Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia Vandenberg

Sophienlust Paket 3 – Familienroman - Patricia Vandenberg


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hat?«

      »So ist es, mein Junge. Kommst du mit nach Schoeneich?«

      »Heute esse ich lieber hier, Mutti, Weil doch Jeremy fortfährt. Es ist doch immer dasselbe. Sobald man sich an ein Kind gewöhnt hat, verlässt es uns wieder.«

      »So ist es nun mal in einem Kinderheim. Aber wir sollten froh sein, wenn ein Kind wieder ein glückliches Heim findet.«

      »Ja, Mutti, das ist wahr«, gab Nick zu.

      Denise verabschiedete sich herzlich von Renate und Jeremy. Renate versprach ihr, so bald wie möglich etwas von sich hören zu lassen und auf alle Fälle gleich nach ihrer Ankunft in Wales zu telegrafieren.

      *

      Jeremy fühlte sich als Held des Tages. Vor Aufregung brachte er beim Mittagessen kaum einen Bissen herunter. Dass er in der kommenden Nacht bei Tante Renate in ihrer Wohnung in Ulm schlafen würde, erzählte er jedem stolz.

      Und dann war es soweit. Jeremy stieg in Renates Wagen ein.

      Ganz Sophienlust hatte sich auf der Freitreppe versammelt, um dem abfahrenden Wagen nachzuwinken. Jeremy kniete sich auf den hinteren Sitz und blickte zum Heckfenster hinaus. Erst als nichts mehr von Sophienlust zu sehen war, setzte er sich wieder. Seinen Teddy hielt er ganz fest in den Armen.

      Während der ganzen Fahrt unterhielt sich Jeremy mit Renate. »Nicht wahr, du bleibst dann für immer bei uns?«, fragte er mehrmals. »Unsere Mummy ist doch tot.«

      Renate verstand es, ihm darauf keine direkte Antwort zu geben. Jeremy gab sich auch zufrieden und wurde still, als sie endlich Ulm erreichten. Neugierig sah er sich nach allen Seiten um, als sie durch die Straßen fuhren.

      »Wir sind da!«, rief Renate und hielt an. »Bleib nur sitzen, ich fahre gleich in die Tiefgarage.«

      Jeremy war fasziniert, als das Tor allein aufging und Renate in einen tiefen Keller hinunterfuhr. »Was machen wir denn hier?«, fragte er verwundert. »Oh, da stehen aber viele Autos.«

      »Das ist eine Tiefgarage, Jeremy«, erklärte Renate lächelnd. »In allen modernen Hochhäusern gibt es solche Garagen.«

      »Wir haben daheim eine Garage aus Wellblech.«

      Jeremy stieg mit leuchtenden Augen aus und ging neben Renate zum Fahrstuhl. Diese stellte zuerst die Koffer in den Lift und schob dann Jeremy hinein.

      Jeremy war so müde, dass er schon beim Abendbrot einschlief. Renate richtete ihm ein Bett auf der Couch. Liebevoll deckte sie ihn dann später zu und sagte: »Schlaf gut, mein Liebling. Morgen Abend liegst du schon daheim in deinem Bettchen.«

      Hoffentlich stimmte das auch, dachte sie, als sie das Geschirr abräumte. Leise schloss sie die Tür des Wohnzimmers und hob dann den Telefonhörer in der kleinen Diele ab, um im Krankenhaus anzurufen. Sie nahm an, dass der Oberarzt noch dasein würde.

      Dr. Aigner war noch da. Als sie ihm sagte, sie müsse dringend mit ihm sprechen, könne aber nicht aus der Wohnung fort, versprach er, sofort zu ihr zu kommen.

      Danach suchte Renate die Nummer des Stuttgarter Flughafens heraus und buchte für den nächsten Vormittag zwei Plätze nach London. Dann bettete sie den tief schlafenden Jeremy in ihr Schlafzimmer um und räumte noch schnell ein wenig im Wohnzimmer auf.

      Lange brauchte Renate nicht auf Dr. Jürgen Aigner zu warten.

      »Wo brennt’s?«, fragte der Oberarzt fröhlich beim Eintreten. »Ich habe statt Blumen eine gute Flasche Wein mitgebracht.«

      »Vielen Dank.« Renate war momentan unsicher, ob ihr impulsiver Anruf gut gewesen war. Vielleicht machte er sich wieder falsche Hoffnungen? »Bitte, kommen Sie doch weiter«, bat sie verlegen. »Ich habe nämlich Besuch. Von einem kleinen Jungen. Um offen zu sein, von Jeremy Bennet. Ich möchte ihn morgen nach England bringen.«

      »Ach so.« Das Leuchten in den Augen des Besuchers erlosch. »Dann wollen Sie mich um Urlaub bitten?«

      »Nicht nur das.« Renate wusste, dass sie ihre Karten nun offen auf den Tisch legen musste. »Bitte, setzen Sie sich doch.« Sie deutete auf einen der Sessel. »Ich hole Gläser.«

      Jürgen Aigner begrub eine stille Hoffnung. Aber er blieb gleichbleibend freundlich, als Renate ihm von den jüngsten Ereignissen berichtete.

