Über uns die Sterne, zwischen uns die Liebe. N.R. Walker

Über uns die Sterne, zwischen uns die Liebe - N.R. Walker


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schaltete sie ein und hüllte uns in einen roten Schimmer. »Danke.«

      Ich bereitete meine Lampe vor und schaltete sie ebenfalls an, bevor ich hinab zu der Stelle leuchtete, an der das Wasser auf die Felsen traf. »Es sollte nicht mehr lange dauern. Sie waren den ganzen Tag draußen jagen. Also müssen sie an Land kommen und sich ausruhen.«

      »Und sie warten auf die Dunkelheit, um Raubtieren aus dem Weg zu gehen, richtig?«

      »Jepp.«

      Danach schwieg er und rund fünf Minuten später schaltete er seine Taschenlampe aus und öffnete seinen Rucksack. Er zog einen zylindrischen Gegenstand hervor und anfangs hielt ich es für eine dieser Wasserflaschen aus Aluminium, doch dann öffnete er etwas und zog… ein Teleskop hervor?

      Es war eines der ausziehbaren Modelle und er erweiterte es auf volle Länge, setzte es ans Auge und richtete es himmelwärts.

      Okay, jetzt war ich überrascht. Und beeindruckt. Ich hatte ihn vielleicht für vieles gehalten, für einen Sterngucker jedoch nicht. »Wow, das ist cool«, flüsterte ich.

      Er warf mir einen Blick zu, und als er begriff, dass ich von ihm sprach, lächelte er und schien sich etwas zu entspannen. »Es hat meinem Großvater gehört«, murmelte er. Er lächelte das Teleskop an – oder über eine Erinnerung. Ich war mir nicht sicher. »Er ist mit mir Zelten gefahren und wir haben die ganze Nacht damit verbracht, uns die Sterne anzuschauen.«

      Mir war nicht klar, warum ich es wusste, aber ich war mir sicher, dass er diesen Teil seines Selbst nicht mit jedem teilte. »Klingt wundervoll.«

      »Er hat mich die Sternbilder gelehrt.«

      »Klingt nach einem großartigen Mann.«

      Er warf mir einen glühenden Blick zu, bevor er beiseite sah. »War er. Der beste.«

      Ich wollte ihm gerade sagen, dass es mir leid tat – er hatte in der Vergangenheitsform gesprochen, also ging ich davon aus, dass sein Großvater verstorben war –, als ich ein verstimmtes Scharren und das vertraute Krächzen der Pinguine hörte. Ich lehnte mich nach vorn und leuchtete mit dem roten Lichtstrahl auf die Felsen. »Schau, da kommen sie.«

      Unter uns verließ eine Kolonie Zwergpinguine das Wasser. Sie passten sich an die Tide an, um aus den Wellen zu springen und – immer noch recht unbeholfen – auf den Felsen zu landen. Von dort hüpften sie hoch und stiegen die Schräge zu ihren Bauten hinauf.

      Aubrey hatte sich nach vorn gebeugt. Er stützte sich auf eine Hand und hielt mit der anderen die Taschenlampe, um neben mir in die Tiefe zu schauen. Er grinste und ich war mir nicht sicher, welcher Anblick spektakulärer war. Saß er etwas näher bei mir? Oder bildete ich mir das nur ein?

      »Oh mein Gott«, flüsterte er. »Sie sind so niedlich!«

      Das waren sie. Sie gehörten zur kleinsten Pinguinart weltweit und lebten dauerhaft auf der Insel. An die meisten Orte kehrten sie nur zum Brüten zurück, aber diese Kolonien blieben das ganze Jahr über auf der Insel. Es war leicht, sich an ihren Anblick zu gewöhnen, und ich hatte vergessen, wie aufregend es war, sie zum ersten Mal zu erleben.

      »Das sind sie wirklich«, stimmte ich zu.

      Und im Verlauf der nächsten halben Stunde oder so beobachteten wir, wie sie alle gemeinsam watschelnd den Weg aus den dunklen Tiefen des Ozeans zu ihren Höhlen hinter sich brachten. Ich behielt die ungefähren Bestandszahlen der Kolonie im Auge und als die letzten Nachzügler die Küste erreichten, schaltete ich meine Taschenlampe aus. »Ich hatte vergessen, wie viel Spaß das macht.«

      Aubrey lachte leise. »Ich bin wirklich froh, dass ich das zu sehen bekommen habe. Danke.«

      »Gern geschehen. Jederzeit.«

      Er begann, sein Teleskop einzupacken. »Möchtest du noch eine Weile bleiben und die Sterne ansehen?«, fragte ich. »Es kommt nicht sehr oft vor, dass die Nacht über der Insel klar ist.«

      »Du hast nichts dagegen?«

      »Teufel, nein. Ich muss schon sagen: Ich bin beeindruckt. Ich hatte dich nicht für einen Astronomen gehalten.«

