Leni Behrendt Staffel 3 – Liebesroman. Leni Behrendt

Leni Behrendt Staffel 3 – Liebesroman - Leni Behrendt


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fragte er harmlos.

      »Jawohl«, lallte der Trunkene. »Ich geh’… mit der… schö…, schönsten Frau… zum… Sta…, Standesamt…, da ist sie.«

      »Aha«, nickte Arninger verständnisvoll, indem er den jungen Mann, den er als Nachbarssohn von klein auf kannte, unterfaßte. »Komm man, mein Jungchen, ich bin dein Trauzeuge.«

      »Wir bringen ihn zu Bett«, raunte Trutz seinem Helfer zu, doch der schüttelte den Kopf und schlug den Weg dorthin ein, wo die Autos der Gäste aufgereiht standen.

      »Ich seh’ mich nach seinem Chauffeur um«, sagte Arninger hastig. »Solange müssen Sie ihn schon in Schach halten, Herr Baron.«

      Darauf enteilte er und kehrte bald darauf mit dem Fahrer zurück, der ohne viel Federlesens seinen Herrn im Wagen verstaute und davonfuhr.

      »Der Mann scheint darin schon Übung zu haben«, lachte Ragnilt, Arninger jedoch seufzte.

      »Leider. Aber erst seit kurzer Zeit, seitdem die Braut des armen Jungen mit einem anderen durchging. Um seinen Kummer zu betäuben, greift er jetzt zum Alkohol. Ein wahrer Jammer, daß dieser anständige Mensch an so eine lockere Person herangeraten mußte. Und am schlimmsten ist, er trauert ihr nach. Wahrscheinlich hat er die Frau Baronin in seinem bedudelten Kopf für die Entschwundene gehalten, daher die Faselei vom Standesamt. Hat er Sie etwa belästigt?«

      »Nein. Er kam nicht dazu, weil mein Mann rechtzeitig erschien und somit ein Aufsehen verhinderte, das äußerst peinlich hätte werden können. Aber was ist das bloß für ein Mann, der sich wegen einer Frau so aus der Bahn werfen läßt.«

      »Das ist schon reiferen Männern passiert als diesem noch sehr jungen«, versetzte Trutz trocken. »Wie sagt Logau: Wo Liebe kommt ins Haus, da zieht die Klugheit aus.«

      »Und gegen Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens«, parierte Ragnilt schlagfertig. »Das ist’s also.«

      Vergnügt fiel sie in das Lachen der Herren ein, und langsam ging man zu den anderen zurück, von denen niemand den peinlichen Zwischenfall bemerkt hatte.

      Zum Glück gab es keinen weiteren Betrunkenen. Wohl hatte man die Bar eifrig besucht, aber immerhin dabei Maß gehalten.

      So herrschte denn eine leichtbeschwingte Fröhlichkeit. Das junge Volk konnte vom Tanz nicht mehr genug kriegen. Wenn es schon glaubte, keinen Schritt mehr tun zu können, wippten jedoch die Füße, sofern die Musik einsetzte.

      Die älteren Herrschaften hingegen vergnügten sich jeder auf seine Art. In Gruppen saß man zusammen, plauderte oder machte Spielchen, wobei man aus dem Lachen kaum herauskam.

      Nur Skat, das beliebte Spiel der älteren Herren, war heute verpönt. Doch da Trutz die verschworenen Spieler leid taten, gab er ihnen vertraulich zu verstehen, daß in der Bibliothek des Schlosses alles für ein Spielchen vorbereitet wäre.

      So konnte es kommen, daß mehr als die Hälfte der älteren Herren aus dem Park verschwunden war. Darunter befanden sich auch Onkel Arnold, der Landschaftsrat und Arninger.

      Und die schnöde im Stich gelassenen Ehehälften? Die suchten Zuflucht bei der alten Baronin, die an einem langen Tisch residierte, so daß es zu einem »Club der Angejahrten« kam, wie Trutz es schmunzelnd bei sich nannte, was jedoch nicht ausschloß, daß es ihn gerade zu diesem Club zog, weil es dort höchst fidel zuging. Doch wenn er sich so richtig breitmachen wollte, scheuchte die Großmutter ihn auf.

      »Ab mit dir, mein Sohn, du hast bei uns Alten nichts zu suchen. Misch dich unter das junge Volk, zu dem du mit deinen dreißig Jahren immer noch gehörst.«

      Als jedoch eine längere Tanzpause eingelegt wurde, die man mit leiblicher Stärkung ausfüllte, durfte er im »Club« verweilen und mit Behagen das verspeisen, was er sich von den langen Tischen geholt.

      Jetzt nahte auch Ragnilt, in einer Hand ein Sektglas, in der anderen ein Tellerchen mit pikantem Fleischsalat. Das Brötchen dazu klemmte zwischen den Zähnen.

