Slaughter's Hound. Declan Burke
mit Boogie Boards durch die Gegend.«
»Mach ich.«
Toto stellte die Espressotasse auf den Tisch zurück und hielt das Buch von Gribbin hoch. »Herbie, würd’s dir was ausmachen …«
»Kein Thema, Mann, nimm’s mit.«
Das Gribbin-Buch wanderte unter seinen Arm, zusammen mit der Leigh-Fermor-Biografie. »Ich bring sie dir beim nächsten Mal zurück«, sagte er. »Ach, Harry?« Er machte eine Kopfbewegung Richtung Hausflur. »Hast du kurz mal Zeit?«
Aus irgendeinem Grund nahm ich meinen Kaffee mit, als ich ihm folgte. Er schlenderte durch die Küche und trat in die Garage. Dort drückte er auf den Knopf für das Tor. »Wie läuft’s so mit deiner Bewährung?«
»Ach, ganz gut. Hab noch ungefähr fünf Monate.«
Schiefes Grinsen. »Ungefähr?«
»Fünf Monate und vier Tage.«
»Und du bist clean, ja?«
Er meinte nicht bloß Heroin oder Koks. Er meinte alles, was ihm Probleme bereiten könnte, wenn ich von der Polizei angehalten wurde in einem Taxi, an dessen Fracht er vierzig Prozent Anteile hatte. Eine dämliche Frage. Ich würde es wohl kaum zugeben, wenn ich nebenher noch Kinderpornos aus dem Kofferraum verhökerte. Aber eigentlich war es gar keine Frage. Vor allem, weil Toto McConnells Definition von clean nicht die Beutel mit Gras umfasste, die ich für Herb in der Stadt verteilte.
Er öffnete die Tür seines drei Jahre alten stinknormalen marineblauen Golfs, stieg ein und legte die Bücher auf den Beifahrersitz. »Dieser Finn«, sagte er, »will drei Beutel. Stehst du für ihn ein?«
»Er hat mich nie hängenlassen. Zahlt immer im Voraus.«
»Und du kennst ihn, oder?«
Ich nickte. »Es ist Finn Hamilton.«
Er legte den Kopf schief. »Die Immobilien-Hamiltons?«
»Das ist seine Familie, ja. Aber er ist Kunsthändler.«
»Der Sohn von Bob Hamilton.« Er nickte vor sich hin und speicherte das ab. Könnte ja mal nützlich sein, es zu wissen. »Hat eine Galerie unten am Hafen«, sagte er, »in dem alten Verwaltungsgebäude. Oder verwechsle ich ihn mit jemandem?«
»Nein, das ist er.«
»Netter Job, wenn man ihn kriegen kann«, grinste er. »Hab ich recht?«
»Wenn man Kunst mag.«
Er zuckte mit den Schultern. »Ich mag Kunst. Warum denn nicht?« Er drehte den Schlüssel um und ließ den Motor des Golfs aufheulen, der anschließend leise vor sich hin schnurrte. Er schloss die Tür und ließ dann das Fenster herunter. »Ich wollte dich eigentlich fragen, ob du Malky Gorevan kennst.«
Womit er mich wissen ließ, dass er wusste, dass ich meine Haftzeit, beziehungsweise nicht wenig davon, in Dundrum abgesessen hatte. Und wohl noch mehr durchblicken ließ, nämlich dass ich alles in allem doch verdammt früh rausgekommen war angesichts der Tatsache, dass ich wegen Mordes an meinem eigenen Bruder verurteilt worden war, ein mit sechs Jahren sehr mildes Urteil, wo die Tat eigentlich ausreichen sollte, mich lebenslang zu den anderen geisteskranken Kriminellen zu sperren. Gab mir zu verstehen, dass manche Leute sich darüber wundern könnten, dass ich so schnell wieder rausgekommen war, und sich fragten, ob ich vielleicht einen Deal gemacht hatte, könnte ja sein, dass Harry Rigby seine Schuld zurückzahlen wollte, indem er ab und zu jemandem aus Dankbarkeit den Hinweis steckte, wo’s einen dicken Fisch zu fangen gab.
»Ja, ich kannte Malky«, sagte ich. »Ein irres Arschloch.«
»Deshalb ist er ja in Dundrum gelandet«, sagte Toto.