      »Na ja, bin ich auch nicht wirklich. Es ist nur ein Hobby.«

      »Jeder, der die Sterne und Planeten studiert, ist ein Astronom, oder nicht?«

      Er grinste. »Ich schätze schon.« Dann seufzte er und wog das Teleskop in den Händen, als würde er dessen Gewicht prüfen. »Ich mag die Beständigkeit der Sterne. Sie verlöschen nie, ungeachtet der Rotation der Erde. Es fasziniert mich, dass sich hinter jedem Stern eine andere Welt verbergen könnte. Der Weltraum ist einfach so gewaltig und voll, dass er alles andere unwichtig erscheinen lässt.« Er unterbrach sich abrupt, als müsste er sich zügeln. »Tut mir leid. Ich habe nur…«

      Ich konnte den Blick nicht von ihm abwenden. »Entschuldige dich nicht.«

      Wir schienen beide gleichzeitig zu bemerken, dass der Wind abgeflaut war. Abgesehen vom Schlagen der Wellen unter uns war es still.

      »Ich vermute, ich studiere den Ozean«, gab ich zu. »Nicht im Ganzen oder die Tiere darin oder die wissenschaftliche Seite. Ich muss den Wind und die Gezeiten im Auge behalten und was für eine Rolle das Wetter spielt.«

      »Macht das einen Ozeanografen aus dir?«, fragte er. »Wenn ich laut deiner Definition ein Astronom bin.«

      Ich lachte leise. »Na ja, nicht wirklich. Ich bin nur ein Leuchtturmwärter. Das Meer im Auge zu behalten, ist Teil meiner Arbeit. So wie ich gerade schnell die Pinguine gezählt habe. Ich behalte ihre Zahlen nur grob im Auge, um zu ihrer Erhaltung beizutragen. Jeden Monat schicke ich einen kurzen Bericht an das Pinguinzentrum in Penneshaw. Es ist kein offizieller Bericht. Es ist nicht wirklich mein Job, ich helfe nur ein bisschen aus. Wenn sich signifikant etwas verändert, wenn zum Beispiel nur zehn auftauchen würden, können sie sich das genauer anschauen.«

      »War das der Fall? Eine Veränderung, meine ich?«, fragte er aufrichtig besorgt. »Stimmt ihre Anzahl?«

      »Genau genommen sehen sie gut aus. Ich habe mehr als vierzig gezählt. Das ist gut. Bedeutet, dass sie gesund sind und das Meer ihnen genug Futter zu bieten hat. Und sie brüten fleißig.«

      Das brachte ihn zum Lächeln. »Ich freu mich.«

      »Ja, es ist ein gutes Zeichen.« Ich deutete auf das Teleskop, das er nach wie vor festhielt. »Also, willst du es benutzen oder nur festhalten?«

      Selbst in der Dunkelheit war ich mir recht sicher, dass er die Augen verdrehte. Doch er setzte das Teleskop wieder an und sah hinauf. Er verharrte so eine Weile und zog langsam einen Bogen über den südlichen Himmel. Ich lehnte mich zurück und beobachtete, wie sich die weißen Wogen an den Felsen unter uns brachen.

      Das Meer war heute ruhiger. Es gab keine wütenden Untertöne. Bei Gelegenheiten wie diesen konnte ich mir vorstellen, dass es keine Macht war, mit der man stets rechnen musste, sondern eine friedliche, sanfte Kreatur, die allem Leben Zuflucht bot. An manchen Tagen schlug es wie ein Herz, der Puls der Erde, der allen Dingen Leben verlieh.

      An manchen Tagen nahm es Leben.

      Es gab einen Grund für das Sprichwort, dass man dem Meer nie den Rücken zukehren solle. Es war eine gnadenlose Kreatur. Ich zog es vor, wenn es sich rau und wechselhaft zeigte, grau und kalt, denn dann war es leichter, sich zu erinnern, zu was es fähig war.

      »Geht es dir gut?«, flüsterte Aubrey neben mir.

      Er hatte sein Teleskop weggepackt und beobachtete mich. Genau wie die Sterne, die er gerade noch betrachtet hatte, war ich Millionen von Lichtjahren weit entfernt gewesen.

      »Sorry. Hab mich in meinen Gedanken verloren.« Ich schenkte ihm das schönste Lächeln, das ich zustande brachte. »Bist du fertig?«

      Er nickte und kam auf die Beine. Er setzte seinen Rucksack auf die Kante, dann beide Hände und stemmte sich behände hoch. Himmel. Ich hielt mich für fit, aber die Tage, an denen ich so mühelos einen Meter vom Boden hochgesprungen war, lagen nun wirklich hinter mir. Mein Gesichtsausdruck musste mich verraten


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