ENTFÜHRT IN PARIS (Die Ritter des Vatikan 5). Rick Jones
einen Blutstropfen hervorquellen zu lassen.
Božanović zuckte zusammen, was den Serben lächeln ließ.
Ich werde dich umbringen, weißt du? Dich und deine gesamte Familie.
Božanovićs Familie aber war bereits von den serbischen Angreifern aus dem Haus gezerrt und auf den Straßen abgeschlachtet worden. Danach hatte man das Haus in Brand gesetzt. Obwohl Božanović entkommen war, konnte er sich noch gut daran erinnern, wie jene Serben seine Mutter, seinen Vater, seinen Bruder und seine Schwester mit einem derart bösartigen Vergnügen hingerichtet hatten, dass er sich beinahe sicher war, dass sie danach zur Feier ihr Blut aus juwelenbesetzten Kelchen tranken – eine unglaubliche Vorstellung, die unauslöschlich in seiner Erinnerung eingebrannt war.
Zorn hatte ihn verschlungen.
Hass ihn erfüllt.
Und das Morden gab ihm Hoffnung, auch wenn es eine dunkle Hoffnung war, die ihn auf einen Pfad führte, von dem es kein Zurück geben würde.
Und wenn ich sie umgebracht habe, werde ich dich töten, einverstanden? Der Serbe begann die Spitze seines Messers vorsichtig über Božanovićs Gesicht gleiten zu lassen.
Božanović ertrug den Spott nicht länger, wendete er sich ab und spie auf den Boden. Ein Akt unvergleichlichen Mutes und Trotzes – oder der Dummheit, je nachdem, von welcher Seite aus man es betrachtete. Für seine Brüder wurde er in diesem Moment zu einem Gott. Für die Serben aber schrie es danach, Jadran Božanovićs Leben zu beenden.
Der Serbe packte Božanović an den Haaren und zerrte dessen Kopf zurück, um seine glatte und ungeschützte Kehle zu entblößen. Du hältst dich wohl für mutig?, fauchte ihn der Serbe wütend an, während sein Gesicht rot anlief. Glaubst du vielleicht, dass dich deine Freunde jetzt mit anderen Augen sehen? Er musterte die Gesichter der restlichen Kroaten und musste die Bewunderung für Božanović in ihren Augen bemerkt haben. Du und die anderen seid nichts anderes als Dreck unter meinen Stiefeln!
Mit der Spitze seines Messers trieb er eine tiefe Kerbe in Božanovićs Gesicht, vom unteren Ende seines Auges bis hinab zu seinem Mundwinkel, öffnete eine Wunde, die genug Haut auseinanderklaffen ließ, um den blutigen Wangenknochen darunter zu offenbaren.
Božanović schrie vor Schmerz laut auf, seine Tapferkeit war verschwunden. Als der Serbe erneut die Gesichter seiner Kameraden betrachtete, war das aufflackernde Bewundern in ihren Augen dem Blick puren Schreckens gewichen.
Der Serbe hatte wieder die Oberhand gewonnen.
Er lächelte. Ein weiterer kleiner Sieg. Er hob die blutrote Klinge vor sein Gesicht.
In einer makabren und kranken Zurschaustellung leckte der Serbe die Messerspitze ab und verzog dabei das Gesicht, als würde er den Geschmack genießen. Und jetzt, Kroate, sagte der Mann, ist es an der Zeit, zu sterben.
Božanović schloss die Augen und wartete.
Dann hörte er eine laute Gewehrsalve. Mehrere Schüsse peitschten in kurzer Folge durch die Luft. Der Geruch von Schießpulver war allgegenwärtig, als Božanović seine Augen wieder öffnete und einen Trupp Kroaten mit gezückten Waffen vorrücken sah. Die serbischen Soldaten waren entweder tot oder lagen auf dem aufgebrochenen Straßenpflaster im Sterben.
Božanović zögerte keine Sekunde. Er stand auf, schnappte sich eine Waffe und exekutierte nacheinander alle, die noch am Leben waren, mit Ausnahme des serbischen Anführers, der mit einer Hüftwunde am Boden lag und vor Schmerzen die Zähne zusammenbiss.
Božanović griff nach dessen Messer und hielt es dem Serben auf die gleiche Weise vors Gesicht, wie dieser es zuvor bei ihm getan hatte. Er zeigte ihm die glänzende Spitze und die scharf zulaufende Klinge des Messers.
Glaubst du, du wüsstest, was Schmerzen sind?, fragte er den Serben, dann trat er dem Mann gegen dessen Verletzung. Der Serbe schrie. Ich werde dir zeigen, was Schmerzen sind.
