Amour ... pfuuh!. Polly Adler

Amour ... pfuuh! - Polly Adler


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eine Beziehung zu diesem Typen?«

      »Sie ist nicht verliebt, aber er tut ihr gut. Sie freut sich, wenn er kommt, hat aber gleichzeitig null Wehmut, wenn die Tür wieder ins Schloss fällt.«

      Es ertönt ein von Empörung durchsetztes Klirren, das von den abrupt abgestellten Mokkatässchen herrührt. »Wie bitte?! Seit wann denken Frauen so praktisch und gewinnorientiert?«, ist der Oberspielleiter entsetzt.

      »Gewinnorientiert? Ich nenne das gefühlskalt und herzlos. Wo bleibt die liebe Tradition der emotionalen Selbstaufgabe«, kann der Produktionsmanager sich gar nicht mehr einkriegen, »darin wart ihr Frauen doch so gut.«

      »Burschen, ich war darin nicht nur gut, ich hab’s erfunden«, hätte ich jetzt sagen können. Stattdessen merkte ich an: »Die, für die sich diese totale Hingabe auch nur irgendwie lohnen würde, sind tot, im Rollstuhl oder auf der Kinoleinwand. Und da es der Heldin unter gar keinen Umständen besser gehen darf als mir selbst, muss sie sich mit den Sonderangeboten der Liebe arrangieren.«

      An diesem Abend fiel das gemeinsame Mahl aus und die Herren trotteten unisono ins Kino. Ihre Wahl fiel auf »Rocky«, denn sie wollten todsicher gehen, dass ich nicht mitkomme.

      Testosteron-Lauser, vermaledeite!

      Die Botox-Defloration

      »Wissen Sie«, sagte ich dem behandelnden Arzt, »ich fühle mich jetzt eben wie ein katholischer Familienvater in einem Pornoshop …« Er schickte mir stumme Fragezeichen. »Nun ja, Verrat am Feminismus, der Eintritt in eine Schlacht, die ohnehin nicht zu gewinnen ist …«

      Er kapierte langsam und leierte dann müden Blickes die Risiken der Transaktion runter. Im schlimmsten Fall würde sie keine Wirkung zeigen. Damit konnte ich mich jetzt nicht belasten.

      »Hol’s der Teufel«, schrie ich jetzt, »los, los, entjungfern Sie mich …« Dann schoss er das Schlangengift in jenen Graben auf meiner Stirn, der den Fachterminus »Zornesfalte« trägt. Meine Seele machte autsch. In meinem Tagebuch notierte ich: »Botox-Defloration … man gönnt sich ja sonst nichts.«

      Wenige Tage später erzählte ich meiner Tochter, dass unsere Rosa-Prinzen-Combo, so das Kürzel für unsere schwulen Sportskameraden, das Madonna-Konzert in Prag besucht hatte.

      »Ist das nicht toll, Schatzi?«

      Das Kind setzte jenen Gesichtsausdruck auf, den die Queen bei der Camilla-Hochzeit bemüht hatte (angewiderte Apathie), und sagte: »Eine Fünfzigjährige, die sich affig gestylt auf ein Fliesenkreuz stellt und noch dazu nicht singen kann, ur-ur-urpeinlich!«

      »Aber sie sieht doch knorke aus …«

      »Botox, alles Botox«, konstatierte das Kind, »außerdem ist es superpeinlich, wenn Fünfzigjährige sich so krampfhaft bemühen, sexy zu sein …«

      »Ich werde auch in … mhmm … Jährchen 50«, flüsterte ich jetzt.

      »Ja, aber du bist meine Mutter und du bemühst dich auch nicht sexy zu sein.«

      Immer die gleiche öde Geschichte: Das Leben, das man einst unter Schmerzen in diese Welt geschossen hat, pisst einem irgendwann auf den Mittelscheitel. Die Pointe der Geschichte: Ich gehörte zu dem geringen Prozentsatz der Botox-resistenten Weltbevölkerung. Die Zornesfurche auf meiner Stirn beharrte auf ihre Existenz. So beschloss ich, dass das Leben im Gesicht eine Form von Würdeprädikat ist.

      Was blieb mir denn auch viel anderes übrig?

      Fencheltee für alle Verräter

      »Exorzistische Exerzitien«, stand auf der Einladung zu lesen, »mitzubringen sind ein Leintuch, getrockneter Salbei und viel positive Energie.«

      Die Veranstalterin des Eso-Kränzchens war Z’s Nachbarin, eine durchaus dem Gedanken der Aufklärung verpflichtete toughe Tante, der man diesen keltischen Firlefanz nicht zugetraut hätte. Meine Neugierde auf diese Art von Zooveranstaltung besiegte jedoch den Widerwillen gegen das Genre. Als Z und ich den Dachboden der Nachbarin betraten, waren die Gästinnen bereits mitten in ihrer Exorzismus-Aerobic.

