Dr. Daniel Staffel 5 – Arztroman. Marie Francoise

Dr. Daniel Staffel 5 – Arztroman - Marie Francoise


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muß doch nicht sein, daß Frau Doschek und ihr kleiner Sohn sich angesteckt haben«, meinte Dr. Daniel und gab damit seiner letzten Hoffnung Ausdruck.

      »Nein, aber wenn die Krankheit bei Ihnen ausbricht, dann fürchte ich, daß zumindest das Baby keine Chance hat.« Dr. Metzler bemerkte die Betroffenheit seines Freundes und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Ich versuche über die japanische Klinik, an der ich damals gearbeitet habe, etwas über die Behandlung von Kindern herauszubekommen.« Dann brachte er Dr. Daniel in eines der Zimmer, die speziell für diese Fälle geräumt worden waren. »Bei der Menge an Krankheitsfällen, die uns bevorstehen können, wird es wohl besser sein, die gesamte Chirurgie zur Verfügung zu halten. Die Patienten, die hier liegen, können ebensogut in der Gynäkologie untergebracht werden.« Dann wandte er sich Dr. Daniel zu. »Wenn du Kopfschmerzen bekommen solltest, dann mußt du mich unverzüglich benachrichtigen, Robert.«

      *

      In Steinhausen herrschte Aufruhr. Natürlich hatte man mit Verwunderung bemerkt, daß sämtliche Zufahrtsstraßen hermetisch abgeriegelt worden waren, aber als in den Nachrichten stündlich von einer ansteckenden Krankheit die Rede war, wurden alle nervös.

      »Bei den geringsten Anzeichen von Kopfschmerzen begeben Sie sich bitte unverzüglich ins nächste Krankenhaus.«

      Sowohl im Fernsehen als auch im Radio wurde dieser Satz in regelmäßigen Abständen wiederholt. Natürlich fand auf die Waldsee-Klinik der reinste Ansturm statt, denn plötzlich glaubte jeder, an der lebensgefährlichen Krankheit zu leiden, doch in über neunzig Prozent der Fälle stellten sich die angeblichen oder wirklichen Kopfschmerzen als harmlos heraus. Allerdings füllten sich die Patientenzimmer der Chirurgie dennoch allmählich mit wirklichen Erkrankten.

      Auch aus dem Kreiskrankenhaus und aus etlichen Münchner Kliniken kamen Meldungen über Krankheitsfälle. Dr. Metzler war beinahe mehr am Telefon als bei seinen Patienten, denn schließlich war er der einzige Arzt, der sich mit diesem Asien-Syndrom, wie es nun allgemein genannt wurde, auskannte. Trotzdem schaffte er es, persönlich zu Ines Holbe zu fahren, um auch sie endlich in die Klinik zu holen. Dabei hatte er kaum noch Hoffnung, etwas für sie tun zu können. Diese Befürchtung verstärkte sich noch, als er gewaltsam die verschlossene Tür aufbrechen ließ und die junge Frau wie leblos im Bett liegen sah.

      Ines wurde schnellstens in die Waldsee-Klinik transportiert, und hier nahm Dr. Metzler gleich eine erste Untersuchung vor, die zeigte, daß die Erkrankung bei Ines vor ziemlich genau zehn Tagen ausgebrochen sein mußte.

      »Sie hat bereits Lähmungserscheinungen an Händen und Füßen«, erzählte er Dr. Daniel. »Jetzt bekommt sie zwar Infusionen, aber sehr viel Hoffnung habe ich nicht.«

      Fassungslos schüttelte Dr. Daniel den Kopf. »Meine Güte, warum hat sie die schrecklichen Anfälle nur verschwiegen? Sie mußte doch gespürt haben, daß da etwas nicht in Ordnung war.«

      »Für mich ist das auch unbegreiflich«, stimmte Dr. Metzler zu. »Aber es läßt sich nun nicht mehr ändern.« Er schwieg kurz. »Vorhin kam ein Anruf aus Würzburg. Dort sind ebenfalls schon Krankheitsfälle aufgetreten, aber zumindest bis jetzt wurden alle im Frühstadium entdeckt.«

      »Dank deines raschen Handelns«, fügte Dr. Daniel hinzu, »und deiner ausgezeichneten Kenntnisse.«

      Bescheiden winkte Dr. Metzler ab. »Zufall. Wäre ich nicht etliche Jahre in Japan gewesen, hätte ich von dieser Krankheit ebenfalls keine Ahnung.«

      Dr. Daniel mußte trotz der ernsten Lage lächeln. »Ich wußte ja schon immer, daß die Waldsee-Klinik den besten Chefarzt hat, den sie sich wünschen kann.«

      »Jetzt hör aber auf«, meinte Dr. Metzler, dann seufzte er. »Ich muß wieder an die Arbeit gehen.«

      Doch Dr. Daniel hielt ihn noch einen Augenblick zurück. »Wie lange ist die Inkubationszeit bei dieser Krankheit?«

      »Fünf Tage«, antwortete Dr. Metzler. »Wenn bis nächsten Sonntag außerhalb der Kliniken keine Krankheitsfälle mehr auftreten, dann ist die Gefahr gebannt.«

      »Hoffen wir das Beste«, murmelte Dr. Daniel, dann setzte er sich auf sein Bett. Die Untätigkeit, zu der er durch die Quarantäne verurteilt war, setzte ihm mehr zu als alles andere. Sein Sohn Stefan, mit dem er das Zimmer teilte, bemerkte es.

