Dr. Daniel Staffel 5 – Arztroman. Marie Francoise

Dr. Daniel Staffel 5 – Arztroman - Marie Francoise


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Heidenrath war erstaunt, aber auch sichtlich erfreut, als sie aus der Narkose erwachte und in Franz Baumgartners Gesicht blickte.

      »Franz«, murmelte sie müde, doch ein Lächeln schlich sich dabei auf ihre verhärmten Züge.

      »Nicht sprechen, Gunilla«, entgegnete er sanft. »Dazu bist du noch viel zu schwach. Du hast viel Blut verloren.«

      Gunilla nickte, doch unter den Nachwirkungen der Narkose schlief sie gleich wieder ein. Als sie das nächste Mal erwachte, war Franz noch immer bei ihr und hielt ihre Hand.

      »Hast du denn so viel Zeit für mich?« fragte sie mit leiser Stimme.

      Franz nickte. »Und wenn ich sie nicht hätte, dann würde ich sie mir eben nehmen.« Zärtlich streichelte er ihr Gesicht. »Du bist verheiratet und hast fünf Kinder, deshalb solltest du für mich eigentlich tabu sein, aber da es sich bei deinem Mann um Helmut handelt, bestehen zumindest in meinen Augen andere Voraussetzungen. Er ist ein Schuft. Und nur aus diesem Grund will ich dir sagen, daß…« Er senkte einen Moment den Kopf, dann sah er Gunilla wieder an. »Ich habe nie aufgehört, dich zu lieben.«

      Mit einem gequälten Seufzen drehte Gunilla den Kopf zur anderen Seite. »Bitte, Franz, mach mir das Herz nicht so schwer. Ich bin gebunden…«

      »Helmut verdient eine Frau wie dich überhaupt nicht«, fiel Franz ihr ins Wort. »Er ist bereit, dein Leben zu opfern, nur weil er einen Sohn haben will.« Seine Stimme wurde jetzt eindringlich. »Gunilla, ich flehe dich an – laß das nicht geschehen! Laß nicht zu, daß er dir noch eine Schwangerschaft aufzwingt.« Er schwieg einen Moment. »Heute sitze ich an deinem Krankenbett, aber ich will nicht in ein paar Wochen oder Monaten an deinem Grab stehen.«

      »Woher weißt du das alles?«

      Franz wich ihrem Blick aus. »Dr. Daniel macht sich große Sorgen um dich, deshalb hat er mich eingeweiht.«

      Gunilla schwieg betroffen. Sie kannte Dr. Daniel nun schon seit vielen Jahren und wußte, wie genau er es mit der Schweigepflicht hielt. Daß er Franz gegenüber so offen gewesen war, zeigte ihr mehr als alles andere, in welcher Gefahr sie tatsächlich schwebte.

      »Du wärst an dieser Fehlgeburt schon beinahe gestorben«, fuhr Franz fort. »Bitte, Gunilla, tue, was Dr. Daniel dir sagt. Laß dich sterilisieren.«

      »Helmut bringt mich um…«

      »Er bringt dich auf jeden Fall mit einem weiteren Kind um«, unterbrach Franz sie verzweifelt. »Meine Güte, Gunilla, verstehst du denn nicht? Helmut ist es völlig egal, ob du stirbst oder nicht. Er will einen Sohn, und dafür ist er bereit, jeden Preis zu zahlen.«

      Gunilla sah in sein markantes Gesicht und fragte sich nun schon zum wiederholten Male, warum sie sich damals, als sie die Wahl gehabt hatte, für Helmut und nicht für Franz entschieden hatte. Vorhin hatte er gesagt, er würde sie noch immer lieben, und wenn sie ganz ehrlich zu sich selbst war, dann mußte sie sich eingestehen, daß sie für ihn dasselbe fühlte wie er für sie.

      »Ich werde mich sterilisieren lassen«, versprach sie, dann griff sie wie hilfesuchend nach seiner Hand. »Aber ich fürchte, danach wirst du mir beistehen müssen. Helmut wird toben… er wird vor lauter Wut so außer sich sein…« Sie stockte, weil sie nicht aussprechen wollte, wozu sie ihren Mann tatsächlich für fähig hielt.

      »An mir wird er sich die Zähne ausbeißen«, versicherte ihr Franz.

      *

      Obwohl Helmut Heidenrath von Dr. Daniel informiert worden war, daß seine Frau wieder einmal im Krankenhaus lag und seine fünf Kinder hier von der Krankenpflegehelferin Darinka versorgt wurden, hielt er es erst nach drei Tagen für nötig, Gunilla zu besuchen.

      »Mit dir habe ich mir ja eine schöne Niete eingehandelt«, waren seine ersten Worte, als er Gunillas Zimmer betrat. »Meine Güte, wenn sich andere Frauen auch wegen jeder Kleinigkeit tagelang ins Krankenhaus legen würden…«

      »Helmut, ich wäre beinahe gestorben«, brachte Gunilla mühsam hervor, weil sie einfach nicht begreifen konnte, wie kalt ihr Mann in den vergangenen Jahren geworden war. Angefangen hatte es bereits nach Gittis Geburt. Schon damals hatte er ihr nicht verziehen, daß ihr erstes Kind nur ein Mädchen gewesen war, und mit jedem weiteren Mädchen, das sie zur Welt gebracht hatte, war Helmuts Verhalten ihr gegenüber nur noch schlimmer geworden.

