Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia Vandenberg

Sophienlust Paket 3 – Familienroman - Patricia Vandenberg


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geheiratet hatte.

      Niemals würde sie ihm das verzeihen, seiner ganzen Familie nicht. Ob Rubinchen nicht nur von Nanette aufgehetzt worden war und sich irgendwo im Haus versteckte, um sie etwas zu ärgern?

      Sie ging zurück. Es war immer noch so glatt, und wieder dachte sie daran, wie sie auf die Straße gefallen war und Gordon Miles dazu gelacht hatte.

      Vor ihrem Haus stand jetzt ein Auto. Sie kannte es nicht. Ein Mann stieg aus. Dr. Belling. Sie kannte ihn, obgleich sie noch nichts mit ihm zu tun gehabt hatte.

      Er war ein gut aussehender Mann, aber natürlich war er auch verheiratet. Immer, wenn ihr ein Mann gefallen hatte, war er schon verheiratet.

      Jetzt tat sie, als bemerkte sie ihn nicht, und hastete zur Haustür, aber er trat auf sie zu und sprach sie an.

      »Frau Lüdke?«

      »Ja, was wünschen Sie?«, fragte Lilo abweisend.

      »Ich wollte Ihnen sagen, dass Ihre Nichte sich im Haus Willbrecht befindet«, sagte Dr. Belling.

      »Wieso?«, fragte sie.

      »Sie wurde von dem Hund heute Nacht im Schnee gefunden«, erklärte er. »Sie wäre erfroren, wenn Pipp sie nicht gefunden hätte.«

      »Das sind doch Märchen«, stieß sie hervor.

      »Das ist eine sehr traurige Wahrheit«, erwiderte er mit ernstem Nachdruck. »Ich wollte es Ihnen schon heute Nacht mitteilen, aber Sie waren nicht zu Hause.«

      Lilo wurde es schwarz vor den Augen. Sie hielt sich an der Türklinke fest und meinte schon zu hören, was man nun alles über sie reden würde.

      »Ich hatte noch eine dringende Verabredung«, stammelte sie. »Das Kind hat geschlafen, als ich die Wohnung verließ. Sie wollen mir nur Angst einjagen. Bestimmt hat Fräulein von Willbrecht Ruth geholt.«

      »Nein, das hat sie gewiss nicht. Aber es kann durchaus möglich sein, dass das Kind, von Angst geplagt, jemand suchte, bei dem es sich sicher fühlte. Es war ein entsetzlicher Schneesturm. Haben Sie das Kind jetzt erst vermisst?«

      »Was wollen Sie eigentlich von mir?«, begehrte Lilo auf. »Ich bin heimgekommen und habe mich hingelegt. Ich konnte doch nicht annehmen, dass Ruth ausgerissen ist. Bestimmt ist sie zu Fräulein von Willbrecht gelaufen, und alles andere ist erdichtet.«

      Dr. Belling drehte sich um. »Ich habe Sie informiert«, sagte er eisig. »Das Übrige ist Ihre Angelegenheit.« Dann stieg er in seinen Wagen.

      *

      Nanni war noch nicht zurück, als Lilo bei den Willbrechts auftauchte. Sie hatte sich vorgenommen, den Spieß umzudrehen und alle Schuld auf Nanni abzuwälzen. Nur so konnte sie ihr Gesicht noch wahren.

      Sie hatte sich zwar geschworen, dieses Haus nie wieder zu betreten, doch jetzt blieb ihr nichts anderes übrig.

      Als Frau von Willbrecht ihr die Tür öffnete, bogen sich Lilos Mundwinkel abwärts.

      »Dr. Belling hat mich unterrichtet, dass Sie meine Nichte in Ihrem Haus aufgenommen haben«, sagte sie mit frostiger Stimme. »Ich würde gern die näheren Umstände erfahren.«

      »Sie sind gut«, entfuhr es Annemarie von Willbrecht. »Es war purer Zufall, dass unser Pipp die Kleine gefunden hat.«

      »Da haben Sie sich eine hübsche Geschichte ausgedacht«, sagte Lilo.

      »Ich muss doch sehr bitten«, sagte Annemarie von Willbrecht empört, und ganz plötzlich war Pipp da. Er knurrte so gefährlich, dass Lilo zurückwich.

      »Halten Sie den Hund zurück«, kreischte sie. »Ich will meine Nichte mitnehmen.«

      »Nein«, rief Nanni laut. Sie trat durch die halb offen stehende Tür. »Das Kind bleibt hier, bis wir Nachricht von Herrn Campen haben. Ich habe ihm telegrafiert.«

      Lilo wurde totenblass. Ihre Lippen bewegten sich, ohne dass sie einen Laut hervorbringen konnte.

