Tod des Verlegers. Christina Wermescher

Tod des Verlegers - Christina Wermescher


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Sonnenschein und bildeten einen scharfen Kontrast zu dem dunklen Wald, dessen Bäume bis in den Himmel zu reichen schienen. Mit offenem Mund drehte ich mich im Kreis. Es sah so realistisch aus!

      Aus den Augenwinkeln nahm ich eine Bewegung wahr und wandte mich nach links. Auf der Scheibe war eine humpelnde Frau aufgetaucht, die mehr schlecht als recht über die Felder stolperte und aus zahlreichen Wunden blutete. Ein Mann in einer pechschwarzen Rüstung verfolgte sie mit erhobenem Schwert. Mitten auf dem Acker blieb die Frau stehen und trat dem Mann, der sich mit Riesenschritten näherte, mit erhobenen Händen entgegen. Gebannt verfolgte ich das Geschehen. Das war besser als jedes Kino!

      Als die Klinge des Mannes in einer fließenden Bewegung in den Körper der Frau fuhr, schrie ich auf. Was für ein sinnloses, grauenvolles Ende.

      Plötzlich hob der Ritter im Spiegel den Kopf und sah mir direkt in die Augen. Langsam, fast gemächlich zog er sein Schwert aus dem Körper der Frau und kam näher. Mit jedem Schritt wurde sein Bild im Spiegel größer. Als er es vollends ausfüllte, schwang er seine Waffe.

      Ich sprang instinktiv zurück und … krachte durch den Spiegel hinter mir.

      Ein lautes Sirren durchbrach meine Gedanken. Intuitiv rollte ich mich zur Seite. Dort, wo ich gerade noch gelegen hatte, fuhr das Schwert des Ritters ins Gras.

      Ins Gras?

      Ich sprang auf. Was war hier passiert? Ich stand in der Landschaft, die ich in den Spiegeln gesehen hatte. Rasch drehte ich mich im Kreis, doch das Kabinett war verschwunden. Panik drohte mich zu übermannen.

      »Vorsicht!«, schrie eine Stimme in meinem Kopf und ich warf mich zu Boden, gerade rechtzeitig, um dem nächsten, kraftvollen Schwerthieb auszuweichen, der mich mühelos in zwei Hälften geteilt hätte.

      Wie von Zauberhand sprang das Messer aus der Tasche in meine Hand. Hass loderte in mir auf und übernahm die Kontrolle. Reflexartig duckte ich mich unter dem nächsten Schwerthieb hinweg, eine Zuschauerin im eigenen Kampf. Blind vor Wut stieß ich dem Ritter das Messer in die ungeschützte Stelle an seiner Seite. Bevor ich realisierte, was geschehen war, schlug der Angreifer mit einem lauten Knall auf dem Boden auf. Nur langsam ebbte das Adrenalin in meinem Körper ab. Ich schauderte. Woher wusste ich überhaupt von der Schwachstelle in der Rüstung des Kriegers? Meine Knie begannen zu zittern, schnell übertrug sich das Beben auf meinen ganzen Körper. Was war mit mir passiert? Und wo hatte ich gelernt, so zu kämpfen?

      Vorsichtig näherte ich mich dem Fremden, der in einer immer größer werdenden Blutlache lag und sich nicht bewegte.

      Ich war … ein Monster!

      Als hätte das Wort einen Schalter umgelegt, erinnerte ich mich wieder an die Bilder aus dem Spiegel. Der Ritter war auch nicht besser, hatte eine hilflose Frau umgebracht. Ich ließ meinen Blick über die Felder schweifen und sah ihren Körper einige Dutzend Meter entfernt liegen. Das Messer immer noch in der Hand, näherte ich mich der Fremden.

      Überrascht stellte ich fest, dass sie noch atmete. Ihr blutverschmiertes Gesicht kam mir irgendwie bekannt vor, doch ich konnte nicht sagen, woher.

