Sophienlust Staffel 14 – Familienroman. Elisabeth Swoboda

Sophienlust Staffel 14 – Familienroman - Elisabeth Swoboda


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mit dem erhobenen Zeigefinger.

      »Das, was ich sage, stimmt genau. Du bist die interessanteste Frau, die ich je kennengelernt habe. Jeder Tag mit dir ist wie ein kostbares Geschenk. Ich möchte am liebsten keine Minute davon versäumen.«

      »Und das Gut?«

      »Das ist ja eben das Traurige, dass ich mich manchmal um die finanziellen Interessen unserer Familie kümmern muss.« Alexander machte ein trauriges Gesicht.

      »Was du aber ausgezeichnet verstehst. Außerdem findest du daneben auch noch Zeit, dich mit meinen Sorgen zu befassen.« Denise rieb ihre Stirn an Alexanders rauem Kinn.

      »Deine Sorgen sind von allgemeinem Interesse. Schließlich dürfte es keinem gleichgültig sein, was aus elternlosen Kindern wird. Oder aus kleinen Buben, die man einfach in ein Heim abschiebt.«

      »Wenn du dabei an Uwe denkst, so ist es zumindest seiner Mutti bestimmt nicht leichtgefallen, ihn hierzulassen. Sie hat mir richtig leidgetan.«

      »Auf jeden Fall werden wir den Kleinen behalten, wenn er nicht mehr abgeholt werden sollte. Ich finde, er hat sich schon hervorragend eingelebt. Gestern ist er mir entgegengelaufen, und ich habe ihn ein bisschen herumgeführt. Du, er interessiert sich für Ponys. Aber noch mehr für Pferde. Bestimmt wird einmal ein guter Reiter aus ihm. Nick wird ihm das Reiten beibringen.«

      »Wo ist Nick übrigens? Und wo ist Henrik?« Denise lauschte. Es war auffällig still im Gutshaus von Schoen­eich.

      »Da fragst du noch? Du müsstest doch wissen, dass die beiden jeden Tag nach Sophienlust hinüberradeln. Das wundert mich jedoch nicht. Sophienlust ist tatsächlich ein kleines Kinderparadies. Das ist dein Werk, Denise.« Behutsam strichen Alexanders kräftige Hände über Denises zartes Gesicht. »Ich liebe dich«, flüsterte er mit dunkler, erregender Stimme. »Als ich dich kennenlernte, habe ich mich in deine schöne Figur, in dein hübsches Gesicht und dein wundervolles Haar verliebt. Inzwischen ist viel mehr daraus geworden, Denise. Eine tiefe, echte Bindung, die durch nichts mehr zerstört werden kann. Sie lässt mich unsagbar glücklich sein.«

      »Mir geht es genauso. Du bist mein Leben, Alexander. All mein Denken, Handeln und Fühlen richtet sich nach dir. Du bist wie die Sonne für mich. Die Sonne, die alles erhellt, erwärmt und gedeihen lässt. Ich bin dir so unendlich dankbar.«

      Alexander legte sanft und zärtlich seine Lippen auf Denises hübsch geformten Mund. Voll Innigkeit küsste er seine Frau.

      Martha, die Köchin, die gerade mit dem heißen Kaffee in den kleinen Salon kam, musste sich mehrmals räuspern, ehe das Paar ihre Anwesenheit bemerkte. Doch weder Martha noch Denise und Alexander wurden verlegen. Denn es war ein offenes Geheimnis, dass die beiden sich liebten und scheuten nie, sich ihre Zuneigung zu zeigen. Auch für die Kinder war es ganz natürlich, die Eltern hin und wieder in zärtlicher Umarmung anzutreffen.

      »Ganz frisch aufgebrüht«, verriet Martha und füllte die Tassen. »Moment, ich hole noch rasch die Sahne.«

      »Bringen Sie noch ein Gedeck mit und trinken Sie mit uns Kaffee«, rief der Gutsherr seiner rundlichen Angestellten nach.

      Martha kam der Aufforderung nur zu gern nach. Die Kaffeestunde im kleinen Salon war immer eine gemütliche Sache.

      »Also gestern«, berichtete die rotwangige Köchin eifrig, »war ich bei meiner Schwester in Sophienlust drüben. Sie kocht ja dort vier Jahre länger als ich hier.«

      Martha rührte ein bisschen verlegen in ihrer Tasse, sodass Denise sie nachdenklich ansah. »Ich glaube fast, Sie sind ein wenig eifersüchtig, weil Magda die größeren Töpfe hat«, meinte sie.

      Martha nickte bekümmert. »Bei ihr kommt ein Schokoladenkuchen ganz anders an.«

      »Na, loben wir nicht immer das gute Essen, das Sie uns vorsetzen?«

      Alexander blinzelte wie ein Verschwörer.

