ENTFÜHRT IN PARIS (Die Ritter des Vatikan 5). Rick Jones
dass wir nur mit dem arbeiten können, was uns zur Verfügung steht.« Der Inspektor zuckte auf eine Weise mit den Schultern, mit der er andeuten wollte: Ist es denn nicht offensichtlich, was das bedeutet?
Gary wurde zunehmend unruhig, wedelte mit den Händen hin und her. »Soll das heißen, dass Ihre Mittel derart begrenzt sind, dass Sie einfach nur Dienst nach Vorschrift tun werden? Wollen Sie mir das damit sagen? Uns?«
Beauchamp schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht, Monsieur Molin, im Gegenteil. Was ich damit sagen will, ist, dass wir nur mit dem arbeiten können, was wir haben. Und im Moment haben wir nicht viel mehr als eine vage Beschreibung des Transporters und von vier Männern, die Skimasken trugen.«
Jetzt stiegen auch Gary Tränen in die Augen. »Wir reden hier über meine Kinder.«
»Das verstehe ich, Monsieur Molin. Und es tut mir sehr leid.«
»Mehr haben Sie dazu nicht zu sagen?«
»Monsieur Molin, es verschwinden täglich mehr als fünfhundert Kinder von den Pariser Straßen. Jeden … einzelnen … Tag. Was Ihrer Familie widerfahren ist, tut mir leid. Aber Sie müssen verstehen, dass sich all diese Eltern genauso wie Sie fühlen und ihnen die gleiche exklusive Unterstützung zustehen würde. Und so gern mein Departement diese auch geben würde, können wir jedoch nur das leisten, was uns möglich ist. Wir geben uns Mühe. Das tun wir wirklich. Aber das Einzige, was ich Ihnen und Ihrer Frau garantieren kann, ist das, was ich auch allen anderen in Ihrer Position garantieren kann: Dass wir unser Bestes tun werden, um Ihre Kinder zu finden. Das kann ich Ihnen versprechen.«
Beauchamp erhob sich, und das war auch für Reinard das Stichwort. Es war Zeit zu gehen.
»Kehren Sie in Ihr Hotel zurück«, bat Beauchamp. Dann überreichte er ihnen eine Visitenkarte. »Rufen Sie in meinem Departement an, falls Ihnen noch irgendetwas einfallen sollte. Egal, was. Ich bin sicher, Lieutenant D’Aubigne wird Sie gern in Ihr Hotel bringen lassen.«
Beauchamp machte kehrt und verließ den Raum. Reinard folgte ihm. Mit dem gleichen Schritt und Habitus wie Beauchamp.
Gary sah ihnen nach. Dann zog er seine Frau fest an sich.
Kapitel 8
»Sie ist beim FBI!«, rief Beauchamp.
»Das spielt keine Rolle«, entgegnete Tolimir, der auf dem Rücksitz des Wagens des Inspektors saß. Reinard verhielt sich auffällig schweigsam, während die Männer auf einem leeren Parkplatz hielten, von dem aus man einen fantastischen Blick auf Paris in der Ferne hatte. Der Eiffelturm war vom nachmittäglichen Smog eingehüllt.
»Das spielt keine Rolle? Ist das Ihr Ernst?«
Tolimir warf einen Briefumschlag über den Sitz und in Beauchamps Schoß. Ohne den Kopf zu drehen, musterte Reinard mit einem knappen Seitenblick den prall mit Geldscheinen gefüllten Umschlag.
