Dr. Daniel Staffel 10 – Arztroman. Marie Francoise

Dr. Daniel Staffel 10 – Arztroman - Marie Francoise


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einer Ohnmacht nahe, und fast war sie froh, hier auf dem gynäkologischen Stuhl zu sitzen. Sie schloß die Augen und preßte beide Hände vor den Mund.

      »Drei…«, stieß sie hervor. »O Gott, nein…«

      Fürsorglich half Dr. Daniel ihr, von dem Stuhl herunterzusteigen, und begleitete sie auch noch hinter den Wandschirm, wo sie sich wieder ankleiden konnte. Dr. Daniel wußte natürlich, daß er eigentlich Abmessungen der Ungeborenen hätte vornehmen müssen, doch das ließ sich auch bei der nächsten Ultraschalluntersuchung noch nachholen.

      Mit langsamen, beinahe schleppenden Schritten kam Mona hinter dem Wandschirm hervor und ließ sich dann kraftlos auf den Stuhl fallen, der Dr. Daniels Schreibtisch gegenüberstand.

      »Was soll ich tun?« fragte sie verzweifelt. »Drillinge… das… das kann ich keiner Tagesmutter antun. Das… es geht einfach nicht.« Hilfesuchend sah sie Dr. Daniel an. »Was soll ich denn jetzt bloß tun?«

      Dr. Daniel zögerte, obwohl er wußte, wie seine Antwort ausfallen würde.

      »Sie haben jetzt nicht mehr viele Möglichkeiten«, entgegnete er endlich. »In dieser Situation können Sie sich nur noch für eines entscheiden – entweder für Ihren Beruf oder für Ihre Kinder. Beides zusammen geht nicht.«

      Mutlos sank Monas Kopf nach vorn. Sie wußte, daß Dr. Daniel recht hatte.

      »Abtreibung kommt für mich nicht in Frage«, erwiderte sie.

      »Daran habe ich auch keine Sekunde lang gedacht«, verwahrte sich Dr. Daniel. »Wenn Sie sich für Ihren Beruf entscheiden, dann werden Sie die Kinder zur Adoption freigeben müssen.«

      Mona nickte, dann ruckte ihr Kopf hoch. »Sie dürfen nicht getrennt werden! Wenn jemand diese Kinder adoptieren möchte, dann muß er entweder alle drei nehmen oder gar keines.«

      Prüfend sah Dr. Daniel sie an. »Sie haben sich also bereits entschieden.«

      Mona zögerte, bevor sie verzweifelt hervorstieß: »Ich kann nicht anders! Herr Doktor, es tut mir im Herzen weh, aber… ich will auf meine Karriere nicht verzichten… nicht jetzt, da ich endlich mein großes Ziel erreicht habe. Als Hausfrau und Mutter… ich wäre todunglücklich… und ich würde meine Kinder unglücklich machen. Ich kann ja nicht mal richtig kochen. Wenn es darauf ankommt, lasse ich sogar Wasser anbrennen!« Sie begann haltlos zu schluchzen. »Mit einem Kind hätte ich es vielleicht geschafft, aber drei…«

      Impulsiv stand Dr. Daniel auf, ging um den Schreibtisch herum und legte einen Arm tröstend um ihre Schultern.

      »Denken Sie in Ruhe darüber nach, Mona«, riet er ihr. »Lassen Sie sich für die endgültige Entscheidung sehr viel Zeit und machen sie sich nicht von Dingen wie kochen abhängig. So etwas kann man lernen, und mit drei Kindern ist man dazu sogar gezwungen. Viel wichtiger wird es im Moment für Sie sein, sich darüber klarzuwerden, ob Sie auf Ihre Kinder auch wirklich verzichten können. Wenn Sie Ihre Babys zur Adoption freigeben, werden Sie sie niemals wiedersehen. Sie werden nicht wissen, wie es ihnen geht, wie sie sich entwickeln. Geburtstage, Weihnachten, der erste Schultag, Berufsausbildung, Hochzeit… auf all das werden Sie verzichten müssen.«

      Bei diesen Worten begannen Monas Tränen erneut zu fließen.

      »Bis wann muß ich mich entscheiden?« fragte sie kläglich.

      »Sie haben so viel Zeit, wie Sie sich nehmen wollen«, antwortete Dr. Daniel. »Sie können sich vor der Geburt entscheiden oder auch danach. Bedenken Sie nur, daß es mit jedem Tag, den Sie mit Ihren Babys verbringen werden, schwieriger sein wird, sie wegzugeben.« Er schwieg kurz. »Drillinge können nicht auf natürlichem Weg geboren werden. Es ist bei Zwillingen schon schwierig, bei drei Babys ist es völlig unmöglich. Das bedeutet einen geplanten Kaiserschnitt. Wenn Sie sich für die Freigabe zur Adoption entschließen, dann können wir es so einrichten, daß Sie Ihre Kinder gar nicht erst sehen. Das klingt grausam, macht den Abschied aber wesentlich leichter für Sie.«

      Aus naßgeweinten Augen sah Mona zu dem Arzt auf. »Und für die Babys?«

      »Welche Antwort erwarten Sie denn jetzt von mir?« meinte Dr. Daniel behutsam. »Eine ehrliche oder eine, die Sie… besser gesagt, die Ihr Gewissen beruhigt?«

      Mona sackte förmlich in sich zusammen. »Diesen Unterschied gibt es also.« Langsam hob sie den Kopf wieder. »Eine ehrliche Antwort, Herr Doktor.«

      Dr. Daniel setzte sich zu ihr, während er noch ihre Hand hielt.

