Leni Behrendt Staffel 3 – Liebesroman. Leni Behrendt

Leni Behrendt Staffel 3 – Liebesroman - Leni Behrendt


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seid so richtige Gänschen«, stellte Trutz mißbilligend fest, während er, an jedem Arm ein reizendes Mägdlein, den Parkweg entlang schritt, wie schon vor einigen Wochen einmal. Und so wie damals sangen die Mädchen: Wo steht denn das geschrieben…

      Das war nun etwas für die Musiker, die nach der Labung von Speise und Trank wieder frisch zu neuen Taten waren. Flott spielten sie die Melodie mit, schon wurde Trutz von den übermütigen Mädchen umfaßt, im Walzertakt herumgeschwenkt – und da zog es wie ein einziges Schmunzeln durch die zuschauende Gesellschaft.

      Es war aber auch ein zu lustiges Bild, wie der Mann da zum Tanz gezwungen wurde. Wie entzückende Kobolde umgarnten sie ihn.

      Die Füßchen flogen, die bauschigen Röcke wippten. So tanzten sie an den Tisch der Seniorin, versanken im schönsten Hofknicks und nahmen den Applaus gnädig auf.

      »Na, das ist heute mal was für euch Strolche«, besah sich Hermine lächelnd das lustige Gespann. »Wieviel Dummheiten habt ihr hinter euch?«

      »Ach, Umilein, wo denkst du hin«, tat Elvira beleidigt, während in ihren Augen der Schalk blitzte.

      »Frau Baronin, wie sind Sie doch um so viel köstliche Jugend zu beneiden, die Sie um sich haben dürfen«, sagte Frau Elzerau wehmütig, und die andere lachte.

      »Hauptsächlich dann, wenn sie allerlei Allotria treibt, wobei selbst Brunchen manchmal noch mitmacht.«

      »Aber jetzt nicht mehr!« rief diese lachend dazwischen. »Fortan muß ich mich meines Altertumswertes würdig erweisen, wie Nofretete und Kleopatra, die der gelehrte Herr mit mir zusammen in einem Atemzug zu nennen beliebte.«

      »Und uns hat er gesagt, du wärest dem Nibelungenring entstiegen!« rief Maren in das schallende Gelächter hinein. »Er fragte seine Tochter sogar, wie alt du wohl wärest, worauf diese erwiderte, tausend Jahre bestimmt noch nicht.«

      »Damenwahl!« rief in dem Moment ein Musiker, und ehe Trutz es sich so recht versah, war er von einem Mädchenflor umringt.

      »Ja, meine Damen, wen soll ich da wohl wählen?« tat er kläglich. »Eine ist so schön wie die andere.«

      »Ich war aber zuerst da.«

      »Nein, ich, Herr Baron.«

      »Nein – ich!«

      »Ja, was macht man denn da?« kratzte der bedrängte Mann sich den Kopf – und schon kam ihm die Gattin zur Hilfe. Singend gab sie ihm den guten Rat:

      »Drum entscheid’ ich froh,

      wie der weise König Salomo:

      Wo steht denn das geschrieben…

      Also tanze als Oberon mit deinen Elfen«, sprach sie dann weiter, und nur der Gatte hörte den Spott in ihrer Stimme: Alle anderen waren begeistert. Mit Triumph wurde er von den Mädchen zur Tanzfläche gezogen – und schon war der schönste Reigen im Gange.

      »Der arme Trutz«, sagte Brunhild lachend. »Der wird ja ganz benebelt von all den weichen Armen, die ihn umschlingen. Und du siehst dir das alles so gelassen mit an, Ragnilt?«

      »Warum denn nicht?« entgegnete sie gleichfalls lachend. »Der Mann gewinnt für die Gattin erst an Wert, wenn er auch anderen Frauen gefällt.«

      Damit ging sie, um einen Herrn zum Tanz zu bitten, der als Schwerenöter bekannt war. Ein Wunder, daß er noch nicht tanzte, aber das lag wohl daran, weil die jungen Damen sich auf den Baron Swindbrecht gestürzt hatten, dem dieser Kavalier nicht das Wasser reichen konnte, wie man so sagt.

      »Gnädigste Baronin, welch eine Ehre«, begann er, sich sozusagen in die Brust werfend. Das war aber auch alles, denn zum Tanz sollte es nicht kommen, weil die Musik unvermittelt abbrach. Ragnilt wußte auch warum, weil sie das Zeichen gesehen hatte, das der Gatte verstohlen den Musikern gab.

