Der komplette Projektmanager. Roel Wessels
Teile. Daher werden Sie feststellen, dass dies kein Buch ist, das sich von anderen Methoden abgrenzt und schon wieder einen neuen Weg aufzeigen will, wie alles denn nun tatsächlich zu erreichen ist. Ich möchte Ihnen gerne zeigen, wie Methoden wie PRINCE2, Agile, DSDM Atern, PMBOK Guide, der Kompetenzrahmen ICB von IPMA und zahlreiche Führungstechniken wirksam zusammen verwendet werden können. Der Fachmann lässt sich nicht durch Werkzeuge aufhalten, sondern sieht diese als Bereicherung an. Dabei verbinde ich moderne, agile Techniken mit eher traditionellen Methoden. Immerhin begegnen Sie ihnen auch in den unterschiedlichsten Kombinationen in der Welt, in der Sie arbeiten. Daher spreche ich auch lieber über agile Führung: Es geht mehr um die agile Haltung als um die agilen Prozesse. Denn letztendlich ist alles vor allem das Werk von Menschen…
Der Inhalt dieses Buches wurde nicht nur durch fortwährendes eigenes Anwenden stets weiterentwickelt und verfeinert, sondern auch durch das Feedback von mehr als achthundert Erfahrungsträger, die ich in den vergangenen Jahren in viertägigen Masterclasses trainiert habe. Diese kamen nicht nur aus dem High-Tech-Sektor, sondern auch aus dem öffentlichen Sektor, der Medizin und Bildung, dem Bausektor, aus ICT und unterschiedlichsten weiteren Domänen. Kurz gesagt: Dieses Buch versucht einen möglichst allgemeinen Ansatz zu wählen und soll somit für alle geschrieben sein, die sich beim Leiten von Projekten verbessern möchten.
Was wird Ihnen dieses Buch bringen?
Dieses Buch enthält eine möglichst vollständige Übersicht der Anwendungsmöglichkeiten von Projektmanagement und agiler Führung innerhalb der Produktions-, Dienstleistungs- und Organisationsentwicklung. Es richtet sich vor allem an den fortgeschrittenen Projektleiter, der den nächsten Schritt wagen möchte. Es ist jedoch absichtlich in seiner Sprache auch für unerfahrene Projektmanager verständlich gehalten worden, die sich einen ersten Überblick über das Leiten von Projekten machen möchten. Daher ist es nicht notwendig, dass Sie bereits tief im Projektmanagementbereich verwurzelt sind, denn das ganze für das Verständnis erforderliche Wissen wird in diesem Buch beschrieben. Allerdings wird Ihnen ihr gesammeltes Wissen und Ihre (Projekt-)Erfahrung beim Lesen sicherlich trotzdem nützlich sein. Obwohl dieses Buch auch substanziell in die Tiefe geht, liegt der Schwerpunkt hier jedoch auf der Interaktion zwischen der Theorie und Ihrem eigenen Verhalten und Ihrer eigenen Arbeitsweise. Denn letztlich dreht es sich nicht nur um das theoretische Wie, sondern besonders auch um Ihre persönliche Anwendung im Projekt. Und somit natürlich auch darum, wie alles auch unter nicht-idealen Umständen gelingt das Wissen aus diesem Buch konkret in Ihrem Arbeitsalltag umzusetzen.
Das Buch besteht aus drei Teilen. Teil 1 (Kapitel 1 - 4) beschreibt die Aspekte, denen Sie beim Einrichten und Managen eines Projektes begegnen werden. Dabei liegt der Fokus auf den fundamentalen Grundprinzipien, der Wichtigkeit die Regie zu übernehmen, der Strukturierung und des agilen Denkens. Teil 2 (Kapitel 5 und 6) erklärt, wie Sie den Projektplan und das Planning in kleinen Schritten skizzieren können, was zu erhöhter Vollständigkeit, einfacherer Koordination und breiterer Unterstützung für die Projektdurchführung führt. Zuletzt behandelt Teil 3 (Kapitel 7 - 10) dann wie Sie die eigentliche Projektumsetzung leiten. Wie Sie das Projektziel mit einem konstanten Deming-Zyklus erreichen, wie Sie Zwischenergebnisse hinsichtlich der Qualität beurteilen und wie Sie Ihr Team und Ihr Umfeld langanhaltend motivieren.
