Slaughter's Hound. Declan Burke

Slaughter's Hound - Declan  Burke


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der Zeit, als alles rund lief. Da plante er einen eigenen Stadtteil mit Läden, ein oder zwei Restaurants, einem Pub. Zu Anfang war sogar ein Yachthafen vorgesehen, jede Wohneinheit sollte einen Anleger kriegen. Ich musste eine künstlerische Impression für ihn zeichnen, sah gar nicht schlecht aus. Wenn man die alten Backsteinfassaden stehen ließe, meinte er, würden die Yupniks total drauf abfahren.«

      »Yupniks?«

      »Yuppie-Rednecks.« Er hatte den Anstand, immerhin verlegen dreinzublicken. »Wie auch immer, das ist alles Schnee von gestern.«

      »Aber er will immer noch kaufen.«

      »Ja, er spielt auf Zeit, um den Preis zu drücken. Immerhin beherrscht er dieses Good-Cop-Bad-Cop-Spielchen ganz gut. Im einen Moment sagt er: ›Du musst sofort verkaufen, Finn‹, kurz darauf heißt es: ›Der Käufer macht den Preis, Finn‹. Schizophrener Drecksack.«

      »Du solltest nicht direkt mit ihm verhandeln. Setz einen Anwalt dazwischen, damit du mehr Luft hast. Sag dem Anwalt, er soll hart bleiben.«

      »Das ist auch noch so eine beschissene Sache, Mann. Gillick ist mein Anwalt.«

      »Stimmt.«

      »Ist ziemlich kompliziert. Er ist der Anwalt der Familie, das war schon immer so. Außerdem findet er die Idee mit Zypern gut, er will einsteigen, Erdgeschoss-Wohnung.« Er schob den Gedanken beiseite. »Wie auch immer, kein Grund zur Panik. Wenn wir die bürokratischen Hürden da unten erstmal genommen haben, wird er mir das Geld hinterherschmeißen.«

      »Darauf würde ich nicht wetten, Finn. Bei der Sache muss man einen langen Atem haben.«

      »Ja, na gut …« Er sah jetzt mutlos aus. »Aber hör mal, halt das unter Verschluss, ja?«

      »Ich kauf mir extra ein paar Tupperdosen.« Ich prostete ihm mit meinem Kaffeebecher zu. »Fair war gestern, Mann. Bon Voyage

      »Danke.«

      Ich trank den Kaffee aus, brachte den Becher in die Küche und spülte ihn ab. Als ich zurückkam, hatte er The Only Ones aufgelegt, »Another Girl, Another Planet«. »Erwartest du noch jemanden?«, fragte ich.

      »Nein, wieso?«

      »Ich hol dann mal das Zeug.«

      Er schaute auf die Uhr. »Nicht nötig, ich bin fast fertig. Ich komm gleich nach. Oh, hier.« Er fasste unter den Tisch, klapperte ein paar CDs durch und hielt dann eine unbedruckte Hülle hoch. Warf sie mir rüber. »Songs zum Tanzen und Kinderzeugen # 7« stand in seiner geschwungenen Handschrift auf dem weißen Einlegezettel. »Schau mal, ob du damit klarkommst.«

      »Da fällt mir ein, Herb wollte ein bisschen Motown hören. Von Smokey Robinson, falls du so was hast.«

      »Kein Problem. Bin in zehn Minuten unten.«

      Tatsächlich brauchte er zwanzig. Auch wenn er sich zum Schluss sehr beeilte. Als er mit dem Kopf zuerst das Taxidach durchschlug, musste er über achtzig Stundenkilometer draufgehabt haben.

      6

      Brutzelndes Fleisch, verbranntes Benzin, vielleicht sogar ein Hauch von Schwefel. Der Geruch des Aufstands an einem Samstagabend in der Hölle.

      Meine Gedärme verknoteten sich zu einem zuckenden Klumpen. Ich taumelte Richtung Hafenbecken, um eine zu rauchen, meine Hände zitterten so sehr, dass ich den Tabak erst beim dritten Versuch aus meiner Hosentasche kriegte. Bear hatte aufgehört zu bellen, aber ab und zu hörte ich ihn kratzen und leise winseln. Endlich hatte ich es geschafft, mir eine Fluppe zu drehen, und hielt mein Gesicht in den Rauch.

      Als meine Innereien sich wieder beruhigt hatten, drehte ich mir noch eine und lief zurück zu der Stelle, wo er lag. Ging in die Hocke und hielt mir die Nase zu. Etwas musste gesagt werden. Es war ein bisschen zu spät für einen Akt der Reue, außerdem war Finn sowieso nicht religiös gewesen, also entschied ich mich für etwas halbwegs Spirituelles aus »Bell Jars Away«.

