Seewölfe Paket 33. Fred McMason

Seewölfe Paket 33 - Fred McMason


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donnernden Knall, und im Wasser erschienen viele kleine Fontänen.

      Für die anderen war der Schuß offenbar ein Signal. Sie wurden noch kribbeliger und brüllten durcheinander. Der Schütze rannte nach achtern und beschwichtigte den aufgeregten Haufen durch wilde Gesten und gebrüllte Worte.

      Don Julio de Vilches gluckste. Das Glucksen drang tief aus seiner Kehle und sollte ein Lachen andeuten.

      „Angst vor der eigenen Courage“, wiederholte er. „Eine geradezu ergötzliche Vorstellung, daß sie auf einmal die Hosen voll haben. Señor Pergoza, lassen Sie sofort aus den beiden noch verbliebenen Backbordgeschützen feuern. Oder sind die bereits ebenfalls nach achtern gebracht worden?“

      „Nein, noch nicht, Don Julio. Darf ich dazu bemerken, daß der Winkel viel zu spitz ist? Wir werden auf mindestens zwei Schiffslängen vorbeifeuern.“

      „Haben Sie denn meine Taktik noch immer nicht begriffen, Sie Unschuldslamm? Zermürben, in Panik versetzen! Sie sehen doch, wie die Kerle fast überängstlich reagieren. Schon das Boot hat sie völlig durcheinander gebracht. Los, lassen Sie die Musik aufspielen!“

      Pergoza gab den Befehl einigermaßen verblüfft an den Stückmeister des Zwischendecks weiter.

      Der wunderte sich nicht lange und fragte auch nicht, ob er vorbeischoß oder traf. Ihm war das gleichgültig. Er hatte einen Befehl auszuführen, und das tat er mit eifriger Hingabe.

      Zwei Zehn-Pfünder gingen auf die Reise. Im Rumpf krachte es so laut, als fliege die Galeone auseinander. Die Resonanz war unglaublich stark und ging selbst de Vilches durch und durch. Er spürte, wie die Planken unter seinen Füßen bebten und ein wilder, höllischer Gesang durch das gesamte Schiff ging.

      Dafür war der Effekt um so erstaunlicher.

      Auf der „Isabella“ gerieten die Kerle schier aus dem Häuschen, als unvermittelt zwei Zehn-Pfünder krachten. Beide Kugeln donnerten in die See und ließen sie wild aufschäumen. Sie lagen allerdings sehr weit querab und richteten keinen Schaden an.

      „Noch zwei!“ schrie Don Julio. Sein faltiges Gesicht, sonst eingetrocknet und leblos wirkend, blühte sichtlich auf, als er den „Erfolg“ seiner Ballerei sah.

      Noch zweimal ging ein Bersten und Krachen durch das Schiff. Die Resonanz übertrug sich dabei auf alle Decks und ließ sogar die Masten heftig vibrieren.

      Wieder schlug es an fast der gleichen Stelle ein. Gleichzeitig näherte sich auch die Jolle von der anderen Seite her dem vermeintlichen Ruderhavaristen.

      Das Aufbrüllen der Stücke war tatsächlich ein Erfolg. Don Julio war jetzt restlos davon überzeugt, daß die Kerle mit ihren Nerven langsam am Ende waren.

      Zwei wurden von solcher Panik ergriffen, daß sie sich mit einem wilden Sprung ins Wasser stürzten. Sie waren noch nicht richtig aufgetaucht, als sie auch schon zum Land schwammen.

      Ein weiterer hüpfte ebenfalls ins Meer, zappelte im Wasser und schrie gellend um Hilfe.

      De Vilches ließ seine knöcherne Faust krachend auf den Handlauf der Balustrade sausen.

      „Wir kriegen sie“, sagte er heiser. „Das wird mein Triumph! So kann ich mich wenigstens an den Kerlen schadlos halten. Genau beobachten, wohin sie rennen. An Land fassen wir die Halunken später, und dann werde ich alles aus ihnen herausprügeln, was ich wissen will. Bewahren Sie dieses Beispiel in Ihrer Erinnerung, Pergoza. Eines Tages können Sie auf diese List auch einmal zurückgreifen. Sehen Sie sich jetzt genau an, was drüben geschieht.“

      Pergoza schluckte trocken. Er konnte trotz allem nicht glauben, was er sah, doch es war nüchterne Wirklichkeit.

      Hinter dem Ruderblatt schwammen ein paar Hölzer im Wasser, mit denen die Kerle ihr Flickwerk begonnen hatten. Jetzt ließen sie alles einfach im Stich.