      »Sie können sich übrzeugen, wie krank das Kind ist, Frau Lüdke«, sagte Nanni mit einem drohenden Unterton. »Aber vor allem sollten Sie froh sein, dass sie überhaupt noch lebt.«

      *

      Yasmin reichte Jan Campen den Telefonhörer. »Der Boss will dich sprechen«, sagte sie. Es klang missmutig, und zwischen ihren Augenbrauen erschien eine steile Falte.

      Trotz ihrer betörenden Nähe wusste Jan Privates und Geschäftliches noch immer zu trennen. Er war ganz Ohr, und während des Gespräches hellte sich sein Gesicht, das die letzten Tage recht düster gewesen war, auf.

      »Selbstverständlich kann ich das einrichten«, hörte Yasmin ihn sagen. »Es kommt mir sogar sehr gelegen. Ja, danke. Dann bis Montag.«

      Er legte den Hörer auf. Yasmin sah ihn erwartungsvoll an. »Was ist denn?«, fragte sie.

      »Ich soll am Montag in München sein«, erwiderte er. »Wichtige Besprechungen. Das trifft sich gut. Dann kann ich am Samstag fliegen und mich um Rubinchen kümmern. Ich bin beunruhigt.«

      »Aber wieso denn?«, fragte Yasmin. »Es kann doch noch gar keine Antwort da sein. Ich bin sehr traurig, Jan. Ich bin dir völlig nebensächlich.«

      »Red doch keinen Unsinn. Wir sind Tag für Tag zusammen, aber von Lilo habe ich schon zehn Tage keine Post mehr bekommen. Was kann in zehn Tagen alles passieren!«

      »Nimm mich mit, Jan«, bat sie.

      »Das geht nicht, Kleines. Ich bin Mittwoch wieder zurück. Was sollte ich dem Boss sagen – und deine Eltern würde auch nicht einverstanden sein.«

      Ihm kamen diese Ausreden selbst ein bisschen lahm vor, aber er konnte Yasmin Rubinchen nicht einfach vor die Nase setzen. Er wollte erst wissen, wie das Kind reagierte.

      Yasmin war gekränkt, und sie zeigte es ihm, aber er hatte so viele dringliche Dinge zu erledigen, dass er wenig Notiz davon nahm. Der Vormittag verging mit Konferenzen. Mittags aß er mit einem ausländischen Gast. Es war nichts Ungewöhnliches, aber heute fasste Yasmin es als persönliche Beleidigung auf.

      Als er sie dann gerade in den Arm nehmen wollte, um sie wieder versöhnlich zu stimmen, wurde ihm das Telegramm gebracht. Er war völlig verwirrt, als er die wenigen Worte las.

      Sabine erkrankt, in meiner Obhut. Erbitte dringend Nachricht auf meinen Brief. Nanette Willbrecht.

      »Ist heute ein Brief für mich gekommen, Yasmin?«, fragte er erregt.

      »Kein Privatbrief«, erwiderte sie. »Was ist denn?«

      Er reicht ihr das Telegramm. »Wer ist Nanette Willbrecht?«, fragte sie. Eifersucht klang aus ihrer Stimme.

      »Weiß ich nicht. Ich kann mir keinen Reim darauf machen.« Er schlug sich an die Stirn. »Warte, ich glaube, so hieß eine Freundin meiner Frau. Jetzt verstehe ich gar nichts mehr. Mein Gott, sie werden doch keinen Unfall gehabt haben?«

      Er war völlig verwirrt. Warum telegrafierte Nanette Willbrecht? Warum nicht Lilo?

      Was sollte er für einen Brief bekommen haben? Wieso war Rubinchen krank? Lilo hatte doch immer geschrieben, dass das Kind sich bester Gesundheit erfreue. Zum Teufel noch mal, Lilo hätte sofort ein Blitzgespräch anmelden müssen, wenn Rubinchen etwas fehlte und es nicht anderen überlassen dürfen, ihn darüber zu informieren.

      So aufgeregt hatte Yasmin ihren zukünftigen Mann noch nie gesehen, doch es wurde ihr jetzt klar, welche große Rolle sein Kind in seinem Leben spielte.

      Sie drückte sich an ihn. »Melde doch ein Blitzgespräch an, Liebster«, sagte sie mit samtweicher Stimme. »Dann brauchen wir uns nicht zu sorgen.«

      »Bist ein Schatz, Yasmin. Du nimmst Anteil, das tröstet mich.« Schnell drückte er ihr einen zärtlichen Kuss auf die vollen Lippen. Aber als sie sich an seinen Hals hängte, schob er sie von sich. »Bitte, melde das Gespräch an. Ich frage inzwischen nach, ob noch einmal Post eingegangen ist.«

      Gerade sei ein Luftpostbrief


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