Slaughter's Hound. Declan Burke

Slaughter's Hound - Declan  Burke


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war, ja. Fragte, ob ich Malky Gorevan kenne.«

      »Aber du hast ihm nicht erzählt, dass du in einer Zelle mit Finn warst.«

      »Nein.«

      Unterlassungssünden. So nennen die Bischöfe geheime Vorbehalte.

      »Vielleicht wollte er eigentlich das wissen«, sagte Herb.

      »Lass gut sein. Letzten Endes wollte er mir nur mehr Arbeit anbieten, für den Fall, dass ich verfügbar wäre, wie er sich ausdrückte.«

      »Das hat er erwähnt?«

      »Um was geht’s denn?«

      »Eine Fahrt nach Galway, morgen. Es geht um eine Lieferung. Recht klein, zehn Riesen wert, aber guter Stoff. Er hat mich gefragt, aber du weißt ja wie’s ist.«

      Herb ging nicht oft raus, zum einen weil er leicht paranoid war, aber vor allem, weil er Menschen einfach nicht mochte. Sein schlichtes Credo lautete: Geh davon aus, dass alle Idioten sind.

      Er war mal Pressefotograf gewesen, ein guter, hatte für eine Agentur gearbeitet. Ein paar Jahre lang waren wir ein Team gewesen, wir hatten lokale Medien beliefert und überregionale angepeilt. Ich schrieb, Herb fotografierte, und ab und an übernahmen wir Aufträge für diskrete Nachforschungen, was eine hübsche Beschreibung dafür ist, dass wir Hotelparkplätze überwachten, um Ehemännern auf Abwegen die Midlife-Crisis nachzuweisen.

      Schöne Zeiten.

      Dann wurde Herb das Gesicht zertrümmert. Jemand hatte jemandem erzählt, Herb hätte ein Foto, das jemand anderes haben wollte.

      Ich war der Jemand, der das erzählt hatte. Versehentlich.

      Es spielt auch keine Rolle, wer es war. Die Schläger liefen immer noch frei herum und konnten zertrümmern, was ihnen beliebte. Herb blieb zu Hause, seine Haut wurde bleich und teigig. Wie’s halt so kommt, wenn beide Kiefer und ein Teil des Wangenknochens mit Stahlplatten unterlegt wurden. Egal, für Herb lief es darauf hinaus, viel zu Hause zu sein und jede Menge Gras zu rauchen. Eines Tages, damals, als Toto McConnell noch selbst dealte, fragte er, ob Herb ihm ein paar Räumlichkeiten zur Verfügung stellen könnte. Herb hatte eigentlich keine Lust auf einen Untermieter, aber Toto wollte das Dachgeschoss zum Gewächshaus umbauen.

      Ein paar Jahre später konnte Herb jeden Monat ein paar Tausender zur Seite legen, zusätzlich zu seiner Behindertenrente, leicht verdientes Geld. Zwei Jahre danach fuhr er nach Larkhill und unterbreitete Toto seine Idee mit den Taxis, als gute Tarnung für das Geschäft – »Deals on Wheels«, gewissermaßen. Auf diese Weise konnte ein Teil der Einnahmen legal versteuert werden und niemand kam auf die Idee, ihm die Steuerfahndung auf den Hals zu hetzen, weil er sich darüber wunderte, woher ein erwerbsloser Behinderter das Geld für ein Zweifamilienhaus mit eigenem Grundstück in der Vorstadt hatte.

      »Und wieso so kurzfristig?«, fragte ich.

      »Der Typ, der das sonst erledigt, hat gestern Abend eine Kniescheibe zerschmettert.«

      »Und jetzt ist er untergetaucht.«

      »Nein, nein, er hat sich das eigene Knie ruiniert. Beim Hallenfußball oben im Sports Complex. Stieg richtig rein beim Tackling und zack, schon war’s passiert.«

      »Meine Güte.«

      »Ja. Und, was meinst du? Toto will das Zeug unbedingt morgen holen lassen, weil er es Samstagabend verticken will. Also gibt er zwanzig Prozent.«

      »Zwei Riesen?«

      »Ich hatte den Eindruck, so wie er das andeutete, dass Toto damit ein paar wichtige Rädchen im Getriebe schmieren will.«

      »Also sprechen wir hier nicht von Rauchware.«

      »Von Koks, genau.«

      »Scheiße.«

      »Zwei Riesen, Harry. Fünf Hunnis für mich als Provision, klar, aber dann bleibt dir immer noch ein hübsches Sümmchen, nur für eine Fahrt nach Galway.« Er rutschte auf seinem Ezy-Chair nach vorn und reichte mir den Spliff. Als ich ablehnte, warf er ihn in den Aschenbecher und stand auf. »Denk einfach mal drüber nach, okay? Kann nicht schaden, sich mit Toto gutzustellen.«

      Er taumelte leicht zur Seite, als er losmarschierte, fing sich aber wieder und ging in den Flur. Im gleichen Moment klingelte mein Handy und auf dem Display stand: Dee-Dee-Dee.