»Das ist die übliche Bezahlung«, sagte Tolimir. »Sie kennen den Ablauf. Verzögern Sie für vier Tage die Untersuchungen. Danach ist die Ware verbracht worden.«
Beauchamp schnellte herum und sah Tolimir mit einem festen und stählernen Blick in die Augen. »Haben Sie mir nicht zugehört? Sie ist vom FBI. Haben Sie eine Ahnung, was das bedeutet?«
»Ich nehme an, Sie werden es mir gleich erklären.«
»Das bedeutet, dass sie aller Wahrscheinlichkeit nach ihre Verbindungen spielen lassen wird, um die Vorgänge zu beschleunigen. Sie verlangen von mir, meinen Kopf zu riskieren, wenn ich die Untersuchungen hinauszögere.«
»Monsieur Beauchamp, manchmal gibt es eben Hindernisse. Und diese Hindernisse sind dazu da, überwunden zu werden. Jadran Božanović hat Sie über die Jahre hinweg fürstlich für Ihre Mithilfe bezahlt, die Untersuchungen für die nötigen vier Tage hinauszuzögern, die wir für den Transport der Ware benötigen. Wenn das geschehen ist, haben Sie nichts mehr zu befürchten. Sie haben in der Vergangenheit gute Arbeit geleistet, weshalb ich sicher bin, dass Sie das auch in der Zukunft tun werden.«
»Sie hören mir nicht zu! Egal was ich tue – die Agency wird sich in die Sache einklinken. Und genau darum geht es mir. Meine Hände sind in dieser Sache gebunden. Sie haben eine denkbar schlechte Wahl getroffen.«
»Božanović triff niemals schlechte Entscheidungen. Er ist ein Mann mit einem Auge für Details und Profite.«
»Dann werde ich mehr Geld benötigen«, sagte Beauchamp. »Ich werde mehr Leute bestechen müssen, um für alles Nötige zu sorgen.«
Tolimir lächelte. »Darum geht es Ihnen also, nicht wahr? Sie wollen Ihren Preis in die Höhe treiben?«
»Ich kann das nicht allein tun. Nicht dieses Mal.«
»Dann bezahlen Sie Ihre Leute mit dem, was ich Ihnen gegeben habe.«
Beauchamp schnappte sich den Umschlag und hielt ihn in die Höhe. Sein Gesicht lief dabei rot an vor Wut. »Das reicht nicht!«
»Es ist mehr als genug«, ließ Tolimir ihn wissen. »Sie werden für Ihre Dienste keinen Euro mehr erhalten.«
Beauchamp warf den Umschlag in Tolimirs Schoß zurück. »Dann sind Sie auf sich allein gestellt.«
Tolimir schwieg und hielt dem Blick des Inspektors stand. Dann fragte er: »Wollen Sie das wirklich tun, Monsieur Beauchamp? Ist es wirklich das, was Sie wollen?«
Beauchamp drehte sich wieder nach vorn und tat so, als würde er mit Interesse die Silhouette von Paris studieren, warf aber immer wieder einen nervösen Blick in den Rückspiegel.
Dort sah er, wie Tolimir nach seinem Handy griff. »Wen rufen Sie an?«
»Was glauben Sie wohl?«
Beauchamp drehte sich erneut zu Tolimir um. »Alles, worum ich Sie bitte, ist mehr Geld, um die Sache durchziehen zu können. Das ist alles.«
»Nun gut. Sie können das Božanović gern selbst mitteilen. Aber ich denke, Sie kennen seine Antwort bereits.«
In diesem Moment stieg Reinard aus dem Wagen, lief einige Schritte davon, und zündete sich eine Zigarette an.
»Selbst Ihr Partner kennt die Antwort«, erklärte Tolimir gelassen. »Er versucht sich von Ihnen zu distanzieren.«
Beauchamp schloss die Augen, seufzte und hielt ihm dann die Hand hin. »Geben Sie mir schon das Geld«, sagte er. »Ich tue es.«
Tolimir lächelte und händigte ihm das Paket aus. »Vier Tage. Mehr braucht es nicht.«
»Ich werde es versuchen.«
»Da gibt es kein Versuchen. Entweder Sie tun es oder Sie tun es nicht. Und Sie wissen, was passieren wird, wenn Sie es nicht tun.«
Beauchamp wusste sehr genau, was dann passieren würde. Und er hatte nicht vor, als eines von Božanović extravaganten Kunstwerken zu enden. Er lehnte sich auf die Hupe und winkte Reinard zum Wagen zurück.
Nachdem dieser seine Zigarette ausgetreten und sich wieder in das Auto gesetzt hatte, verlief die Fahrt zurück in die Stadt schweigend. Beauchamp erkannte, dass er einen Handel mit dem Leibhaftigen eingegangen war. Es gab nichts mehr, was er dagegen tun konnte.
Überhaupt nichts.
Er seufzte innerlich. Ihm blieb nichts anderes übrig, als sich seinem Schicksal zu ergeben.
Kapitel 9
Shari hatte kein einziges Wort gesprochen, seit sie die Polizeistation verlassen hatten. In ihrem Hotelzimmer herrschte Grabesstille. Gary stand auf dem Balkon, von dem aus man über die Stadt blicken konnte. Er fragte sich, wo seine Mädchen in diesem Augenblick sein mochten, und dass es eigentlich seine Aufgabe gewesen wäre, auf sie aufzupassen.
In der Zwischenzeit hatte Shari sich verändert, war kalt und unnahbar geworden, mit einer gewissen stoischen Entrücktheit. Ihr Gesicht