OPERATION ARKTIS. William Meikle

OPERATION ARKTIS - William  Meikle


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festgemacht. Der Antrieb war aus, denn sonst hätte sie das Dröhnen des Motors unter den Füßen gespürt und den Trommelrhythmus der Turbinen. Stattdessen spürte sie nur das sanfte Schaukeln, das sie fast hatte einschlafen lassen.

       Fast.

      Sie hatte ein wenig Licht, also funktionierte eine Reservebatterie irgendwo noch, aber die Glühbirne über ihr war in den letzten Stunden beträchtlich schwächer geworden. Nicht mehr lange und sie würde in vollkommener Finsternis dasitzen.

      Sie war nun schon über achtundvierzig Stunden wach und bereits mehrmals eingenickt, doch sie schreckte immer wieder auf, wenn ihr Kopf auf die Brust sank. Ein kompletter Nachtschlaf musste noch eine ganze Weile warten, und bis sie wieder ruhig durchschlafen konnte, würde es sicher noch länger dauern, denn sie hatte in den letzten Tagen viel zu viel gesehen, um je wieder fest schlafen zu können.

       Vielleicht schlafe ich, wenn ich nach Moskau zurückkehre … mein eigenes Bett, ein gutes Essen und ein paar große Gläser Wodka wären nicht übel.

      Sie lachte bei dem Gedanken daran. Angesichts der Umstände für die Zukunft zu planen, war keine gute Idee. Sie befand sich gerade wenigstens im Hauptvorratsraum des Schiffes, hatte genug zu essen und zu trinken und es kam Luft herein, auch wenn diese manchmal nach Tod stank, konnte man sie atmen. Aber sich aus der Tür zu bewegen konnte für sie schnell den Tod bedeuten und sie wusste nicht, wie lange sie standhaft genug bleiben konnte, um sie nicht zu öffnen.

      Denn irgendwann würde sie hier durchdrehen, wenn sie weiterhin nichts zu tun hatte.

      Wenn ich nicht von hier verschwinden kann, dann kann ich vielleicht wenigstens einen Bericht anfertigen. Der könnte für irgendjemanden in den nächsten Wochen hilfreich sein.

      Sie sah sich das Diktiergerät genauer an und überprüfte, ob die Batterien noch genug Saft hatten, dann begann sie zu reden.

       Ich habe beschlossen, die Geschichte unseres Scheiterns zu erzählen, in der Hoffnung, jemand, der darüber stolpert, macht nicht dieselben Fehler, die wir gemacht haben. Fehler, die uns alle umgebracht haben … oder sogar Schlimmeres.

       Wir sind im späten Frühjahr hier angekommen. Ich weiß, wir sollten überhaupt nicht in kanadischen Gewässern sein, aber es steht zu viel auf dem Spiel, um den Reichtum zu ignorieren, der zum Greifen nahe ist und vom wärmeren Wasser der Arktis gefördert wird. Irgendjemand wird den Reichtum ernten, der hier liegt und der bisher noch unerschlossen ist. Wenn wir es nicht machen, dann tut es ein anderes Land und die Amerikaner sind genauso ignorant, wenn es um diplomatische Nettigkeiten geht, wie wir. Wir haben also den Polarkreis überquert, um es zu versuchen.

       Wir sind mehrere Wochen die Küste auf- und abgefahren und haben seismische Tests durchgeführt, bevor wir uns den besten Ort zum Bohren ausgesucht haben. In der Woche, in der die Bohrausrüstung an Ort und Stelle gebracht und für den Einsatz vorbereitet wurde, war es sehr langweilig und ich habe mehr Wodka getrunken, als ratsam für mich war. Dafür habe ich mit grässlichen Katern und Seekrankheit bezahlt, die mich eine ganze Weile außer Gefecht gesetzt haben. Aber schließlich war alles erledigt und wir konnten endlich bohren.

       Mein Job als leitende Wissenschaftlerin war es, ein Auge auf die Sedimente zu haben, die wir hochgeholt haben und sie auf ihren Wert hin zu überprüfen. Wie sich zeigte, hatte ich mehr zu tun, als mir lieb war. Der Bohrer arbeitete meistens sehr zuverlässig, aber das Sediment, und dann der Fels, durch den wir bohrten, variierte sehr in seiner Porosität und Dichte, also wussten wir von Tag zu Tag nie, wie tief wir kommen würden oder auf was wir dabei genau stoßen würden. Ich verbrachte meine Zeit auf der Bohrinsel in der Nähe des Bohrgestänges und versuchte sicherzustellen, dass alles glattlief. Die Abende verbrachte ich in der Messe mit einer nicht enden wollenden Prozession an Wodkagläsern und einer Marlboro nach der anderen.

       Als mir der Schnaps ausging, ging ich dazu über, mich vom Captain im Schach schlagen zu lassen. Der kleine Mann aus Murmansk war ruhig, hatte aber einen Verstand wie ein stählernes Fangeisen und spielte dementsprechend. Ich zwang ihn ein paar Mal ins Remis, aber weiter kam ich nicht. Wir redeten über wenig, außer das Spiel und das Bohren, aber er war dennoch eine angenehme Gesellschaft. Ich werde ihn vermissen.