      »Ich weiß genau, was dieser Dr. Daniel dir wieder eingeimpft hat«, erklärte Helmut mit drohender Stimme. »Aber ich warne dich, Gunilla – wenn du auch nur versuchen solltest, irgend etwas einzunehmen, was eine Schwangerschaft verhindern könnte, dann wirst du mich von einer anderen Seite kennenlernen.«

      »Eine weitere Schwangerschaft würde mein Tod sein«, entgegnete Gunilla mit bebender Stimme. »Gleichgültig, ob ich eine Fehlgeburt habe oder ob ich ein gesundes Kind zur Welt bringe – ich würde daran sterben. Willst du dann fünf oder womöglich sechs Kinder allein großziehen?«

      In Helmuts Blick lag nichts als eisige Kälte. »Hör zu, Gunilla, wenn du über den Jordan gehst, dann glaubst du doch wohl nicht, daß ich mich mit deinen fünf Gören belasten werde. Wenn du mir einen Jungen schenkst, dann verspreche ich dir, daß ich ihn voller Liebe aufziehen werde – die Mädchen aber wandern in ein Heim. Sollte das sechste Kind wieder ein Mädchen sein…« Er zuckte die Schultern. »Tja, dann werde ich mir wohl eine andere Frau suchen müssen, die mir gibt, was ich will: einen Sohn.«

      Gunilla war so entsetzt über diese schrecklichen Worte, daß sie minutenlang kein Wort hervorbrachte.

      »Du bist verrückt«, brachte sie endlich hervor.

      Helmuts Züge verfinsterten sich. »Wenn wir jetzt zu Hause wären, dann würdest du für diese Bemerkung bestraft werden.« Er beugte sich zu ihr hinunter und sah sie mit seinen kalten, unbarmherzigen Augen an. »Morgen hole ich dich nach Hause, und dann, meine liebe Gunilla, werden wir uns um einen Sohn bemühen, nicht wahr?«

      Er nickte ihr mit einem gefühllosen, ja fast grausamen Lächeln zu, bevor er das Zimmer verließ, wo Gunilla entsetzt und verstört zurückblieb. So fand Dr. Daniel sie, als er unmittelbar nach der Sprechstunde in die Klinik kam.

      »Frau Heidenrath, um Himmels willen, was ist denn passiert?« fragte er erschrocken.

      Da sah Gunilla ihn mit einem Blick an, der einem Hilferuf gleichkam.

      »Herr Doktor, ich will, daß Sie mich auf der Stelle sterilisieren«, verlangte sie.

      Dr. Daniel ahnte, daß etwas Schreckliches vorgefallen sein mußte, und als er es durch behutsames Nachfragen auch herausbrachte, war er schockiert. Wie konnte ein Mensch nur so kalblütig sein wie Helmut Heidenrath?

      »Sie müssen keine Angst haben, Frau Heidenrath«, meinte Dr. Daniel. »Wir werden Sie nach dieser Operation selbstverständlich nicht nach Hause entlassen. Es gibt in der Kreisstadt ein gutes Mütterheim, und ich werde mich sofort darum bemühen, daß Sie dort einen Platz bekommen. Es wäre unverantwortlich, Sie und die Kinder wieder zu Ihrem Mann zu schicken.«

      Doch Gunillas Blick blieb trotz dieser deutlichen Worte hoffnungslos. »Er würde es niemals zulassen, daß ich mich scheiden lasse.«

      Tröstend ergriff Dr. Daniel ihre Hand. »So weit müssen Sie jetzt noch nicht denken, Frau Heidenrath. Ich will lediglich erreichen, daß Sie vorerst in Sicherheit sind. Vielleicht beruhigt sich Ihr Mann ja wieder und sieht ein, daß wir mit einer Sterilisation das einzig Richtige tun. Immerhin hat er Sie einmal geliebt, ich denke nicht, daß ihm seine Kinder gleichgültig sind. Er hat sich einfach in diesen Gedanken verrannt, aber ich bin sicher, daß er wieder zur Besinnung kommen wird, wenn wir ihn dazu zwingen, ein bißchen Abstand zu gewinnen.«

      Gunilla nickte zwar, aber überzeugt war sie offensichtlich nicht.

      »Fürs erste sollten wir uns jetzt mal um die Sterilisation kümmern«, fuhr Dr. Daniel fort. »Ich würde sagen, daß wir den Eingriff auf morgen früh ansetzen.«

      Wieder nickte Gunilla, dann legte sie voller Dankbarkeit eine Hand auf Dr. Daniels Arm. »Ich bin froh, daß es Sie gibt, Herr Doktor. Ohne Sie… ich


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