      »Ich habe das Gefühl, dass Sie uns für immer verlassen werden«, erwiderte er nach einer Weile. »Das tut mir unendlich leid, Renate.«

      »Aber wir bleiben doch Freunde, nicht wahr?«, fragte sie bittend.

      »Ja, Renate, das bleiben wir. Ich werde immer für Sie dasein, wenn Sie Hilfe brauchen.«

      Es wurde doch noch ein netter Abend. Besonders, als Jeremy verschlafen aus dem Schlafzimmer kam und sich verwundert umblickte.

      »Tante Renate, ich bin aufgewacht«, sagte er und rieb sich schlaftrunken die Augen. Dann sah er Dr. Jürgen Aigner neugierig an. »Bist du Tante Renates Mann?«, fragte er enttäuscht.

      »Leider nicht, kleiner Mann.« Jürgen Aigner suchte seine ganzen englischen Kenntnisse zusammen.

      »Dann ist es ja gut.« Jeremy schmiegte sich an Renate. »Weil sie doch für immer bei uns bleiben soll. Aber du darfst uns auch besuchen, weil du ein netter Onkel bist«, erlaubte er großzügig.

      »Das ist ja fein.« Jürgen musste lachen.

      »Jeremy, aber nun musst du schnell wieder ins Bett zurück.«

      »Ist es dein Bett, Tante Renate?«

      »Es ist mein Bett, Jeremy.«

      »Darf ich dann heute Nacht bei dir im Bett schlafen, weil es doch so groß ist? Bei Mummy habe ich auch schon geschlafen.«

      »Das darfst du.« Renate stand auf und trug den Jungen in ihr kleines Schlafzimmer zurück.

      Jeremy schlief sofort wieder ein. Leise zog Renate die Tür wieder zu.

      Jürgen sah sie nachdenklich an. »Nun bin ich ganz sicher, dass Sie uns für immer verlassen, Renate. Der Junge vergöttert Sie geradezu.«

      »Ich bin glücklich darüber, Jürgen.« Sie sah ihm in die Augen. »Und ich wünsche mir auch, dass ich bei dem Kind bleiben darf.«

      »Das wünsche ich Ihnen auch.« Er blickte auf seine Armbanduhr. »Ich gehe jetzt, damit Sie endlich ins Bett kommen. Denn morgen liegt ein anstrengender Tag vor Ihnen.«

      »Ich weiß. Und noch einmal vielen Dank, Jürgen.«

      »Renate, darf ich Ihnen einen Abschiedskuss geben?«

      »Gern, Jürgen.« Sie legte den Arm um seinen Nacken und küsste ihn zuerst. Es war ein scheuer, fast kindlicher Kuss, der ihn zutiefst rührte. Kleine Renate, dachte er mit stiller Wehmut.

      Renate wartete an der Wohnungstür, bis der Lift nach unten fuhr. Dann wandte sie sich mit einem glücklichen Lächeln um. Sie räumte noch die Gläser und die leere Flasche weg, dann ging sie zu Bett.

      Jeremy seufzte leise auf und drehte sich zu ihr um. »Ich habe dich lieb«, flüsterte er im Halbschlaf.

      »Ich dich auch, mein Liebling.«

      Renate schlief sofort ein. Am nächsten Morgen wurde sie von Jeremy geweckt. Er rief: »Aufstehen, Tante Renate. Die Sonne scheint schon. Wir dürfen doch nicht das Flugzeug versäumen.«

      »Jeremy, es ist doch erst sechs«, seufzte Renate nach einem Blick auf den Wecker auf ihrem Nachttisch.

      »Aber ich mag nicht mehr schlafen.«

      »Also gut, dann stehen wir auf.«

      Renate bereitete ein gutes Frühstück zu. Dann überlegte sie, was sie auf die Reise mitnehmen sollte. Sie entschloss sich, nur wenig mitzunehmen. Sollte sie tatsächlich für längere Zeit in England bleiben, müsste sie auf alle Fälle noch einmal nach Ulm zurückkehren.

      Nachdem der Koffer gepackt war, fuhr Renate mit Jeremy zu ihrer Bank, um Geld


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