Winterthur 1937. Eva Ashinze
Eva Ashinze
WINTERTHUR
1937
Kriminalroman
Mit historischen Erläuterungen
von Miguel Garcia
Mit freundlicher Unterstützung von:
Gottlieb und Anna-Geilinger Stiftung
© 2020 by orte Verlag, CH-9103 Schwellbrunn
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Umschlaggestaltung: Janine Durot
Umschlagbild: Winterthurer Bibliotheken, Sammlung Winterthur
Gesetzt in Arno Pro Regular
Herstellung: Verlagshaus Schwellbrunn
ISBN 978-3-85830-275-5
ISBN e-Book 978-85830-278-6
Inhalt
Winterthur in der Modernisierungskrise
1Auto um Auto wälzt sich in einer langen Kolonne die Zürcherstrasse entlang, dazwischen Camions, alle mit deutschen Nummernschildern, alle vollbesetzt. Es ist laut, eine Kakofonie aus Hupen und «Sieg Heil»-Rufen, Kuhglockengeläute und schrillen Pfiffen. Der Lärm hallt von den mächtigen Backsteinfassaden der Lokomotivfabrik wider.
Ottmar zwängt sich durch die Menge auf dem Trottoir. Sein Kopf schmerzt fürchterlich. Er versucht, mit der Hand seine Augen gegen das Sonnenlicht abzuschirmen. Schweisstropfen bilden sich auf seiner Stirn, gleichzeitig fröstelt er. Versehentlich rempelt Ottmar eine Gruppe Rotfront-Rufe grölender Männer an und erntet böse Blicke. «Pass doch auf, du Tubel.»
Eine Hakenkreuzfahne wird von der Ladefläche eines Camions geschwungen, schwarz auf weiss auf rot. Ottmar hebt intuitiv die rechte Hand zum Gruss. Neben ihm steht ein Bub, dreht dem Fahnenträger eine lange Nase, schreit gellend: «Haut ab, ihr Nazi-Seckel!»
Ein Krampf lässt Ottmar vor Schmerz aufstöhnen; er greift mit beiden Händen an seinen Bauch.
«Herr Ritter, ist Ihnen nicht gut?»
Ottmar schaut auf. Eine junge Frau mit lockigem Haar und warmherzigen, braunen Augen mustert ihn besorgt.
«Mir ist so elend», sagt er, aber seine Zunge ist trocken und klebt am Gaumen, die Worte klingen nicht richtig.
«Ich verstehe nicht.»
«Lass ihn», schreit der Bub. «Der ist sicher auch ein Nazi.» Er versucht, Ottmar ans Schienbein zu treten.
«Also sag mal, Bueb!», schimpft die Frau. «Man hilft, wenn es jemandem nicht gut geht.» Sie hält mit einer Hand den Jungen zurück, greift mit der anderen nach Ottmars Arm.
«Sie