Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von Buchner

Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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Er saß alleine am Tisch und hatte keine Augen für die vorbeigehenden Leute oder die Gäste an den anderen Tischen, wo durchaus einige fesche Madln saßen. Sie versuchten mit dem gut aussehenden Alban in Augenkontakt zu kommen. Aber Alban war in Gedanken und schaute nur auf sein Handy. Er erinnerte sich an den vergangenen Samstag, als er mit Alina durch die Läden gezogen war, weil sie nach passender Kleidung für die Flitterwochen gesucht hatte. Sie wollten eine Kreuzfahrt machen, weil Alban das Meer doch so liebte. So verging die nächste Stunde. Dann zahlte Alban und schlug den Weg zu seinem Auto ein. Die Straßen um den Markt herum waren jetzt voller Menschen. Es herrschte dichtes Gedränge.

      »Aua! Können Sie nicht aufpassen? Sie, Bauer, Sie! Schauen Sie, was Sie gemacht haben!«, drang eine weibliche Stimme an sein Ohr.

      Er drehte sich um.

      »Ja, Sie! Sie meine ich!«

      Die junge Frau in dem schicken seidenen Sommerkleid lehnte sich an die Hauswand. Sie balancierte auf einem Bein. Mit der freien Hand zog sie einen der hochhackigen Schuhe aus. Sie warf ihn auf die Erde und rieb sich den Knöchel.

      Alban ging auf sie zu.

      »Sie haben mich einfach umgerannt!«, fauchte sie ihn an und ihre Augen funkelten.

      »Entschuldigen Sie bitte, ich war in Gedanken!«

      »So, so! Eine bessere Ausrede fällt Ihnen nicht ein. Ihre Ausrede ist etwas billig, finde ich! Typen wie Sie, die gehen als die Herren der Schöpfung durch das Leben und hinterlassen eine Spur von Kolateralschäden.«

      »Mei, du hast es aber drauf!« Alban verfiel in den Dialekt seiner Heimat.

      »Jetzt werden Sie auch noch unverschämt und duzen mich. Ich kann mich nicht erinnern, wann und wo wir zusammen im Sandkasten gespielt haben.«

      Alban sah nur ihre Augen. Sie waren so voller Leben und Ehrlichkeit. Sein Herz fing an zu klopfen. Er spürte, wie ihm urplötzlich heiß wurde. Nur mühsam konnte er dem sich ihm bemächtigenden Gefühl widerstehen, sie einfach in die Arme zu schließen.

      »Alban! Ich heiße Alban Grummer! Es ist keine faule Ausrede. Ich war wirklich in Gedanken und habe nicht mitbekommen, dass ich Sie angerempelt habe.«

      »Judith Jäger! Ich bin zwar noch nicht ganz von der Ausrede überzeugt, aber lassen wir sie einmal gelten.«

      »Hören Sie! Oder du! Ich werde die Schuhe ersetzen. Ich kann Sie – dich – auch zu einem Arzt bringen. Schmerzt der Fuß noch sehr?«

      »Nein! Danke der Nachfrage!«

      Sie zog einfach den anderen Schuh aus und steckte beide in die Tasche. Sie lächelte ihn an.

      »Verraten Sie«, Alban war unsicher und siezte die junge Frau wieder. »Verraten Sie mir ihre Schuhgröße und Ihre Adresse?«

      »Nein!«

      Er rieb sich das Kinn.

      »Sie sind nicht aus der Gegend?«

      »Erkennt man das?«

      »Ja!«

      »Stimmt! Ich wohne in Frankfurt. Ich bin hier nur in Urlaub.«

      Alban deutete auf die Schuhe.

      »Also solche Treter sind in den Bergen etwas fehl am Platz.«

      »Unnötige Bemerkung! Ich brauche keine Belehrung. Das weiß ich selbst. Ich war auf dem Weg, mir ein Paar Wanderschuhe zu kaufen.«

      »Das ist vernünftig! In der Altstadt von Kirchwalden gibt es einen Laden, den ich nur empfehlen kann. Darf ich mitkommen?«

      »Nein!«

      »Wie soll ich dann Wiedergutmachung leisten? Wenn Sie hier Urlaub machen, dann nennen Sie mir die Pension oder das Hotel. Dann kann ich dort etwas für Sie hinterlassen, und Sie sehen mich nie wieder.«

      Alban kam es vor, als schreckte die junge Dame etwas zusammen, als huschte ein Bedauern über ihre lieblichen Gesichtszüge. War es meine Ankündigung, dass sie mich nie wiedersieht? Das schoss Alban durch den Kopf.

