Zonenfußball - Theorie, Methodik, Praxis. Fabian Seeger

Zonenfußball - Theorie, Methodik, Praxis - Fabian Seeger


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      Fußballlehrer

      image 1EINLEITUNG

      Die Zielsetzungen von Fußballtrainern im Rahmen ihrer Arbeit mit der eigenen Mannschaft können sehr unterschiedlich sein. Sie können sich an Leistungsniveaus, Altersbereichen oder Spielklassenzugehörigkeiten ausrichten. Die Ziele eines im Breitensport aktiven Trainers können sich stark von den Zielen eines Trainers unterscheiden, der im leistungsorientierten Bereich oder gar im Spitzenfußball aktiv ist. Außerdem gelten in den jeweiligen Altersbereichen bis hin zum Erwachsenenfußball höchst verschiedenartige Voraussetzungen und Gegebenheiten.

      Je nach Altersstufe der eigenen Trainingsgruppe besitzen die Spieler entsprechend unterschiedliche physische und psychische Merkmale, die wiederum Einfluss auf die erwähnten Zielsetzungen eines Trainers haben können. Zudem hat, unabhängig vom Leistungsniveau oder Altersbereich, jeder Trainer eine individuelle Sicht auf den Fußball und das Training, entwickelt eigene Herangehensweisen, Methoden sowie Konzepte und bildet seine eigene Trainerpersönlichkeit aus. Weitergedacht agiert jeder Trainer gemäß einer ganz eigenen und sehr individuellen Ausbildungsoder Spielphilosophie.

      Neben den unterschiedlichen Zielsetzungen und verschiedenen Vorgehensweisen bestehen aber auch Aspekte, die viele Trainer aufweisen. So sind das Training konditioneller Komponenten, die Optimierung von Bewegung und Technik oder die Verbesserung taktischer Verhaltensweisen grundlegende Themenschwerpunkte, mit denen sich viele Trainer im Trainingsalltag wiederkehrend beschäftigen. Mit diesen Inhalten wird auf die Verbesserung einzelner Spieler oder der gesamten Mannschaft abgezielt. Letztlich besteht das Bestreben, dass die Spieler in die Lage versetzt werden, Gelerntes unter Spieldruck anzuwenden. Das Handeln des Trainers dient schließlich der Optimierung von Spieler- und Spielverhalten.

      In diesem Kontext helfen den Spielern konkrete Handlungsmuster und klar definierte Verhaltensweisen. In diesem Sinne werden Spieler in ihrem Verhalten gelenkt und geführt. Es können Vorgaben für ausgewählte Spielsituationen gelten, die optimales oder Erfolg versprechendes Spielhandeln beschreiben. Das Spiel stellt den Spieler allerdings auch vor unterschiedlichste Probleme und oftmals verändern sich Spielsituationen, sind unübersichtlich oder eher zufällig.

      Neben den wiederkehrenden Spielsequenzen sollen die Spieler aber eben auch auf die Variabilität des Spiels reagieren können und sinnvolle Lösungen in unvorhersehbaren Spielsituationen finden. Es geht also in erster Linie auch darum, mündige und vor allem auch spielfähige Spieler zu entwickeln, die situationsadäquat Erfolg versprechende Lösungsstrategien entwickeln und eigenständig umsetzen können.

      Mithilfe von Zonen ist es möglich, dass auf der einen Seite Spielverhalten strukturiert und gelenkt wird, aber auf der anderen Seite trotzdem Freiheitsgrade bestehen. Das Verhalten einzelner Spieler, Spielergruppen oder der gesamten Mannschaft kann über Zonen und Regeln manipuliert werden, ohne dabei den Lösungsweg alternativlos vorzugeben. Ganz im Gegenteil können Zonen helfen, um zielgerichtetes und Erfolg versprechendes Spielverhalten zu begünstigen und dabei Freiräume für unterschiedliche Handlungswege offenzulassen.

      Die quadratische Eckzone des Strafraums kann als ein Raum definiert werden, welcher für einen offensiven Flügelspieler als besonders reizvoll eingestuft wird. Dieser Spieler wird grundsätzlich in Richtung des Strafraumecks geführt und versucht, in die definierte Zone einzudringen. Somit ist eine individuelle Zielzone definiert, welche als Prinzip die Bedrohung des Zentrums interessanter als ein Dribbling in Richtung Eckfahne einstuft.

