Hochzeit machen ist nicht schwer .... Hanna Berghoff
eigenen Brüder oder Schwestern habe, sind Justus und Sissy das, was dem am nächsten kommt.«
»Das ist aber nett.« Marina streckte die Hand aus, und Sissy nahm sie, betrachtete sie jedoch verstohlen misstrauisch.
Justus führte wieder seine Nummer mit der Umarmung vor. Er ließ sich das auch bei Marina nicht nehmen. »Na . . .« Lachend schaute er Ronja an. »Da hast du dir ja was geangelt!«
»Falls das ein Kompliment sein sollte, bedanke ich mich dafür«, entgegnete Marina schmunzelnd. »Und du kannst mich jetzt loslassen.«
»Oh . . . Ja . . . Verzeihung.« Justus wirkte auf einmal etwas verlegen.
»Er macht das immer«, entschuldigte Ronja ihn. »Ist eben ein richtiger Bauerntrampel.« Sie grinste.
»Du! Pass auf!« Justus boxte heftig in ihre Richtung, aber Ronja wich geschickt aus. Sie hatte das schon erwartet.
»Stimmt doch«, sagte Sissy. »Du hast dich nie darum bemüht, etwas anderes zu sein. Du bist und bleibst ein Bauer.«
»Und stolz darauf«, bestätigte Justus, während er selbstbewusst die Brust herausstreckte. »Das Einzige, was ich daran bedauere, ist, dass es kaum eine Frau mehr gibt, die Bäuerin sein will.«
»Bauer sucht Frau?«, fragte Marina mit einem Glucksen in der Stimme.
»Tja, leider ist das kein solcher Witz, wie es im Fernsehen erscheint«, sagte er, auf einmal etwas ernster. »Ein Bauernhof ist wirklich nicht vollständig ohne eine Frau, die sich um alles kümmert.« Er grinste wieder. »Einschließlich des Bauern.« Nur widerstrebend wandte er seinen Blick von Marina ab und erneut Ronja zu. »Was bist du nur für ein Glückspilz? Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie gern ich mit dir tauschen würde.«
»Oh, Marina hat nichts gegen Männer«, bemerkte Ronja trocken. »Du kannst sie ja mal fragen.«
Schlagartig herrschte verblüffte Stille.
»Das meint Ronja natürlich nicht ernst«, fiel Marina etwas hastig mit ihrer klaren Stimme ein und hakte sich schnell bei Ronja unter. »Selbstverständlich habe ich nichts gegen Männer.« Sie lächelte Justus an. »Aber der einzige freie Posten wäre der als Hausfreund.« Sie lachte leise. »Denn verheiratet bin ich ja nun mit Ronja. Nicht wahr, Schatz?« Sie hauchte einen Kuss auf Ronjas Wange und schaute ihr tief und scheinbar verliebt in die Augen.
Ronja spürte, wie ihre Knie weich wurden. Das hatte sie jetzt nicht gerade noch gebraucht. Sie räusperte sich. »Ja. Ja, natürlich«, erwiderte sie.
Am liebsten hätte sie sich schnell von Marina losgemacht und Justus und Sissy erklärt, dass das alles ein Irrtum war, aber schon kam Johann in die Halle, und alle Aufmerksamkeit wandte sich ihm zu, als er fragte: »Bleiben die Herrschaften zum Abendessen?«
»Warum nicht?« Justus lachte. »So lange ist das ja nicht mehr hin, und ich weiß, dass es bei euch immer etwas Gutes gibt.« Er zwinkerte Johann zu, der das mit einem leicht väterlichen Lächeln quittierte und zurückgab: »Und Sie hatten immer genug Appetit, dass nichts übriggeblieben ist, Herr Justus.«
»Den habe ich nachher bestimmt auch«, sagte Justus. »Und jetzt zeigen wir Marina das Gut, oder, Ronja? Das wolltest du sicherlich gerade allein tun, aber da hast du jetzt Pech gehabt. Turteln könnt ihr, wenn wir weg sind.«
Marina schien das Ganze wesentlich mehr zu genießen als Ronja. Sie ließ Ronjas Arm los, was Ronja dazu veranlasste, innerlich erleichtert aufzuatmen, und hängte sich bei Justus ein. »Ich glaube, du bist ein besserer Führer als Ronja. Und du kennst dich doch sicher auch mit allem hier aus. Außerdem«, sie senkte ihre Stimme, »kannst du mir dabei ein paar Geschichten aus eurer Kindheit erzählen. Ich kann mir Ronja als Kind nämlich gar nicht vorstellen. War sie da auch immer so ernst?«
