OPERATION ARKTIS. William Meikle

OPERATION ARKTIS - William  Meikle


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Entweder waren die Ortsansässigen nicht darauf gekommen, hier Zuflucht zu suchen, oder – und das war wahrscheinlicher angesichts dessen, was sie bisher gesehen hatten – den Leuten war keine Zeit geblieben. Auf jeden Fall würden sie in einem Postamt wohl eher kein Boot finden.

      Sie umrundeten das Gebäude dennoch und Mac übernahm dieses Mal die Führung. Auf einem kleinen, gepflasterten Platz hinter dem Haus waren drei Schneemobile ordentlich in einer Reihe geparkt. Er machte sich eine geistige Notiz, denn die Fahrzeuge könnten nützlich sein, wenn sie zu irgendeinem Zeitpunkt über Land fliehen mussten … aber wie Banks vermutet hatte, gab es keine Anzeichen eines Bootes.

      Banks sah die anderen drei Männer in südlicher Richtung im Hinterhof eines der Häuser. Sie schienen auch nicht viel Glück zu haben. Er führte Nolan und Mac zur Vorderseite des Gebäudes und sie gingen gemeinsam weiter nach Norden. Die Zeit verflog; wenn sie nicht bald etwas fanden, womit man zum russischen Boot übersetzen konnte, dann musste er möglicherweise die Mission abbrechen. Es wäre für ihn und sein Team allerdings das erste Mal und ein Schritt, den er nicht bereit war, zu gehen.

      »Legt mal einen Zahn zu, Leute«, sagte er und joggte – rannte fast – zum nächsten Haus an der Küste. Dieses sah vielversprechender aus. Es war ein großes Grundstück, ein Stück vom Wasser entfernt. An einer Seite war eine Doppelgarage, die sich, wenn sie Glück hatten, als Bootsschuppen erweisen könnte. Doch als sie von der Küstenstraße in die kurze Einfahrt einbogen, wurden Banks’ Hoffnungen sofort zunichtegemacht. Eine der Garagentüren war aufgerissen worden und hing zersplittert und schief in den Angeln. Es war tatsächlich ein Boot darin gewesen, ein drei Meter langes Zodiac-Schlauchboot. Genau wie die Boote im Hafen war auch dieses nicht mehr zu gebrauchen. Das Gummi war aufgeschlitzt, zerrissen und zerfetzt worden. Stücke davon lagen auf zwei weiteren Leichen verteilt. Eine Frau und ein Kind, das sie offensichtlich hatte beschützen wollen. Der Rücken der Frau war aufgeschlitzt, man konnte sogar das Rückgrat sehen. Das Mädchen unter ihr hatte weniger Verletzungen, aber an ihren Beinen war kein Fleisch mehr zu finden und die Knochen sahen in Banks’ Nachtsichtgerät irgendwie zu weiß aus. Nolan hinter ihm würgte. Banks drehte sich um und wollte ihm gerade sagen, er solle das draußen machen, aber dazu kam er nicht.

      Sie hörten es alle gleichzeitig, ein kratzendes, schwaches Geräusch aus der anderen Ecke hinter dem Schlauchboot. Mac und Nolan bewegten sich darauf zu, ohne dass man es ihnen sagen musste. Mac umrundete vorsichtig das Boot, während Nolan sich Banks anschloss, um direkt auf die Geräuschquelle zuzugehen.

      Das Erste, was Banks sah, war ein Mann, der auf dem Boden lag und dessen Bein wie in Todeszuckungen zappelte.

       Wir haben einen Überlebenden!

      Dann machte er einen Schritt nach vorne und sah, was an der Leiche fraß und dafür sorgte, dass das Bein zuckte.

      Drei davon … zuerst dachte Banks, es seien … ein surrealer Gedanke … Gürteltiere, denn sie hatten denselben gepanzerten Look, aber diese Biester waren flacher, ovaler und wirkten eher wie Krustentiere als Säugetiere. Sie hatten breite, platte Schwänze, die auf den Garagenboden klopften, während sie fraßen. Je länger er sie ansah, desto mehr erinnerten sie ihn an die Kellerasseln, die ihr Haus heimgesucht hatten, als er noch ein Kind gewesen war. Aber diese hier würde er nicht zwischen Daumen und Zeigefinger zerquetschen können. Die Biester, die sich gerade an den Innereien des toten Mannes labten, waren über einen halben Meter lang. Sie bewegten sich sehr effizient, die klauenartigen Haken an den Füßen fetzten das Fleisch in Streifen, führten es dann an das gierige Maul, das erneut daran riss, bevor es kaute. Dabei machten sie Geräusche, die ekelhaft danach klangen, als würden sie ihr Mahl genießen.

