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bildete sozusagen das Bindeglied zwischen allen. Er war Alexander und Denise in ihrer von tiefer Liebe erfüllten Ehe geschenkt worden.

      Sascha setzte sich ans Steuer und betrachtete seine schöne dunkelhaarige Mutter mit beinahe verliebtem Blick. »Du wirst immer jünger, Mutti. Wie machst du das nur? Dabei bist du von früh bis spät auf den Beinen und arbeitest mehr als manche Frauen, die von sich behaupten, dass sie berufstätig seien.«

      »Mach mir keine Komplimente«, meinte Denise lachend. »Wahrscheinlich bleibt man auch äußerlich jung, wenn man sich ein junges Herz bewahrt. Erzähle mir lieber von Heidelberg.«

      Sascha berichtete von seinem Studium, und Denise hörte aufmerksam zu. Sie hielten in einer schmalen Straße. Das Haus war altmodisch und nicht sonderlich gepflegt. An der Tür waren verschiedene Karten mit ausländischen Namen befestigt.

      »Ich komme lieber mit«, beschloss Sascha. »Wer weiß, wie es da drinnen aussieht.«

      Doch sie sollten angenehm überrascht werden. Auf ihr Klingeln öffnete ein Kind mit bildschönen kohlschwarzen Augen.

      »Zu Frau Cortez wollen Sie?«, fragte es in tadellosem Deutsch. »Das ist ganz oben links.«

      Das Treppenhaus war kahl, aber sauber. Oben klopften sie an eine Tür und betraten ein ziemlich kleines Zimmer, das mit viel Liebe und Sorgfalt ein­gerichtet war. Maria Cortez war eben dabei, einen Koffer zu packen. Der ein­zige Schrank im Zimmer stand offen. Denise stellte auf den ersten Blick fest, dass darin mustergültige Ordnung herrschte. Der einfache Fußboden des Zimmers, in dem nicht einmal ein Teppich lag, war spiegelblank.

      Denise von Schoenecker hatte eine eigene Art, das Vertrauen der Menschen zu gewinnen.

      »Grüß Gott, Frau Cortez«, sagte sie herzlich. »Ich bin Nicks Mutter. Und das hier ist mein ältester Sohn Sascha. Wir sind hier, um Manuela nach Sophienlust einzuladen.«

      »Dann hat Dominik es Ihnen also erzählt«, flüsterte die Spanierin. »Wollen Sie sich nicht setzen? Ich habe meine Bekannten hier im Haus gefragt, ob sie Manuela aufnehmen könnten. Aber es ist nicht möglich, weil sie alle arbeiten und nicht die Zeit haben, für ein fremdes Kind zu sorgen. Aber Manuela ist noch klein. Sie kann sich mittags nicht selbst etwas zu essen machen.« Maria Cortez seufzte.

      »Es ist schlimm genug, dass Ihr Mann krank ist, Frau Cortez. Sie müssen selbstverständlich sofort abreisen. In Sophienlust ist genug Platz für Ihr Töchterchen. Wo steckt es denn?«

      »Manuela spielt irgendwo im Haus oder draußen.«

      »Uns hat ein Kind die Tür aufgemacht …«

      »Das muss Manuela gewesen sein. Es ist alles so schwierig«, meinte Maria Cortez mutlos. »Wir wollten alle gemeinsam nach Spanien fahren, weil die Schwester meines Mannes heiratete. Mein Schwiegervater ist tot. Deshalb sollte wenigstens mein Mann da sein, um die Braut zum Altar zu führen. Aber zwei Tage vor der geplanten Abreise bekam Manuela eine böse Halsentzündung. Der Arzt sagte, die Reise sei zu anstrengend für das Kind. Deshalb bin ich hier geblieben. Und nun dieses Unglück. Mein Mann wollte in ein paar Tagen zurückkommen.« Sie wischte sich hastig eine Träne aus dem Augenwinkel. »Ich weiß nicht einmal, was ihm fehlt.«

      Denise nickte ihr ermutigend zu. »Ihr Mann ist doch noch jung wie Sie, Frau Cortez. Wir wollen den Mut nicht sinken lassen.«

      »Sie sprechen sehr gut deutsch«, wunderte sich Sascha.

      »Wir sind schon seit fünf Jahren hier. Manuela ist hier geboren. In Spanien hatte mein Mann keine Arbeit. Hier können wir beide verdienen. Wenn wir genug gespart haben, gehen wir zurück und kaufen uns ein kleines Haus und ein Stück Land. Aber das dauert noch ein Weilchen.«

      »Haben Sie genug Geld für die ­Reise?«, fragte Denise rasch. »Ich helfe Ihnen gern aus. Sophienlust ver­fügt über ein Konto für solche Zwecke.«

      »Danke, Frau von Schoenecker. Wir haben unser Erspartes. Das Reise­­geld war schon beiseite gelegt. Ich brauche nichts. Was kostet es, wenn Sie Manuela in Sophienlust aufnehmen?« Diese Frage klang ein wenig ängstlich, denn Maria Cortez rechnete mit jedem Cent.