      »Mir geht’s genauso, Papa«, meinte er. »Ich würde da draußen so gern etwas helfen.« Er seufzte. »Der arme Wolfgang muß sich beinahe zerreißen, und wir können nur hier sitzen und abwarten.«

      Dr. Daniel nickte, dann sah er seinen Sohn prüfend an. »Hast du Angst, Stefan? Ich meine, vor dieser seltsamen Krankheit?«

      »Ich müßte lügen, wenn ich nein sagen würde«, gab Stefan zu. »Bis jetzt hat es zwar noch keinen Todesfall gegeben, aber die Internationale Apotheke kann gar nicht so viel von dieser speziellen Infusionslösung heranschaffen, wie wir und all die anderen Klinik benötigen. Wolfgang hat sich jetzt schon mit der Klinik in Japan in Verbindung gesetzt, in der er damals gearbeitet hat.«

      »Ich weiß«, seufzte Dr. Daniel. »Die Prognosen sind nicht erfreulich. Nach allem, was Wolfgang erfahren hat, muß die Krankheit drüben auch ausgebrochen sein, und da hat es sogar etliche Tote gegeben.«

      »Ich fürchte, darauf werden wir hier auch nicht mehr lange warten müssen. Um diese Ines Holbe muß es ja ziemlich schlecht stehen. Wolfgang hält es selbst für äußerst unwahrscheinlich, daß er ihr zum gegenwärtigen Zeitpunkt überhaupt noch helfen kann.«

      *

      Manfred Klein wurde trotz des Medikaments, das er über die Infusion bekam, noch immer von heftigen Anfällen geschüttelt, und nach einem dieser Fieberschübe konnte er die linke Hand nicht mehr bewegen.

      »Seien Sie ehrlich, Herr Doktor, werde ich sterben?« fragte er, und aus seiner Stimme klang tiefe Verzweiflung.

      Dr. Metzler zögerte. Welche Antwort sollte er dem Patienten geben? So wie es im Moment bei Manfred aussah, war die Wahrscheinlichkeit, daß er noch geheilt werden würde, denkbar gering. Normalerweise hörten die Anfälle zwei bis drei Tage nach der ersten Infusion auf. Bei Manfred dagegen hatten sie sich eher verstärkt, und nun kam es auch noch zu Lähmungserscheinungen.

      »Ich weiß es nicht«, antwortete Dr. Metzler endlich, und das entsprach der Wahrheit. »Aber ich werde alles tun, damit Sie diese Krankheit überleben.«

      Manfred nickte zwar, doch sein Gesicht drückte Hoffnungslosigkeit aus.

      »Wie geht es Michaela? Michaela Weller? Und Ines Holbe?« wollte er nur noch wissen.

      »Frau Weller befindet sich auf dem Wege der Besserung«, antwortete Dr. Metzler, »aber um Frau Holbe steht es sehr ernst. Ich fürchte, bei ihr müssen wir mit dem Schlimmsten rechnen.«

      »Sie ist noch nicht mal vierundzwanzig«, murmelte Manfred, dann sah er Dr. Metzler flehend an. »Bitte, Herr Doktor, helfen Sie ihr. Sie darf nicht sterben.«

      *

      Valerie Doschek wußte kaum, wie ihr geschah, als sie und ihr Baby plötzlich von der Gynäkologie auf die Chirurgie verlegt wurden. Und die Pfleger, die sie in ihrem Bett hinüberfuhren, trugen allesamt Handschuhe und Mundschutz. Auch Valerie hatte man einen Mundschutz angelegt.

      »Ich will sofort mit Dr. Daniel sprechen!« verlangte sie, und dabei klangen Angst und Sorge aus ihrer Stimme.

      »Es tut mir leid, Frau Doschek, aber das wird nicht möglich sein«, erklärte ein Arzt, von dem Valerie wegen des Mundschutzes nur die Augen sehen konnte. »Ich bin Dr. Metzler, der Chefarzt dieser Klinik.«

      »Ich verstehe das alles nicht, Herr Doktor«, erklärte Valerie mit bebender Stimme. »Warum mußte ich plötzlich diesen Mundschutz tragen. Und…«

      »Verzeihen Sie, Frau Doschek, es war nicht in meinem Sinn, daß Sie so überrumpelt wurden«, fiel Dr. Metzler ihr mit einfühlsamer Stimme ins Wort. »Aber im Augenblick herrscht hier in der Klinik eine ziemliche Hektik. In Steinhausen sind etliche besorgniserregende Krankheitsfälle aufgetreten, und es ist möglich, daß auch


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