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       Abb. 1: Strafraumecke

      Im Umkehrschluss stellt die gleiche Eckzone des Strafraums für einen Defensivspieler einen unbedingt zu verteidigenden Raum dar. Der Defensivspieler kann über die Definition dieser Zone dazu aufgefordert werden, das Eindringen des Offensivspielers zu verhindern, dadurch mutig nach vorne zu verteidigen, den Angreifer bereits außerhalb des Strafraums zu stellen und im Optimalfall fern des Zentrums zu halten oder in Richtung Seitenlinie abzudrängen.

      Im gruppentaktischen Kontext hilft die Definition von horizontalen und vertikalen Ebenen in Themenschwerpunkten wie Kettenverhalten, Verschiebetätigkeit oder Freilaufverhalten. Die Abstimmung von mehreren Offensivspielern im Sinne getimter Freilaufbewegungen kann über die Provokation von Laufwegen in andere Ebenen verdeutlicht und angelegt werden. In diesem Zuge lassen sich tiefe und entgegenkommende Läufe aufeinander abstimmen. Gleiches gilt für gruppentaktische Verhaltensweisen im Defensivverbund. Durch nebeneinander definierte Zonen lässt sich Einfluss auf die Abstände zwischen einzelnen Spielern und die lückenlose Verschiebetätigkeit nehmen.

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       Abb. 2: Verschiebe- und Freilaufbewegungen

      Die großflächige Strukturierung und Einteilung des Spielfelds ermöglicht die Einflussnahme auf das Verhalten des kompletten Teams. Durch diagonal angelegte Spielfeldbegrenzungen und die Aussparung der Eckbereiche lässt sich Offensivverhalten grundsätzlich in Richtung des gegnerischen Tors ausrichten. Auf der anderen Seite bedeutet es für den Defensivverbund das trichterförmige Fallen und die Torsicherung im zentralen Bereich. Durch eine einfache Zonengestaltung lässt sich die Aufmerksamkeit der Spieler offensiv und defensiv auf entscheidende Spielräume und Handlungsmuster fokussieren.

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       Abb. 3: Grundordnung

      Die komplette Strukturierung des Strafraums hilft im Rahmen von Standardsituationen. Für die Erfolg versprechende Ausrichtung indirekter Freistöße oder Eckbälle lassen sich Zielzonen definieren, die es im Ballbesitz anzulaufen und zu bespielen gilt oder die es im Defensivbereich zu besetzen und zu verteidigen gilt. Mit einer klaren Bezeichnung lassen sich die spielentscheidenden Räume identifizieren und mit eigenen Spielern besetzen.

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       Abb. 4: Strafraumzonen

      Der Gedanke des Zonenfußballs bezieht sich zunächst auf das Training. Im Training können mit Zonen konkrete Verhaltensweisen mit bestimmten Spielfeldbereichen verknüpft werden und spielorientiert verbunden werden. Durch Zonentraining können die in einem Raum besonders gewinnbringenden Handlungen besonders provoziert und begünstigt werden. Dieses Vorgehen beschränkt sich nicht nur auf die Verhaltensweisen eines einzelnen Spielers, sondern bezieht die Einflussnahme auf das Verhalten einer gesamten Mannschaft mit ein. Als Weiterführung findet das Gelernte dann Anwendung im Spiel oder im Wettkampf. Das angelegte Verhalten durch Zonentraining soll im Optimalfall in den Wettkampf überführt und transferiert werden.

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       Abb. 5: Trichter und Sanduhr

      Der Zonengedanke lässt sich auf das gesamte Spielfeld ausweiten. Die Einteilung des kompletten Spielfelds in verschiedene Zonen kann nicht nur dem einzelnen Spieler helfen, sondern lässt sich auch für die Vermittlung gruppen- oder mannschaftstaktischer Inhalte nutzen. Die Einteilung des Spielfelds in verschiedene Bereiche erfährt eine inhaltliche Erweiterung, indem die Zonen konkrete Namen bzw. Bezeichnungen erhalten, die das jeweils in der Zone zum Erfolg führende Spielverhalten beschreiben und für die Spieler verdeutlichen.

      Dabei versucht dieser Ansatz, keine universelle Erklärung für das Spiel zu liefern, sondern soll den Spielern als Hilfestellung und Orientierung dienen. Es geht um die Formulierung von Prinzipien und um die Definition von Erfolg versprechendem Spielverhalten in bestimmten Spielräumen. Der zonenorientierte Ansatz lässt dabei Freiheit für die persönliche Trainerhandschrift und die eigene Ausbildungs- und Spielphilosophie. Es obliegt dem handelnden Coach,


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