      »Manuela ist eingeladen«, antwortete Denise freundlich. »Das sagte ich doch schon. Wenn Sie zurückkommen, schauen Sie sich unser liebes Sophienlust einmal an. Dann werden Sie verstehen, dass Manuela uns nicht arm essen kann. Gefallen wird es ihr auch bei uns, denke ich. Wir haben viele Tiere. Vor allem Ponys zum Reiten für die Kinder. Sie brauchen sich um Manuela gewiss keine Sorge zu machen.«

      »Die Kinder aus Sophienlust, die ins Gymnasium gehen, sind sehr freundlich. Das habe ich längst gemerkt«, versetzte Maria Cortez. »Darf ich denn Ihre Einladung für das Kind wirklich annehmen?«

      »Wenn Sie mir Manuela anvertrauen wollen, liebe Frau Cortez?«

      Maria Cortez lächelte scheu. »Ja, ich spüre, dass Sie gut zu ihr sein werden, Frau von Schoenecker.«

      Denise stieß einen heimlichen Seufzer der Erleichterung aus. Es war geschafft. Sascha nickte ihr verstohlen zu.

      Nun gab es keinen unnötigen Aufenthalt mehr. Die praktische Denise half, Manuelas Sachen zu packen. Sie konnte sich nun selbst davon überzeugen, wie sauber und ordentlich die bescheidene Frau alles hielt.

      Maria Cortez verließ das kleine Zimmer und kam mit dem Kind zurück, das den Besuchern die Haustür geöffnet hatte. Denise beugte sich nieder und streckte dem kleinen Mädchen die Hand hin.

      »Grüß dich, Manuela. Deine Mutti hat erlaubt, dass du mit uns nach Sophienlust fährst, weil sie zu deinem Vater fahren muss.«

      »Papa ist krank«, antwortete Manuela leise. »Deshalb weint Mutti.«

      »Wir wollen hoffen, dass er bald gesund wird, Manuela. Hast du Lust, mit uns zu fahren?«

      »Wohin?«, fragte Manuela und sah dabei ziemlich ängstlich aus.

      »Zu vielen Kindern, mit denen du spielen kannst.«

      »Das möchte ich schon«, überlegte das Kind halblaut. »Aber ich werde mich nach Papa und Mutti sehnen.«

      »Du möchtest doch sicher deiner lieben Mutti helfen, damit sie zu deinem Papa reisen kann, nicht wahr?«

      »Ja, das schon, aber …«

      Sascha hob die kleine Person hoch in die Luft. »Du brauchst dich nicht zu fürchten, Manuela«, versicherte er. »Es ist wunderschön in Sophienlust. Wenn du willst, darfst du auf unseren kleinen Pferden reiten oder bei Magda in der Küche die Kuchenschüssel ausschlecken.«

      Das Kind lächelte. »Kuchenteig mag ich. Ich glaube, ich komme mit.«

      Maria Cortez überschüttete Manuela sofort mit einer Flut von Ermahnungen, dass sie immer brav sein müsse. Doch Denise legte ihr die Hand auf die Schulter.

      »Halt, halt«, bat sie. »Da bekommt Manuela ja Angst. Wichtig ist, dass sie gern bei uns ist. Mein Sohn Nick nennt Sophienlust das Haus der glücklichen Kinder.«

      »Das klingt wie ein Märchen«, ­flüsterte Maria Cortez und kämpfte schon wieder mit den Tränen. »Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll.«

      »Sie brauchen mir nicht zu danken, Frau Cortez. Sophienlust ist ein Vermächtnis einer alten Dame, die längst unter der Erde schlummert. Wenn wir Manuela jetzt für eine Weile aufnehmen, tun wir nichts als unsere Pflicht.«

      »Wie leicht Sie es mir machen, Frau von Schoenecker.«

      Denise nahm eine Visitenkarte aus ihrer Tasche und reichte sie der Spanierin. »Hier ist unsere Adresse, damit Sie wissen, wie Sie Ihr Kind erreichen können, Frau Cortez. Ich glaube, damit ist alles geordnet, und wir sollten jetzt abfahren, damit Sie in Ruhe Ihre eigenen Reisevorbereitungen treffen können. Ich wünsche Ihnen eine gute Fahrt und dass es Ihrem Mann bei Ihrer Ankunft schon ein wenig besser gehen möge.«

      Maria umarmte ihr Kind. Manuela ließ sich küssen, drängte sich dann jedoch an Denise, weil die weinende Mutter ihr etwas unheimlich war.

      »Du kannst mich Tante


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