Ich habe das Buch möglichst praxisnah und anwenderorientiert geschrieben. Ich möchte Sie inspirieren, in dem ich neben der Theorie sehr viel Wert auf die konkrete Anwendung lege und diese mit persönlichen Anekdoten ergänze. Ziehen Sie sich die Essenz heraus und wenden Sie die beschriebenen Methoden in Ihrem eigenen Stil und gemäß Ihrer eigenen Persönlichkeit an: Tun Sie dies auf Ihre eigene Art und Weise! Denn ansonsten gelingt es Ihnen nicht stets motiviert zu bleiben und schlimmer noch, andere werden Ihnen nicht glauben!
Genießen Sie das Lesen dieses Buches, aber vor allem das anschließende Anwenden.
Projekte zu leiten macht wirklich Spaß!
Roel Wessels
1 Das &-&-& Paradoxon1
Ich war fast 30, als ich zum ersten Mal auf die Piste ging. Also die Ski-Piste meine ich natürlich. In meinem Freundeskreis war ich der einzige Anfänger und das bedeutete, dass, während der Rest der Gruppe noch gemütlich frühstückte, ich schon mit der Anfängerklasse brav in der Kälte den ”Babyhügel” hinunterglitt und die ersten Schwünge beigebracht bekam. Der Unterricht des ersten Tages fand morgens bis abends nur auf dem ”Babyhügel” satt. Aber am zweiten Tag brach ich meine guten Vorsätze unter dem sozialen Druck meines Freundeskreises und so gesellte ich mich nachmittags zur ”echten Ski-Gruppe” hinzu. Die hatte nämlich versprochen, auf ein gesundes Verhältnis meines noch Nicht-Könnens und der Schweregrade der ausgewählten Pisten zu achten.
Zunächst lief es eigentlich ganz gut, obwohl es sich schon blöd anfühlte, ständig bei allem der Letzte zu sein. Aber eigentlich war ich sogar ein Gewinn für die Gruppendynamik, da einige das häufige auf mich Warten mit einer gemütlichen Zigarettenpause zu kombinieren wussten. Nach einer weiteren Stunde allerdings stoppte die Gruppe jedoch jäh an einem Abhang und ein leichtes Gemurre war zu vernehmen. Wir hatten eine Abfahrt verpasst und standen nun direkt vor einer steil abfallenden schwarzen Piste... In meiner Naivität drehte ich mich noch einmal um, um zu gucken, ob ich nicht umkehren und einen anderen Weg nehmen könnte. Unsinn natürlich! Es gab nur eine Richtung - die schwarze Piste hinunter...
Durch die Aussage, dass die Piste zwar steil aber mit gutem Schnee bedeckt sei erhielt ich zwar ein wenig mentale Unterstützung. Und selbstverständlich bekam ich jede Menge weitere gute Empfehlungen mit auf den Weg. So etwa, an den steilen Stellen jederzeit seitwärts stückweise gleitend die Piste nach unten fahren zu können. Nach einigem Zögern begann ich mit der Abfahrt und obwohl mir der Schweiß aus allen Poren strömte, machte ich tatsächlich Fortschritte. Auf halbem Wege fühlte ich sogar Zuversicht. Die steilste Stelle hatte ich bereits gemeistert und obwohl eher vom Rutschen als vom Skifahren die Rede sein konnte, entstand ein wahrhaftiges Glücksgefühl. Ski Heil, würde ich mal sagen.
Und dann war ich auf einmal unten angekommen. Bei vielen Leistungen denke ich im Nachhinein: “Ach, so schwierig war es doch gar nicht!” Aber ein Hang sieht von unten tatsächlich immer noch viel steiler aus als er wirklich war. Ich fühlte mich wie der König der schwarzen Piste! Bis... ein erfahrener Skifahrer... wedel, wedel, wedel, so elegant und leicht die schwarze Piste nach unten glitt, als ob es der Anfängerhügel wäre. Ich war wieder auf den Boden der Tatsachen, bzw. der Skier, angekommen und wusste: Ich hatte noch viel zu lernen!
Mit dieser Anekdote beginne