Der junge Kroate hockte sich auf den Boden und begann mit dem Messer den Stoff der Uniformhose des Serben zu zerschneiden und seine Beine offenzulegen. Dann wies Božanović seine Männer mit einer Handbewegung an, den Offizier am Boden festzuhalten. Jeder der Männer sollte sich einen Arm oder ein Bein greifen, damit der Soldat sich nicht mehr bewegen konnte.
Er hielt das Messer noch lange genug in die Höhe, um das blanke Entsetzen in den Augen des Mannes explodieren zu sehen.
DAS ist Schmerz!
Božanović presste die Klinge gegen den Oberschenkel, zog sie von links nach rechts, und begann danach, die Klinge nach unten zu ziehen und den Mann zu filetieren. Die Haut rollte sich bis zum Knie nach oben, wie ein Holzspan, der von einem Stück Holz abgezogen wurde, ein Stück Gewebe, das er schließlich abschnitt und achtlos den Straßenkötern zum Fraß zuwarf, die nachts durch die Straßen liefen.
Der Serbe kämpfte vergeblich gegen seine Peiniger an, starrte dabei auf die Wunde, in der sich nun deutlich die Muskelfasern abzeichneten, und schrie lauter, als Božanović je einen Menschen hatte schreien hören.
Božanović hatte gelächelt, und das Messer wurde zu seinem neuen Freund, der ihm seine Unverwundbarkeit zurückgegeben hatte. Wieder einmal lag es in seiner Macht, über Leben oder Tod zu befinden. Und der Serbe hatte sein Schicksal bereits besiegelt, so heftig, wie das Blut aus Božanović Wunde sickerte und seine Uniform tränkte.
Der Kroate fuhr fort und zog einen zweiten Streifen vom Bein des Mannes ab, dann einen dritten. Der Mann unter ihm litt derartige Qualen, dass er schließlich ohnmächtig wurde. Aber so leicht wollte Božanović ihn nicht davonkommen lassen. Er ließ den Mann von seinem Team in ein heruntergekommenes Safe-House bringen, wo der Serbe immer wieder zu Bewusstsein kam, nur um in das lächelnde, fürchterlich zugerichtete Gesicht des Kroaten zu blicken, der scheinbar niemals schlief. Die Wunde in seinem Gesicht war dürftig vernäht worden, eine eilige Versorgung von ungeübter Hand, die Božanović ein frankenstein-ähnliches Aussehen verlieh. Sein Gesicht wirkte furchtbar entstellt und böse, mit dem heruntergezogenen Auge und der nach oben verzogenen Lippe, die seinen Mund zu einem beständigen verächtlichen Grinsen zwang.
Nachdem er dem Serben die Gelegenheit gegeben hatte, zu erkennen, dass es Božanović war, der mit seinem Messer wieder vor ihm stand, sollte Božanović die Klinge so lange über den Oberkörper des Mannes ziehen und ihn häuten, bis der Serbe drei Tage später an seinen Wunden starb.
An diesem Punkt begründete Božanović seinen Ruf als ein Mann, den man fürchten musste. Ein Mann, der seine Macht durch andere verkündete, indem er deren Körper als Leinwände benutzte, um seine Nachrichten zu verbreiten. Sein Messer diente ihm nun als Pinsel, mit dessen breitem Strich er sich und seiner Kunst Ausdruck verlieh.
Und er gab das Messer nie auf, benutzte es immer und immer wieder, bis er seine Kunst perfektioniert hatte und zu einem Picasso des Schlachtfeldes geworden war.
Diese Gedanken und Vorstellungen trieben ihn dazu an, immer stärker, reicher und mächtiger zu werden – um schließlich allgegenwärtig und allwissend zu sein. Das war sein Traum. Das war sein Ziel.
Und so strebte er 1995, als Kroatien seine Unabhängigkeit gewann, nach Höherem, indem er ein Cleaner für die kroatische Mafia wurde. Seine Entschlossenheit und sein Durchsetzungsvermögen erregten schließlich die Aufmerksamkeit der Mafiaführer, die Božanovićs rücksichtslose Neigungen erkannten, die ihn zu einem perfekten Werkzeug machten, wenn es darum ging, ganz besondere Botschaften zu verschicken … besonders mit der Klinge eines Messers.
Die kroatische Mafia setzte sich aus drei Familien zusammen, welche die tragenden Säulen des Heroinschmuggels, des Menschenhandels und der Geldwäsche repräsentierten. Außerdem pflegten sie enge Beziehungen zur italienischen Mafia und der IRA. Nach drei Jahren in der Organisation hatte Božanović seine Hände in beinahe jedem Geschäft und profitierte von jedem Fehler. Ungestraft tötete er jeden, der versuchte, etwas von den Profiten der Mafia abzuzweigen.
Er wurde bewundert, dann gefürchtet und schließlich zum Elite-Killer innerhalb der Hierarchie erhoben. Wann immer