OPERATION ARKTIS. William Meikle
anders als die armen Tiere hier.«
Nolans Augen waren immer noch weit aufgerissen, als er sich umsah.
»Was könnte so etwas angerichtet haben, Cap? Ein Eisbär?«
»Vielleicht«, erwiderte Banks, »wenn es drei oder vier waren. Oder, wenn sie näher am Wasser gewesen wären, hätte eine Gruppe Orcas so viel Schaden anrichten können, vermute ich.«
Aber es sah nicht wirklich so aus, wie ein Ort, an dem Raubtiere gefressen hatten, fand Banks. Die Kadaver wirkten, als hätte man sie gehäutet und geschlachtet, statt zerrissen. Vielleicht waren es Bären gewesen, aber das mussten wohl die ordentlichsten Bären gewesen sein, die er jemals im Leben gesehen hatte.
Er schob den Gedanken beiseite, denn was auch immer die Ursache dieses Gemetzels war, es war nicht der Grund, wieso sie hier waren – er konnte sich nicht vorstellen, dass es irgendetwas mit ihrer Mission zu tun haben sollte. Hynd und Mac kamen jetzt von den entgegengesetzten Enden des kleinen, felsigen Strandes zurück.
»Irgendwas gefunden?«, fragte Banks.
Hynd schüttelte den Kopf.
»Was immer das getan hat, es war nur an diesem Teil des Strandes aktiv. Es muss durch das Wasser abgehauen sein, denn es gibt keine Spuren, kein Blut oder eine Fährte in Richtung Süden.«
»Auf der anderen Seite dasselbe«, sagte Mac und wiederholte seine frühere Beobachtung. »Was zur Hölle war das, Sarge?«
Hynd sagte trocken: »Ich weiß nur eines, Mac. Es waren auf jeden Fall nicht die beschissenen Russen, denn es gibt keine leeren Wodkaflaschen hier.«
Banks sah, dass die Männer beunruhigt waren wegen des Blutbads um sie herum. Zwischen blutigen Überresten zu stehen, hatte noch niemandem gutgetan, ob es nun tierische oder die von Menschen waren. Er musste den Trupp schnellstens wieder in Bewegung setzen, bevor sie alle die Nerven verloren.
»Fokus, Männer«, sagte er deshalb. »Wir sind wegen eines Bootes voller russischer Spione hier. Wenn ihr einen Eisbären seht, habt ihr meine Erlaubnis, ihm die Eier wegzuschießen, aber wir müssen los, und zwar sofort. Nolan, bist du bereit, mein Junge?«
Der Ire streckte den Daumen in die Höhe.
»Okay, dann mal los. Mac, du bist immer noch an der Spitze. Sarge, du bildest die Nachhut. Wenn wir da runtergekommen sind, wo wir sollten, dann befindet sich eine Inuit-Siedlung zwei Meilen in Richtung Norden. Das wird unser erster Zwischenstopp.«
Bei dem kurzen Briefing, das sie auf der Basis gehabt hatten, bevor sie gegangen waren, hatte der Colonel Banks erzählt, dass sie eine undeutliche Nachricht von einer abgelegenen Siedlung auf Baffin Island erhalten hatten, die etwas von einem russischen Boot in Schwierigkeiten in der Bucht nördlich von hier berichtet hatte.
»Die Diplomaten waren den ganzen Morgen am Telefon. Wir haben darum gebeten, es uns als Erste ansehen zu dürfen, was mit ein paar Versprechen verbunden war, die den Deal versüßen sollten, damit die Politiker glücklich sind. Ihr habt also die Erlaubnis, einen Blick zu riskieren.
Wir haben allerdings keine Ahnung, wie viele Russkies an Bord sind oder wie schwer sie bewaffnet sind, also solltet ihr euch lieber anschleichen. Die Air Force in Canuck ist euer Back-up«, hatte ihm sein Vorgesetzter erklärt. »Ihr habt vierundzwanzig Stunden nach dem Absprung, um einen Bericht hierherzusenden; wenn ihr das nicht schafft, dann schicken die schweres Gerät.«
Es war keine besonders ungewöhnliche Mission. Banks und das Team hatten schon ähnliche Jobs mit kürzeren Deadlines unter schlechteren Bedingungen erledigt, aber die zerlegten und blutigen Walrossüberreste hatten ihm Schauer über Rücken gejagt. Sein normalerweise verlässlicher Instinkt sagte ihm mittlerweile, dass die Dinge vielleicht nicht so einfach lagen, wie der Colonel angedeutet hatte, oder er selbst gehofft hatte.
Die Männer dachten offenbar so ziemlich dasselbe. Sie redeten die ganze Zeit leise vor sich hin, größtenteils über die blutige Schweinerei, die sie am Strand hinter sich gelassen hatten. Nolan berichtete ständig über die Szenerie, in der er gelandet war.