      Die mit Sehschlitzen versehenen Leintücher hatten sie gleich Ku-Klux-Klan-Mitgliedern über den Kopf gezogen, aus den Boxen dröhnte düstere indianische Trommelmusik, glimmender Salbei verströmte diskussionswürdigen Geruch. Wechselweise verlasen die Kapuzenwesen jetzt Botschaften wie »Hinweg, du böser Geist, der Betrug und Verrat in dieses Heim gebracht hat« oder »Komm, Göttin der Lust und schütte dein Füllhorn über der Reinigungssuchenden aus«.

      Die Reinigungssuchende war inzwischen hellauf damit beschäftigt, Fotografien, die sie mit einem in esoterischen Büßerkitteln gekleideten Herren zeigten, in den flackernden Kamin zu schleudern.

      »ET will nach Hause«, flüsterte ich Z zu, »das ist mir zu steil hier, ganz abgesehen von dem politisch schwer unkorrekten Dresscode.« »Ich find’s kreischend komisch«, antwortete Z, »der Typ, den wir hier ausräuchern, war ihr Bioenergetiker. Gemeinsames Nirwana über Wochen. Dann hat er dem Chi ihrer besten Freundin den Vorzug gegeben …«

      In diesem Moment klatschte die Reinigungssuchende in die Hände und brüllte: »Runter mit den Tüchern und rein ins Vergnügen!« Jetzt wurden Champagner und Teufelsroller aufgetragen.

      Das Ende der exorzistischen Exerzitien kam meinem Konzept einer Erlösungsphantasie ziemlich nah. »Lebenslänglicher Fencheltee für alle Verräter« lautete der Trinkspruch des Abends.

      Pfade weiblicher Verschlagenheit

      »Uns trennt die gemeinsame Sprache«, begründete Karl Kraus das vertrackte Verhältnis zwischen uns Ösis und den Piefkes. Aber noch viel besser lässt sich das Zitat auf Buben und Mädchen anwenden.

      »Warum hab’ ich es nur gesagt?«, winselt der Redaktionsstuben-Kollege in meinem Büro.

      »Was gesagt?«

      »Sie hat mich gefragt, wie ihr die Hose steht. Und ich hab’ wahrheitsgemäß geantwortet: ›Die macht irgendwie keinen optimalen Hintern. Mehr hab’ ich nicht gebraucht‹ … ›Du findest also, dass ich einen lausigen Hintern habe‹, hat sie gebrüllt.«

      Während Frauen oft um ihr Leben reden, um ja nichts zu sagen, erschüttert uns beim Mann oft der eklatante Mangel an Diplomatie, auch Ehrlichkeit genannt. Ich finde diese Haltung zunehmend so erfrischend wie verlockend.

      »Austern, Champagner, ich lad’ dich ein«, ließ mich ein Mann unlängst wissen, den ich rundum unsexy fand. Er hatte unter anderem einen – in seinem Mustermix an ein bulgarisches Testbild gemahnenden – Pullover, zwei Ex-Frauen, deren Gemeinheiten er ständig bemurmelt wissen wollte, und prächtig wucherndes Nasenhaar. Dass sich dieser Mann bei mir mehr vorstellen konnte, als ich mir jemals vorstellen wollte, hatte ich geschnallt. Im Zuge der neuen Ehrlichkeit antwortete ich also: »Mit uns wird’s in jedem Fall nix … also nein.«

      »Völlig egal«, antwortete er, »nicht mehr als ein Freundschaftsessen, versprochen.« Und ich aß Austern bis knapp vor der Eiweißkolik. Als ich mir hart nach Mitternacht ein Taxi rufen ließ, reagierte er pikiert: »Jetzt schon? Ich dachte, wir gehen noch wohin …« Ich schüttelte den Kopf. Er: »Aber meine Austern waren dir gut genug …« Potzblitz! Da schlug jetzt die Frau im Mann durch.

      Mir schwante Übles: Wenn Frauen sich in Zukunft die schnörkelfreie Direktheit der Männer klauen und Männer wiederum auf den Pfaden weiblicher Verschlagenheit wandeln, ist wieder kein Happy End in Sicht.

      Kein Alkohol ist schon wieder keine Lösung

      Das Leben, so ganz ohne Alkohol, ist unter uns auch keine Dauerlösung. Und nirgends ein Rettungsring, wenn man in einem Ozean von Brennnesseltee ersäuft. Und mit Menschen Diätstrategien und Wellness-Rackereien


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