»Du hast sie geheiratet, also musst du das Ernste ja mögen«, erwiderte Justus, während er mit ihr hinausschlenderte. »Aber die Antwort auf deine Frage ist nein. Sie war ein ziemlich wildes Kind.« Er schaute sich zu Ronja um und blinzelte ihr zu, als sie nach Luft schnappte. »Hat uns immer zu irgendwelchen Streichen überredet.«
»Das«, Marina schaute sich ebenfalls zu Ronja um, »kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Darüber musst du mir mehr erzählen.«
»Gern«, sagte Justus. »Ronjas Freunde sind meine Freunde. Und ihre Frau«, er betrachtete Marina bewundernd, »sowieso.«
Sie entfernten sich aus Ronjas und Sissys Hörweite, da die beiden sich bislang nicht gerührt hatten. Sissy stand immer noch neben Ronja und sah etwas düster aus. »Willst du nicht mitgehen?«, fauchte sie Ronja fast an. »Schließlich ist sie deine Frau!«
Ronja schüttelte leicht den Kopf. »Du weißt, dass Justus ihr nichts tun wird. Er ist ein Ehrenmann. Er klopft nur immer gern Sprüche.«
»Also ich würde ja ein bisschen besser auf mein Ehegespons aufpassen, wenn ich gerade erst geheiratet hätte. Ihr seid doch noch in den Flitterwochen?«
Irgendetwas in Sissys Gesichtsausdruck bewog Ronja dazu, ihr nicht die Wahrheit zu sagen, auch wenn sie das ursprünglich vorgehabt hatte. Alles hatte sich so schnell in eine andere Richtung entwickelt als erwartet. »Ja«, bestätigte sie plötzlich ganz selbstverständlich. »Wir sind noch in den Flitterwochen.«
»Und da bringst du sie hierher und treibst sie in Justus’ Arme?« Sissy folgte ihrem Bruder und Marina mit schnellen Schritten.
»Sissy . . .« Ronja ging ihr nach. »Was hast du denn? Justus ist dein Bruder. Und er ist auch wie mein Bruder. So wie du wie meine Schwester bist. Wir sind wie eine Familie. Da ist es doch ziemlich naheliegend –«
»Dass du sie uns vorstellst, deine wunderhübsche junge Frau«, bemerkte Sissy ziemlich giftig, »damit wir sie in die Familie aufnehmen?«
»Nicht direkt.« Ronja zuckte die Schultern. »Aber ihr seid herübergekommen . . .«
»Das war Justus’ Idee«, entgegnete Sissy scharf. »Er konnte sich kaum zurückhalten, als wir es hörten.«
»Dich hat es nicht interessiert?«, fragte Ronja mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Doch.« Sissy schien sich langsam zu beruhigen. »Natürlich hat es mich interessiert. Mit so etwas hat ja schließlich«, sie räusperte sich, »niemand gerechnet.«
»Ja, es kam«, Ronjas Lippen zuckten, »auch für mich ziemlich überraschend.«
»Ihr kennt euch noch nicht lange?«, fragte Sissy sofort.
»N-nein. Noch nicht lange.« Das war zumindest die Wahrheit. »Es ging tatsächlich . . . ziemlich schnell«, fügte Ronja zögernd hinzu.
»Das hätte ich nie von dir gedacht.« Sissys Blick durchbohrte sie fast. »Die ganzen Jahre –«
»Ja.« Ronja unterbrach sie, weil sie nun Justus und Marina erreicht hatten.
»Du hast deiner Braut nichts über das Gut erzählt?«, fragte Justus erstaunt, als Ronja vor ihm stehenblieb. »Gar nichts?«
»Ich . . . Es war . . . so wenig Zeit«, rettete Ronja sich in eine lahme Entschuldigung.
»Liebe auf den ersten Blick«, bemerkte Sissy beißend. »Und gleich vor den Traualtar. Wer hätte das von unserer lieben Ronja gedacht?«
Justus riss weit die Augen auf. »Ehrlich?«
Ehrlich . . . ist hier gar nichts, dachte Ronja. Und es wird von Minute zu Minute schlimmer. Ich muss das stoppen.
Sie öffnete den Mund, aber sie kam nicht dazu, etwas zu sagen, weil Marina mit einem süßen Lächeln einfiel: »Wir waren anderweitig beschäftigt.« Sie zwinkerte. »Versteht ihr das nicht?«
Oh Gott! dachte Ronja. Das auch noch!
»Aber natürlich.« Justus grinste von einem Ohr zum anderen. »Ihr hattet nicht viel Zeit zum Reden.«
Marina kam zu Ronja herüber und hängte sich wieder an ihren Arm. »Aber hier . . .«, fuhr sie immer