      Plötzlich schlug sie die Augen auf, die sich vor Schreck weiteten.

      »Was machst du hier? Verschwinde, ehe sich die Durchgänge zwischen den Welten wieder schließen!«

      Ich war wie vor den Kopf gestoßen. »Aber … wie? Was … warum?«, stotterte ich, unfähig, meine Gedanken in Worte zu fassen.

      »Für Erklärungen ist jetzt keine Zeit. Belur, der Wächter, wird dir alles erklären und deine Erinnerungen freisetzen. Doch jetzt flieh, sie kommen!«

      Alarmiert blickte ich mich um und sah, wie mehrere Ritter die Felder durchkämmten.

      »Flieh!«, wiederholte die Frau eindringlich. »Sie werden dich nicht noch einmal unterschätzen. Du hast pures Glück, dass sie deine Rückkehr nach all den Jahren nicht mehr erwartet haben. Lauf in den Wald! Die Quelle ist deine einzige …« Ihre Stimme versagte.

      Ich sprang auf und hechtete auf den Wald zu. Hinter mir erschollen Alarmrufe, anscheinend hatten die Angreifer den Leichnam ihres Kameraden entdeckt. Ohne mich umzudrehen, hastete ich zwischen den Bäumen entlang, hörte, wie hinter mir die Verfolger durchs Unterholz brachen.

      Schlitternd kam ich am Rand eines kleinen Sees zum Stehen. War das die Quelle, von der die Frau gesprochen hatte?

      Mit einem lauten Sirren flog ein Pfeil knapp an meinem Ohr vorbei. Erschrocken drehte ich mich nach rechts und erblickte auf einer Lichtung einen Ritter, der bereits den nächsten Pfeil auf die Bogensehne legte. Ich holte tief Luft und sprang, ohne nachzudenken, in den See.

      ***

      Eiskaltes Wasser klatschte in mein Gesicht und ich schlug die Augen auf. Über mir stand der kleine Mann, einen leeren Eimer in der Hand. »Den kaputten Spiegel ersetzt du mir aber!«, murrte er verdrießlich.

      Ich rappelte mich hoch. Was war geschehen?

      Langsam folgte ich dem Zwerg zum Ausgang, der nur wenige Meter entfernt lag. Erst jetzt merkte ich, dass meine Finger immer noch krampfhaft das Messer umklammerten. Ich erstarrte, als ich die Blutstropfen an der Klinge sah, und sank zu Boden. Es war alles wahr. Ich, eine Mörderin. Doch wie …?

      Der Mann stieß mich mit dem Fuß an.

      »Los, aufstehen! Ich will für heute schließen.«

      Plötzlich fiel mir wieder ein, was die Frau gesagt hatte, bevor sie gestorben war.

      »Kennst du jemanden namens Belur?«, fragte ich ihn.

      Der Zwerg erstarrte mitten in der Bewegung. »Das kann nicht sein«, flüsterte er, mehr zu sich selbst als an mich gerichtet. »Aber dann …« Er straffte die Schultern, seufzte und zwirbelte seinen Bart. »Ich dachte, ich würde diesen Tag nie erleben. Belur Elgarsson, Hüter der Spiegel. Es ist mir eine Ehre«, stellte er sich vor.

      »Die Frau im Spiegel sagte, ich sei zurückgekehrt. Was hat sie damit gemeint?«, wollte ich wissen.

      Die Gesichtszüge des Hüters entgleisten. »Das kann nicht sein«, flüsterte er. »Nach all den Jahren! Ich wusste doch gleich, dass mir dein Gesicht bekannt vorkommt. Du ähnelst deiner Großmutter sehr. Sie war eine bemerkenswerte Frau – und eine große Kriegerin.« Wehmütig sah er mich von der Seite an. »Folge mir! Ich mach uns etwas Tee«, ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, »mit ganz viel Rum. Wenn du wieder bei Kräften bist, musst du mir erzählen, was geschehen ist.«

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