Dr. Daniel Staffel 5 – Arztroman. Marie Francoise

Dr. Daniel Staffel 5 – Arztroman - Marie Francoise


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Trennung von ihr auch keine nennenswerten Schmerzen bereitet hatte, so war er doch noch nicht restlos frei von ihr.

      »Guten Morgen, Liebling.«

      Michaelas sanfte Stimme riß ihn aus seinen Gedanken. Mit einem zärtlichen Lächeln wandte er sich ihr zu. Ihr langes, dunkles Haar war wie ein Fächer über ihr Kissen gebreitet, und ihre schönen grauen Augen strahlten vor Glück. Spontan beugte sich Manfred über sie und küßte sie. Im selben Moment jagte ein stechender Schmerz in seinen Kopf.

      Mit einem leisen Stöhnen griff er sich an den Hinterkopf. »Ich glaube, ich hätte gestern abend dieses dritte Glas Wein nicht mehr trinken sollen.«

      Michaela runzelte die Stirn. »Es war aber ein ausgesprochen guter Wein, von dem man eigentlich keine Kopfschmerzen bekommen sollte.« Sanft drückte sie ihn in die Kissen zurück, dann küßte sie ihn. »Du bleibst jetzt schön im Bett, bis ich das Frühstück zubereitet habe. Danach geht es dir sicher besser.«

      Das blieb allerdings nur ein Wunsch. Manfreds Kopfschmerzen verstärkten sich noch, es hämmerte und pochte, und nicht einmal die Schmerztablette, die Michaela ihm gab, brachte Erleichterung. Eher das Gegenteil war der Fall. Es schien Manfred, als würden die Schmerzen immer schlimmer werden. Stundenlang lag er regungslos im Bett und hatte das Gefühl, als müsse sein Kopf jeden Moment zerspringen.

      Gegen Abend waren die Schmerzen dann von einer Minute zur anderen gewichen. Erschöpft schlief Manfred ein, und als er am nächsten Morgen erwachte, lag ein Zettel auf dem Nachttischchen.

      Ich bin in die Firma gefahren und werde Dich für heute krankmelden. Schlaf Dich aus. Ich liebe Dich, Michaela.

      Lächelnd blickte Manfred auf die Zeilen, die ihre ganze Liebe widerspiegelten, doch auf einmal begannen sich die Buchstaben vor seinen Augen zu drehen – immer schneller und schneller. Manfred ließ den Zettel fallen und schloß die Augen in der Hoffnung, dieses fürchterliche Schwindelgefühl würde aufhören, doch es wurde nur noch stärker. Und dann brach ihm der Schweiß aus. Sein ganzer Körper wurde glühend heiß, und Manfred hatte das Gefühl, gelähmt zu sein. Er war zu keiner Bewegung fähig und bekam nur noch mit, daß er wie im Schüttelfrost zitterte. Nach einer halben Stunde war der Anfall vorbei.

      »Meine Güte, was war das denn?«

      Seine eigene Stimme klang fremd und unheimlich in seinen Ohren. Rasch stand er auf, duschte und zog sich an, dann verließ er das Haus. Zögernd blieb er neben seinem Auto stehen und fragte sich, ob es ein Risiko sei, wenn er sich hinter das Steuer setzen würde. Der Anfall, den er gerade durchlitten hatte, gab ihm eine eindeutige Antwort, so daß er sich kurzerhand entschloß, zu Fuß zur Praxis der Allgemeinmedizinerin Dr. Manon Carisi zu gehen. Da es bereits kurz vor Mittag war, befanden sich keine Patienten mehr im Wartezimmer, so daß Manfred gleich ins Sprechzimmer gerufen wurde.

      »Guten Tag, Herr Klein«, grüßte Manon freundlich, dann wies sie auf die beiden Sessel, die vor ihrem Schreibtisch standen. »Bitte, nehmen Sie Platz. Was führt Sie zu mir?«

      Manfred atmete tief durch. »Wenn ich das so genau wüßte, Frau Doktor. Ich hatte gerade etwas ganz Seltsames.« In wenigen Worten schilderte er seinen Anfall. »Nach einer halben Stunde war alles vorbei, und jetzt fühle ich mich wieder pudelwohl. Hätte mir dieses Erlebnis keine solche Angst eingejagt, wäre ich vermutlich gar nicht zu Ihnen gekommen.« Er senkte den Kopf. »Ich muß gestehen, daß ich mir im Moment ein bißchen dumm vorkomme… nein, nicht dumm, eher wehleidig…«

      »Das sind Sie ganz sicher nicht«, entgegnete Manon ernst. »Was Sie mir geschildert haben, klingt tatsächlich besorgniserregend.« Sie überlegte einen Moment. »Und abgesehen von diesem Vorfall haben Sie wirklich keine Beschwerden? Erkältungssymptome oder Kopfschmerzen?«

      Manfred schüttelte den Kopf, hielt aber mitten in der Bewegung inne. »Gestern hatte ich ganz schreckliche Kopfschmerzen – beinahe den ganzen Tag. Nicht einmal eine Schmerztablette hat gewirkt. Und am Abend waren sie dann plötzlich weg.«

      Manon nickte, dann stand sie auf und kam um ihren Schreibtisch herum.