      »Wie schade«, bedauerte der um den Tanz Betrogene, und höflich bedauerte Ragnilt mit. Langsam ging sie tiefer in den Park hinein, wo das Licht der Lampions nicht mehr hinreichte. Doch kaum hatte sie das Dunkel betreten, als eine wohlbekannte Stimme neben ihr sagte:

      »Kehr um, Ragnilt, ich habe nämlich keine Katzenaugen.«

      »Warum das?« fragte sie verblüfft, und er zuckte die Achsel.

      »Kommentar überflüssig. Du bist klug genug, um zu wissen, daß im Dunkeln stets Gefahr lauert. Und immer kann ich nicht gleich zur Stelle sein, um sie von dir abzuwenden.«

      »Weißt du, was du bist?«

      »Bitte, nicht weiter«, schnitt er ihr kurz das Wort ab. »Warum siehst du den Splitter in deines Nächsten Auge und nicht den Balken in deinem eigenen? So heißt es doch in der Bibel, nicht wahr?«

      Da wandte sie sich brüsk ab und hastete davon, um möglichst schnell die ihr unliebsame Begleitung abzuschütteln, was ihr auch gelang, sobald sie wieder in Licht und Helle war. Anscheinend kümmerte der Gatte sich jetzt nicht mehr um sie – und dennoch wußte sie, daß er sie auf Schritt und Tritt bewachte.

      Warum?

      Ja, warum. Um das zu ergründen, dafür kannte sie den Mann zu wenig, der ihr doch am nächsten stehen sollte von allen Menschen auf der Welt. Aber er hatte sie damals so grausam im Stich gelassen.

      Nein, darüber kam sie nicht hinweg.

      Viel Übles hab’ an Menschen ich bemerkt, das schlimmste ist ein unversöhnlich Herz.

      Warum kamen ihr diese Worte Grillparzers so plötzlich in den Sinn? Das war ja Unsinn – oder auch nicht?

      Ach, Ragnilt wußte es nicht. Sie wußte nur, daß sie durch das so plötzlich veränderte Benehmen des Gatten aus ihrem seelischen Gleichgewicht geraten war.

      Ich mußte dir endlich einmal beweisen, daß ich nicht mehr länger mit mir spielen lasse, du gefährliche Circe.

      Diese Worte verfolgten sie bis in den Traum, schafften ihr quälende Herzenspein. Dazwischen geisterte die Mahnung: Es gibt auf Erden nicht nur die eine.

      Und als Ragnilt aus diesem unruhigen Schlummer erwachte, war ihr Kissen von Tränen naß.

      *

      Nach dem Gartenfest kam die Zeit für den Landwirt, die man mit Hochsaison bezeichnete. Mit der Heuernte begann sie und dehnte sich über die Sommermonate aus bis in den Herbst hinein. Und wo das Auge des Herrn nicht wacht, da werden die Kühe nicht fett, sagt eine alte Bauernregel.

      Arnold von Reichwart, der nun endgültig Holzhusen käuflich erworben hatte, war dort genauso auf Posten wie sein Neffe Trutz auf Brechten. Mit ihm die Großmutter, in immer noch ungebeugter Kraft.

      Brunhild hatte in der Buchhaltung ein vollgerüttelt Maß von Arbeit, und Ragnilt sah im Hauswesen nach dem Rechten.

      Es war überhaupt stiller geworden in dem weiten Schloß, seitdem Elvira größtenteils in Holzhusen weilte und Maren sich mit den Eltern wieder einmal auf Reisen befand. Fast jeden Tag erhielt man von ihr eine Karte, und auf der letzten war auch ein Gruß von Gisbert dabei. Ein Zeichen, daß er sich Eltern und Schwester angeschlossen hatte.

      Als Elvira die Karte las, sagte sie in ihrer freimütigen Art:

      »Auf den Gisbert bin ich schrecklich neugierig. Ob er mit seinen Eltern nach Hause zurückkehren wird?«

      »Wahrscheinlich«, gab Trutz Antwort, dabei einen verstohlenen Blick auf Ragnilt werfend, der dunkle Röte ins Gesicht gestiegen war. »Es wird ja auch langsam Zeit, daß er sein Studium wieder aufnimmt.

      Und nun erzähle mal, du Irrwisch, was du in Holzhusen wieder alles auf den Kopf gestellt hast«, schweifte er um Ragnilts willen von dem verfänglichen Thema ab. »Ist Muttchen Arninger von deiner Wirbelei nicht schon schachmatt?«

      »Ach wo, die wirbelt mit«, lachte das Mädchen. »Wir verstehen uns glänzend, nicht wahr, Paps?«

      »Kunststück, da sie dir allen Willen läßt«, kam es trocken zurück. »Sehr für dich zum Schaden, du verwöhntes Gör.«


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