      Banks sah, wie Mac jetzt mit erhobener Waffe auf der anderen Seite der Leiche ankam. Er bewegte den Zeigefinger langsam hin und her – nicht schießen – denn er wollte nicht, dass man ihre Position bestimmen konnte. Aber Nolan, der neben Banks war, sah das Signal entweder nicht oder er war zu gefangen in seinem Ekel, um zu gehorchen. Auf jeden Fall hob er die Waffe und jagte schnell hintereinander drei Kugeln in den Körper des Monsters, das ihm am nächsten war. Die Schüsse waren in der Garage nahezu ohrenbetäubend, und als wäre es ein Signal gewesen, drehten sich nun alle drei Kreaturen zu ihnen um, auch diejenige, die Nolan eindeutig getroffen hatte, und griffen den Iren gleichzeitig an.

      Nolan tänzelte nach hinten, die Waffe immer noch erhoben, aber die Dinger waren einfach zu schnell für ihn und erreichten seine Knöchel. Sie klettern über seine Beine, bevor er sich überhaupt bewegen konnte. Er schrie, als Fetzen aus der Hose und dann Haut von den Schienbeinen gerissen wurde.

      »Zurück, Cap«, brüllte Mac und machte einen Schritt nach vorne. Er trat eines der Biester gegen die Wand, wo Banks es erledigen konnte. Nicht einfach, denn es brauchte drei Salven – neun Kugeln – bevor es endlich stilllag. Er drehte sich um und sah, wie Nolan versuchte, eines der verbliebenen zwei Wesen von seinem Gesicht fernzuhalten, während die Beine des Viehs an seiner schusssicheren Weste zerrten, die sich unter dem Parka befand, und versuchten an die weichen Teile heranzukommen.

      Mac erledigte das zweite mit drei Salven aus seiner eigenen Waffe, dann waren Banks und er endlich an Nolans Seite und versuchten das dritte von dem Iren wegzuzerren. Doch das Biest wehrte sich wie wahnsinnig, die Beine schlitzten und rissen. Nolan brüllte in Panik, und Entendaunen und Nylonfetzen segelten um ihn herum zu Boden. Endlich bekamen Banks und Mac es zu fassen, auch wenn Mac dabei einen Schnitt über die Rückseite des Handschuhs einstecken musste.

      »Auf drei in die Ecke da«, schrie Banks und bei drei warfen sie das Biest gemeinsam von sich. Es versuchte sofort wieder an sie heranzukommen, aber bis dahin hatten alle drei Männer ihre Waffen erhoben und waren schussbereit. Die Kreatur zerplatzte im ohrenbetäubenden Lärm des Gewehrfeuers und es blieb nur noch ein Schmierfleck an der Wand und ein Klingeln in Banks Ohren zurück, das eine ganze Weile brauchen würde, um abzuklingen.

      Blut strömte unter den zerrissenen Fetzen von Nolans Hose hervor und der Ire war blass im Gesicht, nahezu aschfahl, doch seine Stimme war kräftig, als er sich auf die Beine kämpfte und sagte: »Ich brauche da vielleicht mal ein bisschen Hilfe, Cap.«

      »Ich hab Verbandsmaterial im Rucksack«, meinte Mac, aber er hatte keine Zeit, es zu suchen, denn von draußen hörte man nun weiteres Schnellfeuer.

      »Ich bin gleich bei euch«, sagte Nolan und alle drei verließen im Laufschritt die Garage.

      Sie kamen jedoch nur bis an die Küstenstraße, als sie die anderen aus südlicher Richtung auf sich zu rennen sahen.

      »Wir brauchen mehr Deckung, Cap, und zwar schnell«, sagte Hynd.

      Banks sah dem Mann über die linke Schulter und verstand sofort, was er damit meinte. Der Strand bewegte sich, als wären die Felsen selbst zum Leben erwacht, als dieselben Biester, die sie getötet hatten, Hunderte davon, hoch- und aus dem Wasser sprangen.

      »Das Postamt«, rief Banks. »Das ist unsere einzige Chance.«

      Sie zogen sich zurück, während der Schwarm schnell näherkam.

      Kapitel 2

      Rika Svetlanova stellte die Büchse mit den Keksen weg und stand still. Sie lauschte, denn sie war sich sicher, dass sie in der Ferne etwas gehört hatte.

       Ein Motor? Hoffentlich war es ein Motor.

      Aber das Geräusch wiederholte sich nicht und sie hatte trotz der zunehmenden Kälte nicht vor, die Sicherheit der Vorratskammer zu verlassen. Sie zog die Jacke enger um sich, dankbar, dass sie ihre Outdoor-Kleidung getragen hatte, als sie hatte wegrennen müssen. Sie war nun schon zwei Tage hier, wenn ihre Armbanduhr richtig ging und sie hatte keine anderen Stimmen gehört und hatte mit niemandem geredet. Ihrem Handy war schon vor Stunden der Saft ausgegangen, auch wenn die Chance gering war, hier unten ein Signal zu empfangen, in der Mitte der vielen Lagen aus Stahl. Doch sie hatte nicht vor, den Raum zu verlassen und nach Gesellschaft zu suchen.

      Denn es war nicht sicher.

       Es war vielleicht nie mehr sicher.

      Das


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