      »Ich werde Sie jetzt untersuchen«, meinte sie. »Vielleicht gibt es eine ganz harmlose Erklärung für das alles. Im Augenblick leiden viele Menschen an den seltsamsten Erkältungsformen – Halsschmerzen, Fieber und Kopfschmerzen, Husten, Schnupfen.«

      »Ich weiß nicht. Wie eine Erkältung kam mir das nicht vor.«

      Die Untersuchung ergab keinen krankhaften Befund, und normalerweise hätte Manon den Patienten jetzt nach Hause geschickt, doch die Schilderung seines eigenartigen Fieberanfalls gab ihr zu denken.

      »Ich mache Ihnen einen Vorschlag, Herr Klein«, erklärte sie. »Anhand meiner Untersuchungsergebnisse würde ich sagen, daß Sie kerngesund sind, aber was Sie heute erlebt haben, kann nicht normal sein, und ich will nicht riskieren, daß sich dahinter irgendeine Krankheit verbirgt, die unerkannt bleiben würde. Ich möchte Sie in die Waldsee-Klinik überweisen. Die Ärzte dort haben ganz andere Untersuchungsmöglichkeiten als ich.«

      »Ins Krankenhaus«, murmelte Manfred gedehnt. »Ich weiß nicht so recht. Im Moment fühle ich mich blendend. Vielleicht war es ja nur ein Schwächeanfall. Ich hatte in letzter Zeit ein bißchen viel um die Ohren – sowohl beruflich als auch privat.«

      »Ich kann Sie nicht zwingen, in die Waldsee-Klinik zu gehen«, meinte Manon. »Aber ich würde es Ihnen dringend raten. Sie verlieren dadurch vielleicht einen Tag, aber danach wissen Sie, ob Sie gesund sind oder ob Ihnen vielleicht doch etwas fehlt.«

      Manfred seufzte. »Also schön. Ich lasse mich untersuchen. Schaden kann es ja in keinem Fall.«

      »Das denke ich auch«, meinte Manon, dann griff sie nach dem Telefonhörer, wählte die Nummer der Waldsee-Klinik und ließ sich mit dem Chefarzt verbinden.

      »Guten Tag, Herr Kollege, hier ist Manon Carisi«, gab sie sich zu erkennen. »Ich habe Arbeit für Sie. Es handelt sich um einen jungen Mann mit recht eigenartigen Symptomen, die ich nicht einordnen kann. Darf ich ihn zur Klinik hinüberschicken?«

      »Selbstverständlich, Frau Kollegin«, antwortete Dr. Metzler ohne Zögern. »Um was für Symptome handelt es sich denn?«

      »Ein Schwindel- und Fieberanfall. Im Moment ist der Patient aber beschwerdefrei.«

      »Schicken Sie ihn gleich herüber. Ich kümmere mich um ihn.«

      Manon bedankte sich, dann legte sie auf. »Sie können sofort in die Klinik gehen. Dr. Metzler erwartet Sie.«

      Manfred verabschiedete sich und machte sich auf den Weg zur Waldsee-Klinik. Dabei bereute er schon fast, daß er sich von seiner Angst hatte treiben lassen. Sicher war dieser Anfall nur eine Raktion seines Körpers auf die Querelen mit Ines und seine überstürzte Liebe zu Michaela. Es war doch Unsinn, deshalb einen solchen Aufwand zu machen, aber jetzt war er in der Klinik angemeldet und mußte auch hingehen.

      »Na ja, die werden bald feststellen, daß mit mir alles in Ordnung ist«, sagte er zu sich selbst.

      Nach einer knappen Viertelstunde erreichte er die Klinik und trat ein. In der Eingangshalle wurde er bereits von einem jungen Arzt erwartet, der sich als Dr. Stefan Daniel vorstellte.

      »Dr. Metzler wird sich sofort um Sie kümmern«, versprach er. »Wir können inzwischen schon mal ins Untersuchungszimmer gehen, und dann schildern Sie mir am besten Ihre Beschwerden.«

      Manfred unterdrückte nur mit Mühe einen Seufzer, dann erzählte er noch einmal von den eigenartigen Kopfschmerzen, die ihn am Tag zuvor buchstäblich überfallen hatten und ebenso plötzlich wieder weggewesen waren. Er beschrieb den heftigen Schwindel, das Fieber und den Schweißausbruch.

      »Dabei hatte ich das Gefühl, als wäre ich vollständig gelähmt«, fügte er hinzu. »Ich konnte während der ganzen Zeit nicht einmal einen Finger rühren, zitterte aber wie im Schüttelfrost.«

      »Das klingt ziemlich eigenartig«, meinte Stefan und nahm den Telefonhörer zur Hand. »Ich werde mal sehen, ob Dr. Metzler schon abkömmlich ist.« Er wählte eine Nummer. »Darinka, hier ist Stefan. Ist der Chefarzt noch bei euch


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