      Über eine Jakobsleiter enterten noch ein paar Kerle ab und drängten sich in der Jolle. Das Beiboot wurde abgestoßen, dann pullten sie wie die Wilden zum Land hinüber, wo sie für etliche Augenblicke hinter der Landzunge verschwanden. Die anderen an Bord warteten ungeduldig, daß man sie ebenfalls holte. Ein Kerl konnte es vor Angst mal wieder nicht erwarten und wählte den kürzeren und schnelleren Weg direkt ins Wasser.

      An Land tauchten die Kerle wieder auf und verschwanden in wilden Sprüngen hinter den flachen Sandhügeln. Manche rannten, als sei der Leibhaftige hinter ihnen her.

      De Vilches konnte sich kaum beruhigen. In seinem Blick lag Genugtuung, und er reckte die magere Brust raus.

      „Das war ihr größter Fehler“, erklärte er kühn. „Diese übereilte Flucht wird ihnen das Genick brechen, mein Lieber. Da, jetzt kehrt die Jolle wieder zurück.“

      „Tatsächlich“, murmelte Pergoza fassungslos.

      Ein Mann pullte die Jolle wie ein Verrückter zum Schiff. Seine Arme bewegten sich wie Dreschflegel.

      „Noch zwei Schuß!“ befahl de Vilches. „Wir werden sie völlig zermürben. Die Flucht dieser Bastarde ist für mich wie Musik in den Ohren. Sie kriegen noch einen Ehrensalut für ihre Feigheit.“

      Jetzt enterten auch die letzten Kerle in die Jolle ab, die erneut Kurs auf die Landzunge nahm.

      Die beiden Zehn-Pfünder wühlten wieder das Meer auf und beschleunigten die Ruderer ganz enorm.

      De Vilches lachte mißtönend und höhnisch.

      Er sah allerdings nicht, daß ein Großteil der Männer wieder zurückschwamm und an einer Seite aufenterte, die er selbst nicht einsehen konnte. Auch für die Jolle lag dieses Blickfeld im toten Winkel.

      De Vilches sah nur den scheinbaren Erfolg und flüchtende Männer, die ihre Jolle einsam am Strand zurückgelassen hatten. Weitere Kerle verschwanden in wilden Sprüngen hinter den Hügeln.

      „Vielleicht ist das ein neuartiger Trick“, murmelte Pergoza hilflos.

      De Vilches musterte ihn durchdringend und fast verächtlich von oben bis unten.

      „Sie haben wohl überhaupt noch nichts begriffen“, sagte er von oben herab. „Gar nichts haben Sie kapiert.“

      Er sah, wie die eigene Jolle jetzt Kurs auf das verlassene Schiff nahm und sich ihm näherte.

      „Pfeifen Sie augenblicklich die Kerle zurück“, befahl er schrill. „Sie erhalten von mir erst detaillierte Anweisungen, ehe sie eingreifen dürfen. Los, pfeifen und winken Sie!“

      Zwei grelle Pfiffe ertönten. Pergoza winkte aufgeregt. Er wußte wirklich nicht, was er von der ganzen Sache halten sollte.

      Als die Jolle mit den Seesoldaten abdrehte, griff er zum Spektiv und musterte die „Isabella“ genau und ausgiebig.

      Er sah keinen Menschen mehr an Deck. Es war nicht zu fassen, aber die Kerle hatten ihr Schiff feige im Stich gelassen und waren an Land geflüchtet.

      „Keiner mehr an Bord“, meldete er.

      „Das sage ich doch, sie haben sich abgesetzt, weil sie Angst hatten. An Land versprechen sie sich noch eine Chance zum Überleben, aber die werden sie garantiert nicht mehr haben. Wir fangen sie alle ein, einen nach dem anderen. Sie werden heute abend ein grandioses Schauspiel erleben. Die Gefangenen werden natürlich zur Zwangsarbeit auf unserem Schiff verpflichtet und in Eisen gelegt, sobald wir wieder flott sind. Vorher aber werde ich ihnen die Seelen aus dem Leib peitschen lassen.“

      Er blickte zu der Jolle, die sich näherte. Als sie an die Bordwand stieß, sah er hinunter und deutete mit dem dürren Zeigefinger auf den Teniente.

      „Das Schiff durchsuchen“, sagte er hart. „Alles durchstöbern. Krempeln Sie die Räume um, Teniente, lassen Sie keine Ecke aus. Falls sich noch ein Bastard an Bord versteckt hat, ist er sofort in Gewahrsam zu nehmen. Unblutig, versteht sich, mit Toten kann ich nichts anfangen. Sobald die Galeone requiriert ist, gehen Sie wieder von Bord und an Land. Dort jagen Sie die Flüchtlinge. In dem Fall ist auch Waffengewalt anzuwenden, falls die Kerle sich nicht ergeben. Aber einige von ihnen brauche ich unbedingt lebend. Sie


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