei der Aufstellung des Jahresabschlusses die gesetzlichen Vorschriften und sie gegebenenfalls ergänzenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags oder der Satzung beachtet worden sind. Ergebnis einer Abschlussprüfung ist somit die Beurteilung des Abschlusses (Ist-Objekt) anhand der maßgebenden Rechnungslegungsgrundsätze (zum Beispiel HGB/IFRS; Soll-Objekt).
Mit seinem Bestätigungsvermerk bescheinigt der Abschlussprüfer, ob das durch den Jahresabschluss vermittelte Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens den tatsächlichen Verhältnissen entspricht. International wird dieser Grundsatz als True and Fair View bezeichnet. Abschlussprüfungen müssen deshalb so durchgeführt werden, dass Unrichtigkeiten in der Buchführung und im Jahresabschluss, die sich auf die Darstellung des Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens wesentlich auswirken, bei gewissenhafter Berufsausübung erkannt werden.
Eine Abschlussprüfung erstreckt sich nicht darauf, ob der Fortbestand des geprüften Unternehmens gesichert ist. Wenn Risiken, die den Fortbestand eines Unternehmens möglicherweise gefährden, angemessen im Jahresabschluss dargestellt sind, steht dies der Erteilung eines Bestätigungsvermerks nicht entgegen. Da es sich bei Abschlussprüfungen nicht um Geschäftsführungsprüfungen handelt, wird auch nicht beurteilt, ob die Handlungen der Geschäftsführungen wirksam und wirtschaftlich waren.
Drum prüfe … Prüfungspflichtige Unternehmen
Betroffen von der Prüfungspflicht sind:
alle haftungsbeschränkten Kapitalgesellschaften
haftungsbeschränkte Personengesellschaften, die eine bestimmte Größe überschritten habenSo sind beispielsweise Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) oder Aktiengesellschaften (AG) dann prüfungspflichtig, wenn sie an den Bilanzstichtagen von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren mindestens zwei der drei nachfolgenden Merkmale überschreiten:Bilanzsumme 6.000.000 EuroUmsatzerlöse im Geschäftsjahr 12.000.000 Euroim Jahresdurchschnitt 50 Arbeitnehmer
besonders große Unternehmen in anderen Rechtsformen (gemäß dem Publizitätsgesetz (PublG))
In Deutschland sind circa 45.000 Unternehmen prüfungspflichtig.
Unternehmen von öffentlichem Interesse (Public Interest Entities, PIEs), zu denen in Deutschland gut 1.000 Unternehmen zählen. Für sie gelten besonders strenge Anforderungen an die Durchführung von Abschlussprüfungen. Die für diese Unternehmen geltenden Anforderungen ergeben sich aus der EU-Abschlussprüferverordnung (EU-Verordnung Nr. 537/2014, EU-APrVO) und sind somit europaweit weitgehend einheitlich geregelt. Unternehmen von öffentlichem Interesse sind:kapitalmarktorientierte Unternehmen (das heißt Unternehmen, deren Wertpapiere an einem organisierten Marktplatz gehandelt werden) sowieKreditinstitute und Versicherungsunternehmen.
Manchmal muss es etwas mehr sein: Erweiterung des Prüfungsauftrags
Es gibt Fälle, in denen die Abschlussprüfung nicht ausreicht und Sie als Abschlussprüfer auch Prüfungsurteile oder Feststellungen zu anderen Sachverhalten als dem Abschluss oder dem Lagebericht abgeben müssen. Dann spricht man von einer Erweiterung des Prüfungsauftrags. Erweiterungen des Prüfungsauftrags sind in der Regel branchenspezifische Prüfungen und können gesetzlich vorgegeben sein oder als freiwillige Erweiterung vereinbart werden.
Gesetzliche Erweiterungen des Prüfungsauftrags:
Prüfung des Risikofrüherkennungssystems bei börsennotierten Aktiengesellschaften (§ 317 Abs. 4 HGB)
Prüfung des Abhängigkeitsberichts bei abhängigen Aktiengesellschaften (§ 313 AktG)
Prüfung der Tätigkeitsabschlüsse bei integrierten Energieversorgungsunternehmen (§ 6b EnWG)
Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung bei öffentlichen Unternehmen (§ 53 HGrG)
Muss nicht, kann aber: freiwillige Abschlussprüfungen
Abschlussprüfungen werden jedoch nicht nur bei prüfungspflichtigen Unternehmen durchgeführt. Gründe für die Durchführung von freiwilligen Abschlussprüfungen können sein:
Die Geschäftsführung beauftragt eine freiwillige Abschlussprüfung später, falls der Vorwurf eines eventuell fehlerhaften Abschlusses entstehen sollte, entlasten zu können. Schließlich bestätigt eine Prüfung die Vollständigkeit und Richtigkeit des Jahresabschlusses.
Die Gesellschafter können auf eine freiwillige Abschlussprüfung hinwirken, um die Geschäftsführung besser kontrollieren zu können. Sinnvoll kann dies insbesondere bei ausländischen Tochtergesellschaften sein, bei denen der Konzernleitung eine enge Kontrolle aufgrund der räumlichen Distanz schwerfällt.
Eine Abschlussprüfung ist stets auch eine Kontrolle der mit der Aufstellung des Abschlusses befassten Mitarbeiter des Unternehmens. Und da dies Mitarbeiter sich dessen während der Aufstellungsarbeiten der nachfolgenden Prüfung bewusst sind, dürfte sich die freiwillige Prüfung qualitätssteigernd auswirken. Auch Unterschlagungen könnten so vorbeugend verhindert werden.
Darüber hinaus können Unternehmen, die keiner gesetzlichen Prüfungspflicht unterliegen, im Einzelfall aufgrund von vertraglichen Vereinbarungen zur Durchführung von Abschlussprüfungen verpflichtet sein:
So findet sich beispielsweise in Gesellschaftsverträgen von Gesellschaften mit mehreren Gesellschaftern manchmal die Verpflichtung zur Durchführung von freiwilligen Abschlussprüfungen. Auf diese Weise könnte das Vertrauen der Minderheitsgesellschafter in Richtigkeit des Abschlusses gesteigert werden.
Auch in Kreditverträgen mit Banken findet sich teilweise eine Verpflichtung zur Durchführung von freiwilligen Abschlussprüfungen. Davon erhoffen sich die Banken eine größere Vertrauenswürdigkeit des Abschlusses.
Vertrauensbildend: Sonstige Assurance-Leistungen
Neben der Durchführung von Abschlussprüfungen gibt es zahlreiche weitere Prüfungsleistungen und damit eng verwandte Tätigkeiten, die von Wirtschaftsprüfern durchgeführt werden. Nicht zuletzt aufgrund der Digitalisierung und der Globalisierung ergeben sich heute für Unternehmen nahezu aller Branchen und Größenklassen komplexe Fragestellungen, bei denen sich Unternehmen einen kompetenten Ansprechpartner an ihrer Seite wünschen, der sie sowohl beratend als auch prüfend unterstützen kann.
Statt des traditionellen Begriffs der betriebswirtschaftlichen Prüfungen wird vermehrt auch der Begriff der Assurance-Leistungen verwendet.