      Ich legte das Telefon auf den Couchtisch, drehte mir eine Fluppe und wartete, bis es zu Ende geklingelt hatte. Herb kam zurück mit den drei Beuteln für Finn und warf sie auf den Tisch, als das Signal für die eingegangene SMS ertönte und das Display aufleuchtete, um mich zu informieren, dass ich vier Anrufe von Dee verpasst hatte.

      »Das erinnert mich daran, dass Dee vorhin angerufen hat«, sagte er. »Du sollst dich bei ihr melden.«

      »Danke.«

      »Sagte irgendwas über ein Elterngespräch mit dem Lehrer morgen.«

      »Ich hab ihre Nachrichten gelesen, alles klar.«

      Er nahm den Joint aus dem Ascher und setzte sich wieder in seinen Sessel. »Wie macht sich Ben denn so?«

      »Prima. Kein Grund zur Sorge.«

      »Ist ein guter Junge.«

      Herb hatte Ben seit Jahren nicht gesehen. Fairerweise muss gesagt werden, dass er sich um Dee gekümmert hat, als ich im Knast saß. Hat sie wissen lassen, dass sie nicht allein ist und er Geld lockermachen kann, wenn sie es braucht. Nicht, dass sie ihn ausgenutzt hätte, aber manchmal ist es ganz gut zu wissen, dass es jemanden gibt für den Fall der Fälle.

      Noch ein Gefallen, den ich ihm schuldete.

      »Also, was meinst du zu Totos Vorschlag?«, fragte er.

      »Klar mach ich’s.«

      »Du rettest meinen Tag, Harry.«

      »Falls Dee anruft, hast du mich nicht gesehen.«

      »Roger und Wilco.«

      Ich drückte die Fluppe aus und griff nach den drei Tüten. Herb zielte mit der Fernbedienung auf den TV-Bildschirm. »Warte«, sagte er, klickte das Menü auf und ging die Optionen im Digital-Radio durch. »Lass uns mal nachschauen, in welcher Stimmung der Klugscheißer gerade ist.«

      Er drückte auf McCool FM, gerade noch rechtzeitig für die letzten Takte von Townes Van Zandts »St. John the Gambler«.

      »Meine Güte«, murmelte Herb.

      Von Van Zandt ging’s zu Joy Division, »She’s Lost Control«. Gleich danach kam Big Star mit »Holocaust«.

      Herb gab als Erster auf.

      »Da sind jede Menge Motown-Sachen«, sagte er und deutete mit dem Spliff auf sein CD-Regal. »Nimm die mit runter zum Hafen, fessle diesen Teilzeit-Philanthropen an seinen Stuhl und sag ihm, er kriegt nichts mehr von mir, bis er Smokey Robinson aufgelegt hat.«

      »Mach ich.«

      4

      Ich zog »Going to a Go-Go« raus, nahm die drei Beutel und ging zum Wagen. Als ich unten in Larkhill angekommen war, leuchtete die Tankanzeige orange auf, also fuhr ich quer durch die Stadt zu einer Tanke an der Pearse Road, die auch nachts geöffnet hatte. Dort konnte ein Taxifahrer mit guten Beziehungen bei jedem Auftanken eine Tasse gratis von etwas bekommen, das wie schwarzer Kaffee roch. Als ich von der Mailcoach Road abbog, klingelte mein Telefon, Dee-Dee-Dee.

      Ich hätte es ignorieren können, aber dann hätte sie immer wieder angerufen.

      »Dee?«

      »Hast du meine Nachricht bekommen?«

      »Welche Nachricht?«

      »Die ich Herb geschickt habe.«

      Ich lenkte den Wagen vor die Tanksäulen, nahm das Handy aus der Halterung, stieg aus und klemmte es zwischen Schulter und Ohr. »Ich hab Herb seit Dienstag nicht


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