      »Wir wissen, daß Babys im Mutterleib eine Menge mitbekommen. Sie hören Stimmen, fühlen, wenn sie durch den Bauch gestreichelt werden. Ein weinendes Baby beruhigt sich am schnellsten auf dem Bauch der Mutter, weil ihm der Herzschlag vertraut ist. Babys können allerdings nicht sprechen, daher wissen wir nicht, ob und wieviel es ihnen ausmacht, wenn sie all das nicht bekommen… wenn sie nicht von der leiblichen Mutter getragen, getröstet und gefüttert werden.«

      »Es macht ihnen bestimmt etwas aus«, flüsterte Mona betroffen.

      Sehr sanft drückte Dr. Daniel ihre Hand. »Hören Sie, Mona, wir werden Ihre Babys nicht auf die Welt holen und sie dann ablegen, bis sie adoptiert werden – im Gegenteil! In der Waldsee-Klinik werden die Kleinen liebevoll versorgt, und ein Ehepaar, das Drillinge adoptiert…«

      »Wenn ich mich für meinen Beruf und gegen meine Kinder entscheide, werde ich mir ein Leben lang Vorwürfe machen«, fiel Mona ihm ins Wort. »Wenn ich die Kinder behalte und dafür meinen Beruf opfere, dann… dann fürchte ich, daß ich eines Tages die Kinder dafür verantwortlich machen werde, daß sie mir meine Karriere zerstört haben.« Ratlos blickte sie auf. »Was immer ich tue… eine wirklich richtige Entscheidung wird es in diesem Fall nicht geben.«

      *

      Mit gemischten Gefühlen blickte Dr. Daniel seiner jungen Patientin hinterher, als sie mit dem Auto den Parkplatz verließ. Er hätte sie in den nächsten Tagen lieber in der Waldsee-Klinik gehabt, doch sie hatte einen Krankenhausaufenthalt abgelehnt.

      »Ich bin nicht krank«, hatte sie gemeint. »Ich habe lediglich eine schwierige Entscheidung zu treffen, die mir in der Waldsee-Klinik nicht leichter gemacht wird. Darüber hinaus habe ich aber auch noch einen Beruf, und obgleich das Kaufhaus in den vergangenen Wochen schon erste Gewinne verzeichnen konnte, kann ich meinem Büro nicht einfach ein paar Tage fernbleiben und mich ins Krankenhaus legen.«

      Das hatte Dr. Daniel natürlich eingesehen, trotzdem machte er sich Sorgen um die junge Frau. Mona Lombardi war keine Karrierefrau, die für ihren Beruf sozusagen über Leichen ging. Sie hatte sich hochgearbeitet und wollte sich diesen Posten erhalten, aber sie besaß eben auch sehr viel Herz, was sie äußerst sympathisch machte, was für ihre eigene Psyche in diesem besonderen Fall aber wohl nicht besonders gut war. Bis sie eine endgültige Entscheidung getroffen hatte, würde sie alles andere nur mit halber Konzentration machen, und das konnte bei Dingen wie Autofahren unter Umständen lebensgefährlich sein.

      Seufzend wandte sich Dr. Daniel vom Fenster ab. In solchen Situationen war selbst er machtlos. Er konnte Ratschläge geben, konnte versuchen zu helfen, aber letztlich mußten seine Patientinnen ihre Entscheidungen treffen.

      »Robert, willst du heute hier übernachten?«

      Die sanfte Stimme seiner Frau riß ihn aus seinen Gedanken. Mit einem etwas gezwungenen Lächeln ging er auf sie zu und zog sie in seine Arme.

      »Manchmal ist es wirklich nicht leicht«, meinte er etwas rätselhaft.

      Teilnahmsvoll blickte Manon in sein Gesicht. »Was macht dir denn solchen Kummer, Robert?«

      »Die junge Frau, von der ich dir erzählt habe«, begann er. »Sie hätte ihr Leben in den Griff bekommen… sie hätte Kind und Beruf unter einen Hut gebracht, da bin ich ganz sicher.« Wieder seufzte er leise. »Heute hat sich herausgestellt, daß sie Drillinge bekommt.«

      »Meine Güte«, entfuhr es Manon. »Was wird sie jetzt tun?«

      Dr. Daniel zuckte die Schultern. »Ich weiß es nicht. Allerdings… gleichgültig, wie sie sich entscheidet – sie wird nie restlos


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