      »Ich möchte mich ja nicht beklagen«, druckste Martha herum. »Das wäre ungerecht. Ich bin mit meiner Stellung hier sehr zufrieden. Aber ich dachte nur … es wäre schön, wenn …, wenn wir auch wieder einmal eine so muntere kleine Schar am Tisch hätten.«

      »Genügen Ihnen Nick und Henrik nicht mehr?« Alexander blies die Backen auf und verdrehte die Augen. Es sah sehr lustig aus.

      Doch Martha dachte gar nicht daran zu lachen. »Das ist es ja eben. Sie sind so oft in Sophienlust drüben. Wenn wir einen so drolligen kleinen Kerl wie Uwe hätten, wäre das sicher nicht mehr der Fall.«

      »Uwe ist ja nur vorübergehend in Sophienlust. Seine Eltern werden ihn bald wieder abholen.«

      Martha schüttelte bedächtig den Kopf. »Das glaube ich nicht. Ich habe da einen Artikel in der Zeitung gelesen. Der Dirigent Hellbach ist gar nicht in England, sondern hier. Er hat in Stuttgart ein Konzert gegeben. Und das Kind wollten die Eltern doch nur loswerden. Der Kleine kann einem leidtun.«

      Überrascht sah Denise ihren Mann an. Siehst du, ich habe mich doch nicht getäuscht, schien ihr Blick zu sagen. Ich habe Inge Hellbach in der Stadt gesehen!

      »Vielleicht könnte man mit diesen Rabeneltern sogar über eine Adoption verhandeln«, spann Martha ihren Gedanken weiter.

      »Sie meinen, dass wir …?« Alexanders Augen wurden groß und fragend.

      »Warum nicht? Sie würden es bestimmt nicht bereuen. Uwe ist ein so liebes Kind. Nick und Henrik würden sich freuen.«

      Alexander von Schoenecker schüttelte den Kopf. »Martha, ich habe den Eindruck, Sie haben Ihr Herz an einen kleinen Lausbuben verloren.«

      »Darf ich das nicht? Magda hat so viele Kinder, die sie verwöhnen kann. Und ich?«

      »Sie haben dafür viel mehr Ruhe«, vermittelte Denise lächelnd.

      *

      Norbert Hellbach ließ die Hände sinken. Entspannt lehnte er sich zurück.

      Sofort war Inge neben ihm, legte liebevoll den Arm um seine Schultern. »Möchtest du eine Tasse Tee? Er ist gleich fertig. Du hast vier Stunden ununterbrochen gespielt. Du wirst müde sein.«

      »Nein. Es hat mir viel Spaß gemacht. Ich fühle mich frei und froh, seit wir wieder allein sind.« Norbert lehnte seinen Kopf zurück, berührte Inges Oberkörper. »Ich danke dir«, sagte er und fasste nach den Händen seiner Frau. »Du bist eine wundervolle Frau. So zart und gefühlvoll, wie ich sie mir immer ersehnt habe.«

      »Ich habe dich gern«, gab Inge Hellbach leise zurück. Sie beugte sich über ihren Mann, zwang sich zu einem Lächeln. Seit mehr als zwei Wochen spielte sie ihm die glückliche Partnerin vor. Dabei war sie alles andere als glücklich. Nachts lag sie neben ihm und fand keinen Schlaf. Und wenn sie endlich für Sekunden die Augen schließen konnte, hörte sie Uwes helles Kinderstimmchen. Manchmal sah sie den Kleinen, wie er sehnsüchtig die Arme nach ihr ausstreckte. Doch noch bevor sie ihn berühren konnte, brach der Traum jäh ab. Sie wurde wach, wurde sich ihrer Sehnsucht, ihres Schmerzes bewusst.

      Wenn es dunkel war und Norbert fest schlief, rannen oft heiße Tränen über ihre Wangen. Dann drückte sie ihr Gesicht in die Kissen, um ihr qualvolles Schluchzen zu unterdrücken. Wie lange würde sie noch die Kraft haben, ihren Kummer vor ihrem Mann zu verbergen? Wie lange würde sie noch Gleichgültigkeit heucheln können, wenn er von dem kleinen Jungen sprach?

      Inge Hellbach wusste, dass sie am Ende ihrer Kraft war. Sie konnte nicht mehr lange Fröhlichkeit mimen, wie es Norbert von ihr erwartete. Er bot ihr ein schönes, luxuriöses Leben, aber er verlangte unmenschliche Opfer von ihr. Aus Liebe hatte sie ihrem Mann bisher jeden Wunsch erfüllt. Sie hatte sogar etwas getan, wozu eine Mutter kaum fähig war. Doch sie fühlte, dass sie sich damit zu viel zugemutet hatte. Irgendwann würde sie unter der Last der Selbstvorwürfe zusammenbrechen. Irgendwann würde ihre Sehnsucht stärker sein als ihre Beherrschung.

      »Wir haben einen Fehler gemacht damals, bevor Uwe zur Welt kam. Aber jetzt ist alles wieder gut. Jetzt bin ich wieder in Form, habe meine Depressionen überwunden. Ich werde Erfolge haben, Inge. Alle Welt wird mir zujubeln.


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