       Anfang Mai feierten wir, als wir endlich ein Ölfeld trafen und ich fürchte, ich erlag erneut den Verlockungen des Wodkas. Ich stolperte zu meiner Koje und fiel in ein tiefes Loch. Ich wachte mit furchtbaren Kopfschmerzen auf, was noch durch das laute Klingeln eines Alarms verstärkt wurde und das unablässige Tuten des Nebelhorns, obwohl helles Sonnenlicht durch das Bullauge über meiner Koje in meine Augen stach.

       Ich ging auf das Hauptdeck und stolperte mitten hinein in ein Szenario, das beinahe komisch wirkte, so chaotisch war es.

       Stefan der Koch, stand auf dem Seitendeck und schlug mit einer Bratpfanne auf etwas an seinen Füßen ein, wieder und wieder, bis es nur noch ein Haufen Matsch war, was immer es auch gewesen sein mochte. An anderer Stelle trampelten die Mitglieder der Crew auf dem Boden herum und schrien in einer Art makabrem, schlecht choreografierten Tanz. Erst als ich sah, womit es der Kapitän zu tun hatte, wurde mir klar, dass es hier nichts zum Lachen gab.

       Zuerst sah es aus wie Pfeilschwanzkrebse; sie hatten etwa dieselbe ovale Form wie eine Servierplatte. Aber diese hatten Klauen unter der Schale, Krallen an den Beinen und scharfe Beißwerkzeuge. Lange Antennen peitschten durch die Luft, als würden sie damit schmecken und ein gedrungener, stummeliger, rechteckiger Schwanz ragte nach oben und half ihnen, die Balance zu halten, während sie über das Deck krabbelten. Als einer stehen blieb, den Kopf hob, und schnupperte, konnte ich ihn identifizieren. Ich hatte so etwas schon in Büchern und im Internet gesehen, aber das war mein erstes Zusammentreffen im richtigen Leben mit dieser Spezies. Es war ein Isopode, Bathynomus Giganteus, ein fleischfressender Meeresbodenbewohner.

       Sie waren jetzt allerdings nicht mehr in der Nähe des Meeresbodens. Sie schwärmten über das ganze Deck aus. Der gerade mit den Fühlern geschnuppert hatte, drehte sich auf den, unter dem Panzer verborgenen Beinen um und rannte jetzt direkt auf mich zu. Ich überlegte nicht länger, sondern machte sofort einen Schritt nach vorn und trat hart dagegen, sodass er über das gesamte Seitendeck flog.

       »Ich brauche hier Hilfe«, rief der Captain. Er war momentan am Haupteingang des Deckaufbaus und versuchte ihn zu schließen, während zig Isopoden darauf zu drängten. Drei Maate folgten gemeinsam mit mir dem Befehl und wir taten, was wir konnten, um ihm zur Hilfe zu eilen. Wir traten und stampften und hinterließen dabei Spuren aus Matsch und Schleim.

       Der Mann neben mir bückte sich und versuchte eines der Dinger mit der Hand aufzuheben, doch es griff ihn sofort an und zerfleischte zwei seiner Finger bis auf die Knochen mit seinen groben Beißwerkzeugen. Wir trampelten immer wilder auf ihnen herum, trotzdem drohte die schiere Anzahl dieser Dinger, uns zu überwältigen. Der Lärm der Klauen auf dem Stahlblech des Decks hörte sich an wie zerreißendes Metall und das Getrappel ihrer Beine, während sie herumrasten, war wie Feuer aus einem Sturmgewehr. Überall, wo ich hinschaute, waren noch mehr von ihnen und schließlich entdeckte ich die Quelle. Sie kamen den Bohrschacht hoch und über die Landungsstege der Bohrstation. Wie eine Welle trafen sie auf das Deck.

       Ich vermutete, dass wir eine Kolonie von ihnen auf dem Meeresboden gestört hatten, genug, um sie neugierig zu machen … oder hungrig. Ich wollte lieber nicht genauer darüber nachdenken.

       Ich trat und stampfte. Hinter mir schrie jetzt einer der Besatzungsmitglieder schmerzerfüllt auf und bückte sich, um nach dem zu schnappen, was seinen Knöchel attackiert hatte. Doch sofort krabbelten drei der Dinger seine Arme hoch und über seinen Körper. Ich sah, wie sein linkes Ohr abgerissen wurde, dann fiel er hin und war sofort in einer wogenden, krabbelnden Masse von Isopoden verschwunden, die sich alle gierig auf ihn stürzten und ihm das Fleisch von den Knochen rissen. Seine Schreie waren furchtbar, dauerten aber zum Glück nicht lange an.

       Wir hatten den Kapitän an der Tür zum Aufbau jetzt beinahe erreicht. Er versuchte immer noch energisch die


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