»Ich dachte, ich sei aufgeschlagen, gestorben und in der Hölle gelandet«, sagte er, nachdem er zum vierten Mal in ebenso vielen Minuten seine Landung beschrieben hatte. »Es war wie ein beschissener Horrorfilm.«
»Hör auf mit dem Scheiß, du Mädchen«, entgegnete McCally entnervt. »Ich hab schon an einem Samstagabend in Inverness Schlimmeres gesehen.«
»Jo«, erwiderte Nolan todernst, »deine Mutter hat schon immer eine Schweinerei beim Essen gemacht.«
Briggs, McCally und Nolan lachten so laut, dass es weithin in der kalten Nacht zu hören war, was ihnen einen bösen Blick vom Sarge eintrug.
»Mal ein bisschen leiser, Jungs«, sagte Hynd von hinten. »Wenn der Captain recht hat, dann werden wir bald auf die Siedlung stoßen.«
Das war genug, um alle verstummen zu lassen, und sie gingen die nächste halbe Meile schweigend weiter. Das Terrain machte es leicht und der harte Schnee wurde nur gelegentlich von ein paar eisigen Felsen durchbrochen, um die sie einfach herumgehen konnten, also kamen sie schnell voran. Banks ließ die anderen anhalten, als Mac aus zehn Metern Entfernung signalisierte: Ärger voraus.
Banks ließ Nolan, McCally und Briggs hinter sich, während Sergeant Hynd und er schnell zu Macs Position aufschlossen und sich flach auf einen eiskalten Felsvorsprung legten. Sie ignorierten die Kälte und betrachteten aufmerksam den Anblick unter ihnen.
Eine Inuit-Siedlung stand um eine geschützte Bucht herum am Fuße des Abhangs vor ihnen – oder zumindest, das, was von der Siedlung noch übrig war. Das Dorf hatte aus etwa zwanzig entlang der Küste gebauten Gebäuden bestanden. Sechs davon waren nur noch wenig mehr als zerfetzte und zertrümmerte Holzrahmen und viele andere zeigten Zeichen eines Angriffs. Mehrere Flecken, die in den Nachtsichtbrillen schwarz aussahen, aber offensichtlich Blut waren, sah man auf dem Pfad, der zwischen den Gebäuden und dem Wasser entlang verlief. Zwei kleine Fischerboote waren in dem winzigen Hafen vertäut, eines davon hatte schwere Schlagseite und ein Loch auf der Backbordseite, das andere war beinahe komplett gesunken, nur das Steuerhaus ragte noch über das Wasser. Draußen in der Bucht, ein paar Hundert Meter vor der Küste, lag ein größeres Schiff vor Anker, doch es war zu dunkel, um feststellen zu können, woher es stammte und es waren auch keine Lichter an Bord zu sehen.
»Unsere russischen Freunde?«, fragte Hynd mit einem Flüstern.
»Ich nehme es an«, erwiderte Banks.
Er zoomte mit seinem Fernglas auf Maximum und versuchte auf diese Weise mehr Details des Schiffs zu erkennen, aber es war zu weit weg. Er wandte seine Aufmerksamkeit nun wieder dem Hafen zu und suchte die gesamte Länge der Siedlung ab. Es gab keine Spuren irgendwelcher Leichen.
Aber da ist jede Menge Blut.
Als Mac sprach, hatten weder er noch Hynd eine Antwort für ihn.
»Was zur Hölle ist hier los, Sarge?«
Sie ließen sich Zeit beim Abstieg zum Dorf und achteten dabei auf jedes Geräusch und jedes Anzeichen für eine Attacke. Sie passten auch auf, dass sie nicht selbst als Schemen vor dem Nachthimmel zu sehen waren. Aber es gab keinen Angriff. In der Siedlung unter ihnen bewegte sich nichts, abgesehen von kleinen Wellen, die auf den Kiesstrand rollten. Das einzige Geräusch war das Knirschen ihrer Füße auf dem Schnee und Macs geflüsterte Flüche, als er ausrutschte und beinahe hinfiel.
Banks behielt die Siedlung im Auge, aber je näher sie kamen, desto deutlicher wurde es, dass die Menschen hier Opfer einer katastrophalen Attacke geworden waren, genau wie die Walrosse, die sie gefunden hatten.
Ein ausgetretener Pfad aus kleinen Steinen und Kies brachte sie vom Gipfel des Hanges in weit ausladenden Schlangenlinien den ganzen Weg hinunter bis zum Ufer am südlichen Ende der Bucht.
Das Haus an diesem Ende der Stadt hatte weniger Schaden genommen als einige der anderen, aber als sie vom Hang auf den Weg am Ufer entlang traten, sahen sie, dass die Vordertür des Hauses eingeschlagen worden war. Es sah aus, als wäre ein