      »I have thrown myself into your warm hold«, flüsterte ich, »where you bless away the shivering

      Es gab keinen Grund zu flüstern. Im Umkreis von einem Kilometer hörte niemand zu. Aber ich hatte Angst, meine normale Stimme könnte versagen. Ich zitterte, das große Beben hatte sich beruhigt, aber kleinere Nachbeben brachen immer noch durch.

      Ich drückte einen Kuss auf meine Faust und berührte damit das, was von seiner linken Schulter übrig geblieben war.

      Das war nicht viel, aber ich musste es tun.

      Es dauerte eine Ewigkeit, bis die Ambulanz eintraf und etwas vorfand, das man vielleicht noch als Salami hätte verwenden können. Vor ihrer Ankunft fragte ich mich, ob Finn seinen Audi vielleicht unverschlossen abgestellt hatte. Hatte er. Ich schimpfte ihn einen Volltrottel und zwar laut, und ich merkte, dass ich das nur tat, weil ich wusste, dass niemand in der Nähe war, nie gewesen war, nicht zu so später Stunde. Ich hegte die vage Hoffnung, sogar der Zündschlüssel könnte im Schloss stecken, aber nicht mal Finn war so nachlässig. Zwei Minuten, ein paar Drahtenden und einigen Funken später hatte ich wieder einen fahrbaren Untersatz. Der Audi war auf der linken Seite schlimm verbrannt, die Fenster waren rußgeschwärzt und sahen aus wie getönt. Aber die Kiste funktionierte noch.

      Die Sanitäter kamen, sahen und schreckten zurück. Ich identifizierte Finn und erzählte ihnen, was ich gesehen hatte. Der Typ, der die Leitung hatte, schien einigermaßen kompetent und stabil zu sein, also ging ich meiner Wege. Als er hörte, wie ich die Tür des Audis schloss, kam er rüber und klopfte gegen das Fenster. Ich ließ es herunter.

      »Meinen Sie, Sie können fahren?«, fragte er.

      »Aber sicher.«

      »Passen Sie auf, der Schock kann mit Verzögerung eintreten. Wenn Ihnen schlecht wird, bei Benommenheit oder einem plötzlichen Schwindel, halten Sie sofort an.« Er schaute mich genauer an, bemerkte die verschmorten Augenbrauen, das Blut an den Händen, das jetzt schwarz vertrocknet war. »Außerdem müssen Sie sich nähen lassen, da an der Hand.«

      »Ich kümmere mich drum.«

      »Und Sie wissen auch, dass Sie nicht wegfahren dürfen, bevor die Cops hier sind.«

      »Jemand muss es seiner Familie sagen.«

      »Das können auch die Cops machen.«

      »Ja, aber es sollte jemand sein, der ihn kannte.«

      »Na schön, aber ich muss Ihr Kennzeichen aufschreiben.«

      »Nur zu. Ich komm zurück, wenn ich die Nachricht überbracht habe. Falls die Polizei dann nicht mehr hier ist, geh ich zur Wache. Ich brauche ungefähr eine Stunde, bis ich zurück bin.«

      Er klopfte aufs Dach und richtete sich auf. »Ich reiße mich bestimmt nicht darum«, sagte er und ging weg.

      Er hatte ja keine Ahnung. Ich verließ den Hof und fuhr Richtung Stadt. Zehn Minuten später stand ich vor Weir’s Folly, der offiziellen Adresse von Fine Arts Investments, eine Fünf-Zimmer-Penthouse-Suite mit Balkon zur Yeats-Brücke im Norden und Lough Gill im Osten. Zwei Zimmer waren zu einem Büro umfunktioniert worden, die restlichen zwei Drittel des Penthouses blieben dem Direktor von Fine Arts Investments, Finn Hamilton, zur mietfreien Wohnung. Kein kleines Privileg angesichts der Tatsache, dass eine Fünf-Zimmer-Wohnung im Herzen der Stadt gut und gerne ihre Fünfzehnhundert pro Monat kostete, und dank der Büroadresse konnte Finn auch noch alle anfallenden Kosten als Betriebsausgaben absetzen.

      Mit Geld kauft man sich Geld.

      Die NAMA mochte ja über Hamilton Holdings hergefallen sein wie eine biblische Plage, aber an den Türen von Weir’s Folly klebte kein Räumungsbefehl. Und ich war mir auch ziemlich sicher, dass ich, wenn ich raus zu The Grange fuhr, dort auch keine »Zu verkaufen«-Schilder vorfinden würde, die den Blick aufs Anwesen verschandelten.

      Ich drückte erneut auf die Klingel und fragte mich, wie ich überhaupt anfangen sollte. Egal wie ich begann, es brach alles in dem Moment zusammen, wo ich seinen Namen sagen


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