Über uns die Sterne, zwischen uns die Liebe. N.R. Walker
ist kein Date, Patrick.
Warum war ich nervös? Warum hatte ich aufgeräumt und Staub gewischt und warum hatte ich zusätzliche Nudeln für den Fall gekocht, dass er Abendessen wollen könnte? Denn wenn das Mittagessen mit ihm irgendein Hinweis war, hatte ich den Eindruck, dass er nicht sehr gut oder oft aß. Er war mager – eher drahtig als dünn – und auch wenn er recht gesund wirkte, konnte er etwas mehr Gewicht auf den Knochen vertragen.
Also warum, abgesehen von allem anderen, wollte ich ihn bei mir aufnehmen und mich um ihn kümmern? Warum fühlte ich mich so zu ihm hingezogen?
Ich hatte ihm gesagt, dass ich ihn um fünf abholen würde, und um halb fünf tigerte ich in meinem kleinen Wohnzimmer umher. Mein Katze Tabby, meine Hausherrin und Mäusefängerin, musterte mich von ihrem Platz vor dem Feuer verurteilend. »Es ist kein Date«, sagte ich zu ihr. Sie betrachtete mich auf jene überlegene Weise, die Katzen eigen war.
Um zwanzig vor fünf stand ich in meiner Küche, versuchte, mich zu überreden, abzusagen oder auch nicht, und schwankte so wild zwischen den beiden Optionen hin und her, dass ich seekrank wurde. Oder vielleicht waren es die Nerven. Oder die Schuldgefühle.
Um zehn vor stand ich vor dem Kaminsims und fuhr mit dem Finger über den Rahmen von Scotts Foto. Er sah direkt in die Kamera und lachte. Für immer jung und gut aussehend. »Es ist kein Date«, flüsterte ich ihm zu und liebte und hasste das Schweigen, das mir antwortete, wann immer ich mit ihm sprach.
Aber dann heulte draußen der Wind auf und rüttelte an der Tür, als wollte die Insel mir sagen, dass es Zeit zum Aufbruch war. Ich nahm meinen Mantel vom Haken neben der Tür, schlüpfte hinein und zog die Tür hinter mir zu. Ich zwang mich, ins Auto zu steigen, und erreichte den Campingplatz, bevor ich mich überzeugen konnte, dass das hier eine furchtbare Idee war.
Mir ging auf, dass ich keine Ahnung hatte, in welchem Wagen Aubrey übernachtete. Allerdings brannte nur in einem Licht, also ging ich davon aus, dass es seiner sein musste.
Aber kaum, dass ich aus dem Wagen gestiegen war, kam er heraus. Er trug seine blaue Jacke mit der Kapuze im Nacken, Jeans und Stiefel – die einzige Kleidung, in der ich ihn bisher gesehen hatte. Er hielt die Handschuhe, die ich ihm gegeben hatte, und einen schwarzen Rucksack in der Hand.
»Hey«, sagte er und hielt zwei Meter vor mir inne. Es war ein Sicherheitsabstand und ich kam mir dumm dabei vor, mich gefragt zu haben, ob dies eine Art Date war.
»N'Abend«, erwiderte ich und versuchte ihn anzulächeln. »Bereit, dir ein paar Pinguine anzuschauen?«
Er nickte, dann sah er auf zum Himmel. »Wenigstens ist es nicht wolkenverhangen.«
Ich wollte schon sagen, dass den Pinguinen Wolken ziemlich egal waren, entschied mich jedoch dagegen. »Aber es ist windig und die Brise, die südlich vom Meer kommt, kann ziemlich steif sein.« Ich öffnete meine Autotür, doch er zögerte einzusteigen. »Alles klar?«
Er setzte sich in Bewegung. »Ja. Entschuldige.« Er öffnete die Tür und stieg in meinen Wagen. Ich war überzeugt, dass er versuchte, so wenig Raum wie möglich einzunehmen, und er stieg ziemlich schnell aus, sobald ich zu Hause vorfuhr. Doch er sah zum Leuchtturm auf und grinste.
Ich stellte mich neben ihn und sah ebenfalls hinauf. Die roten und weißen Streifen zeichneten sich immer noch gegen den dunkler werdenden Himmel ab und das Leuchtfeuer sandte pulsierend sein Licht aufs Meer.
»Aus der Nähe ist er beeindruckend«, sagte er.
»Ist er. Ich kann mit dir nach oben gehen, wenn du möchtest? Der Ausblick ist fantastisch, selbst bei Nacht.«
Sein Blick suchte voller Aufregung meinen, aber irgendetwas bremste ihn; als müsste er sich selbst daran erinnern, vorsichtig zu sein. »Vielleicht ein anderes Mal.«
»Okay.« Ich zuckte die Schultern, um Gleichgültigkeit bemüht. Dann nickte ich in Richtung meines Hauses. »Gib mir eine Sekunde, um dir die Mütze zu holen. Unten an der Küste wird es noch kälter sein.« Ich wartete nicht darauf, ob er protestierte, denn ich war mir recht sicher, dass es darauf hinauslaufen würde. Es war nur eine Mütze. Sie bedeutete nichts.