      Sie lächelte.

      »Also gut! Ich wohne in Waldkogel im Hotel ›Zum Ochsen‹.«

      »Das trifft sich gut! Ich bin aus Waldkogel. Ich bin dort groß geworden. Jetzt verbringe ich dort meinen Urlaub.«

      »Sie scheinen es nötig zu haben!« provozierte sie ihn.

      »Ja, das habe ich wirklich.«

      »Dann erholen Sie sich gut!«

      »Danke! Und hören Sie! Gegenüber vom Hotel ›Zum Ochsen‹ gibt es den Andenken- und Trachtenladen Boller. Er hat auch gute Schuhe. Er hat eigentlich alles. Ich meine, nicht nur Andenken und Trachten. Es ist

      unser Gemischtwarenladen.«

      Alban schaute auf Judiths nackte Füße.

      »Sie wollen barfuß gehen?«

      »Ja! Ich habe kein zweites Paar Schuhe dabei! Danke für die Fürsorge, und jetzt gehen Sie bitte! Auf Wiedersehen!«

      »Pfüat di, sagen wir hier!«

      »Wenn ich Sie dadurch loswerde, dann wünsche ich Ihnen auch ›Pfüat di‹!«

      Sie drehte sich um und ging davon. Bald war sie in der Menge verschwunden, und Alban konnte sie nicht mehr sehen. Er blieb noch eine Weile unschlüssig stehen, dann ging er zu seinem Auto und fuhr zurück nach Waldkogel.

      Zum ersten Mal seit dem verhängnisvollen Mittagessen dachte er nicht mehr an Alina. Er beschäftigte sich gedanklich mit Judith.

      In Waldkogel hielt er auf dem Marktplatz an. Er ging in den Laden der Bollers.

      »Grüß dich, Alban! Seit wann bist du hier?«

      »Schon einige Tage.«

      »Suchst du ein besonderes Geschenk, vielleicht für deine Braut?«, frage Veronika Boller.

      »Bist immer noch so neugierig. Woher willst du wissen, dass ich eine Braut habe?«

      »Deine Tante Lore hat so eine Andeutung gemacht.«

      »So, hat sie des?«

      »Ja, das hat sie! Dann muss ja etwas dran sein.«

      »Musst schon abwarten, Veronika! Sag’, kannst du mir einen Gutschein über zweihundert Euro schreiben?«

      »Zweihundert Euro? Mei, du bist ein großzügiger Bursche!«

      Alban, der genau wusste, wie er Veronika Boller zu nehmen hatte, wurde doch etwas ärgerlich. Denn jede ihrer Fragen erinnerte ihn an Alina, und die allerletzte Person, an die er erinnert werden wollte, war Alina.

      Er atmete durch.

      »Bekomme ich jetzt den Gutschein, oder muss ich nach Kirchwalden fahren?«

      »Was bist so garstig geworden, Alban! Bist so ein lieber Bub gewesen!«

      Veronikas Mann, hatte im Hinterzimmer des Ladens die Unterhaltung mit angehört. Er rief in den Laden:

      »Die Gutscheine sind hier, Veronika! Komm her!«

      Veronika eilte nach hinten. Alban hörte Getuschel. Statt Veronika kam Herr Boller und gab Alban den Gutschein mit dem passenden Umschlag. Dieser zahlte, nahm den Umschlag und ging.

      Die Bollers beobachteten vom Laden aus, wie Alban direkt zum Hotel ›Zum Ochsen‹ ging.

      »Ob des was mit dem Gutschein zu tun hat? Was denkst, Franz?«

      »Ich kann net hellsehen!«, antwortete er und ging wieder nach hinten.

      Veronika Boller konnte ihre Neugierde nicht unterdrücken. Sie wartete, bis Alban aus dem Hotel kam und zu seinem Auto ging. Des ist merkwürdig, dachte sie. Wem macht der Bursche so ein Geschenk? Des kann doch nur für seine Braut sein. Aber warum nächtigt des Madl nicht auf dem Grummer Hof, sondern im Hotel? Und warum sieht man den Alban nicht mit seiner Braut?


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