»Wohl wahr. Wie geht’s ihm denn?«
Malky Gorevan gehörte zu den ganz wenigen ehemaligen Paramilitärs, die durch das Karfreitagsabkommen nicht wieder auf freien Fuß gekommen waren. Zum einen, weil niemand sich einen Scheiß dafür interessierte, ob die INLA wieder zu den Waffen griff, aber vor allem deshalb, weil Malky, der aufgrund diverser Vergehen verurteilt worden war, als Irlands erster Serienkiller in die Geschichte eingegangen wäre, wenn er sich nicht die Fahne des Freiheitskampfs umgehängt hätte. Falls Malky jemals wieder aus Dundrum rauskam, dann um eine ganz kurze Reise Richtung Norden anzutreten, wo ihn ein ganzer Stapel Haftbefehle erwarten würde, nicht zuletzt, weil er die Feinheiten der Einrichtung einer Autobombe mit Quecksilber-Neigungsschalter beherrschte, was ihm in manchen Kreisen einen Heldenstatus verschafft hatte.
»Malky, Malky.« Toto zuckte mit den Schultern. »Als ich zuletzt von ihm gehört habe, ging’s darum, ob er sich irgendwie rauskaufen kann, weil er einiges gegen Adams und McGuinness in der Hand hat.« Er zuckte wieder mit den Schultern. Malky war Schnee von gestern. »Hör mal«, sagte er, »Herbie hätte da was für dich, einen Job, falls du verfügbar bist. Wenn nicht, auch kein Problem.«
»Um was geht’s denn?«
»Herbie erklärt’s dir.« Er streckte die Hand aus und ich gab ihm meine. »Nett, dich kennengelernt zu haben, Harry.« Seine gar nicht besonderen Augen waren so grau und kalt wie Splitter einer Grabsteinplatte. »Wir sehen uns.«
Er fuhr rückwärts raus, wendete und verschwand. Ich wartete, bis das Eingangstor sich geschlossen hatte, wischte meine Hand an der Rückseite meiner Hose ab und kippte den restlichen kalten Kaffee in den Kübel einer Topfpflanze, die dringend gegossen werden musste. Es hatte seit sechs Tagen nicht mehr geregnet.
3
»Das war sein Viertes«, nörgelte Herb, als ich wieder ins Wohnzimmer zurückkam. »Zuerst war es ein Joe Campbell, das letzte Mal eine schöne gebundene Ausgabe über Spinoza, wie Gefühle unser Leben bestimmen. Bin ich eine Leihbibliothek oder was?«
»Vielleicht solltest du Gebühren nehmen.«
»Ja, genau.« Freudloses Lächeln. »Den Rahm abschöpfen und Ted dann erklären, dass alles Totos Schuld ist.«
Zehntausend Kilometer weiter westlich angesiedelt, wären die McConnells eine Bagage von Inzucht treibenden, herumkrakeelenden, durchgeknallten Hinterwäldlern gewesen, die mit ihren Schwestern ins Bett gehen. So aber waren sie die ersten, die sich nach dem Ende des Friedensprozesses im Norden in Sligo neu organisierten. Ted, der unverbesserliche Ex-INLA-Terrorist, würde niemals Ruhe geben, bevor nicht alles wieder so wäre wie vor der Ulster Plantation, als jeder Häuptling sein eigenes Lehen hatte und Männer mit Speeren um sich herum. Sie hatten mit Dope angefangen, sich dann auf Koks und Ecstasy verlegt und versuchten sich neuerdings in Heroin. Sie hatten die nötige Ausrüstung, die sie bei ihren Rollkommandos gerne zum Einsatz brachten, und mindestens einen Toten auf ihrem Gewissen. Eiskalt. Hatten die Hecktür eines Lieferwagens aufgerissen, nachmittags um drei, mitten in der Stadt. Eine Kugel in die Stirn, zwei in die Brust. Das Blut hatte über die Freundin des Ermordeten und das Baby auf ihren Armen gespritzt.Die Spatzen pfiffen es von den Dächern, dass Toto der Schütze gewesen war. Das Problem mit Spatzen ist nur, dass sie als Zeugen nicht sehr standhaft sind, sondern meist beim Kreuzverhör zusammenbrechen.
Herb nahm einen Zug von seinem Joint, setzte ihn ab und formte einen Rauchring. Lehnte sich auf seinem Ezy-Chair zurück. »Was wollte er denn von dir?«
»Fragte nach Finn und ob ich für ihn bürge.«
»Hast du hoffentlich nicht gemacht, für diesen unzuverlässigen Arsch.«
Herb hielt nur sehr wenig von Finns perversen Vorlieben wie Skifahren, Surfen und neuartigen Wohltätigkeitsaktionen. Herb war der Ansicht, Finn sollte, wenn er denen helfen wollte, die weniger hatten als er selbst – was heutzutage bedeutete: jeder bis auf die Hamiltons selbst –, einfach mal darüber nachdenken, einen Teil des Hamilton-Holding-Gewinns vor Steuern zu spenden, anstatt andere Leute mit der Bitte um mildtätige Gaben zu nerven.
»Ich hab ihm versichert, dass Finn immer sofort zahlt«, sagte ich.
»Hast du ihm gesagt, wer er ist?«
»Dass