Ich schloss meine Tür auf und ging hinein. Erst, als mir auffiel, dass er immer noch neben dem Wagen stand, hielt ich inne. »Du kannst reinkommen«, sagte ich aus der Tür. Ich ging wieder hinein und überließ es ihm, ob er wollte oder nicht. Ich würde ihn nicht drängen. Er hatte eindeutig das Bedürfnis, sich zu schützen, und er stand vermutlich gerade draußen und kämpfte mit seinem Fluchtinstinkt.
Als ich aus meinem Schlafzimmer zurück ins Wohnzimmer kam, stand er in der Tür. Nicht unbedingt im Haus, aber nah genug. Ich hielt die Mütze hoch. Es war ein dunkelgraues, einfach gestricktes Exemplar, das ich geschenkt bekommen hatte. »Probier sie an. Ich habe sie nie getragen. Sie liegt wortwörtlich seit Jahren in der Schublade.«
Er machte einen zögernden Schritt herein. »Schönes Haus.«
Ich sah mich in dem kleinen Wohnzimmer um, das direkt in die Küche überging. Es war winzig, aber sehr gemütlich. Ein Dreisitzersofa, ein Sessel, ein Teppich und ein Fernseher passten hinein, dazu zwei kleine Beistelltische. In der Küche zog sich eine Reihe Schränke unter dem Fenster entlang, bestehend aus Fünfziger-Jahre-Furnier. In einer Ecke stand ein Kühlschrank, in der anderen ein Herd und in der Mitte ein kleiner Tisch mit zwei Stühlen.
»Ich sagte ja, es ist klein«, bemerkte ich.
»Es ist perfekt«, flüsterte er. »Fühlt sich nach einem Zuhause an.«
Das war eine ziemlich merkwürdige Bemerkung. »Tut es.«
Die Katze streckte sich aus ihrer zusammengerollten Haltung zu voller Länge aus, wobei sie ihren Bauch zum Feuer drehte. Aubrey lächelte sie an. »Du hast eine Katze.«
»Oh, Miss Tabby. Sie erlaubt mir gnädigerweise, ihr Sklave zu sein.«
Seine Lippen zuckten. »So sind Katzen.«
Ich reichte ihm die Mütze und drehte mich um, um die Taschenlampen vom Kühlschrank zu nehmen. Ich hielt eine in jeder Hand. »Pinguine!« Ich nickte über Aubreys Schulter hinweg. »Wollen wir?«
Er trat zurück und wahrte stets ein paar Meter Abstand zwischen uns, während ich ihn zu der Stelle führte, an der die Pinguine nisteten. Der Leuchtturm selbst war rund dreißig Meter von den Felsen entfernt errichtet worden, auf die das Meer traf, aber wenn man der Klippe rund hundert Meter weiter folgte, gab es einen kleinen sandigen Strand, der von Felsen und Gehölz übersät war: das perfekte Zuhause für Zwergpinguinbauten.
Ich machte an der üblichen Stelle halt und sprang auf die erste Felsenstufe hinab. Sie war nur zwei Meter lang und kaum einen Meter breit, aber von hier aus hatte man den perfekten Blick. »Wir setzen uns her und warten«, sagte ich. »Sie werden genau unter uns auftauchen.«
Die Sonne war gerade untergegangen und der Himmel war von einem tiefen Schwarz, der Mond schien hell und der Wind peitschte über die Küste. Ich kauerte mich hin, den Rücken an die Felsen gelehnt, und versuchte, der größten Kälte zu entkommen.
Erst da sprang Aubrey neben mir herab und setzte sich eine Armlänge entfernt hin. Er hielt seinen kleinen Rucksack auf dem Schoß, beide Hände darauf gelegt, als könnte er jeden Moment aufspringen und wegrennen. Seine Schwierigkeiten in Sachen Vertrauen zeigten sich sehr deutlich durch den Raum, den er zwischen uns geschaffen hatte. Ich wusste, dass es nicht an etwas lag, was ich getan hatte, aber ich musste mich fragen, was er durchgemacht hatte, dass er so vorsichtig war.
»Danke für die Mütze«, sagte er.
Da warf ich ihm einen Blick zu. Er hatte sich die Mütze weit heruntergezogen, sein Haar und seine Ohren waren darunter verborgen. Seine Nase war vor Kälte rosa und selbst im Mondlicht erkannte ich, dass er versuchte zu lächeln. Versuchte, tapfer zu sein.
»Der Wind wird genau auf dich treffen. Aber wir werden nicht lange hier sein. Dir ist nicht zu kalt, oder?«
»Nein, alles in Ordnung«, antwortete er.
Ich befestigte den roten Filter an der Taschenlampe