      »Wann weiß sie sich mal nicht zu helfen«, lachte die Großmutter, während Trutz seiner Ehehälfte einen Stuhl zurechtschob, auf den sie sich vergnügt niederließ. Glas und Teller wurden abgestellt, der Mund von dem Knebel befreit.

      Und dann sah sie mal erst gleich den anderen auf Brunhild, die an der Seite eines Mannes herankam, den sie fast um Haupteslänge überragte. Dazu war er beängstigend dürr, was neben Brunhilds Stattlichkeit doppelt erbarmungswürdig wirkte.

      »Das ist Brunchens neuester Verehrer«, flüsterte die lose Rag­nilt den anderen zu, die darob vor unterdrücktem Lachen rot anliefen. Sie durften damit auch noch nicht herausplatzen, als das komische Männchen sich mit einem forschen Handkuß verabschiedete. Erst als es außer Hörweite war, brandete das Lachen auf.

      »Brunchen, der paßt zu dir wie die Faust aufs Auge.« Hermine wischte die Tränen fort. »Diese Eroberung darfst du nicht entwischen lassen. Worüber hast du mit ihm gesprochen?«

      »Über Altertumswert«, kam es in komischer Verzweiflung zurück. »Ich weiß jetzt genau, wieviel ich wert bin, anhand seines überzeugenden Vortrags. Und als ich halb wirr im Kopf entfleuchte, trippelte er hinter mir her, drängte mich in die Ecke der Bank, auf die ich schachmatt gesunken war, und belehrte mich weiter mit einer Hartnäckigkeit, wie sie nur noch Gustchen zuwege bringen kann. Nur daß man das Gefühl hat, in einer massigen Klemme erdrückt zu werden, während ich das Männlein hätte bequem auf den Schoß nehmen können.«

      Anklagend sah sie auf die anderen, die sich vor Lachen bogen. Wer Gustchen war, wußten die wenigsten, doch der kleine Mann war allen bekannt als Schwiegervater des jungen Arztes, der mit seinem Vater zusammen in dem naheliegenden Kirchdorf praktizierte.

      Seit der alte Herr vor einem halben Jahr seine Frau verlor, lebte er bei seiner Tochter, wo er ungestört der Gelehrsamkeiten achgehen konnte. Und da er in seiner Weltfremdheit annahm, die Menschen, mit denen er zusammenkam, belehren zu müssen, so war man vor seinen Vorträgen genausowenig sicher wie vor Gustchens Socken.

      Heute nun hatte Brunhild dran glauben müssen, und nur mit List war es ihr gelungen, dem anhänglichen Herrn zu entfliehen.

      Wären weniger Menschen an dem Tisch gewesen, hätte er sich gewiß zu ihnen gesetzt und weiter doziert, doch als Einzelgänger scheute er die Masse Mensch.

      Ergo äugte er nach anderen Opfern aus, die er in den beiden Backfischchen des Hauses auch erwischte. Als die alte Baronin merkte, wie der Gelehrte sich ihnen näherte, sagte sie hastig:

      »Um Gottes willen, jetzt hat er es ausgerechnet auf unser Grünzeug abgesehen. Geh rasch hin, Trutz, und hol es her. Denn die übermütigen Mädchen kriegen es fertig, sich über den seriösen Herrn lustig zu machen.«

      Trutz enteilte, und als er gerade die Gruppe erreicht hatte, trat von der anderen Seite die junge Arztfrau hinzu und sagte lachend:

      »Nun laß bloß die jungen Damen in Ruhe, Papachen. Die haben bestimmt keinen Altertumswert und der Herr Baron auch nicht. Wo hast du übrigens solange gesteckt?«

      »Ich habe auf einer Bank im Park, wo die Dudelei nur noch gedämpft klang, mit einer Dame gesessen, die dem Nibelungenring entstiegen zu sein schien«, erklärte er würdevoll. »Schade, daß ich Nam’ und Art vergessen habe. Weißt du es vielleicht, mein Kind?«

      »Nach deiner Schilderung kann es nur Brunhild von Reichwart gewesen sein.«

      »Siehst du – Brunhild – da haben wir’s!« geriet der kleine Mann in helle Begeisterung. »Wie alt mag sie sein?«

      »Bestimmt noch keine tausend Jahre, Papachen. Nun laß deine Altertümer mal ein Weilchen ruhen und komm an unseren Tisch, wo du nach den geistigen Genüssen dich den leiblichen hingeben kannst.«

      Den anderen verschmitzt zuwinkend, faßte sie ihren Vater unter und zog ihn mit sich fort.

      Obwohl sie zierlich war, überragte sie das Männlein dennoch um einige Zentimeter.

      Trutz hingegen hakte sich rechts und links bei den Mädchen ein, um sie rasch außer


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