ENTFÜHRT IN PARIS (Die Ritter des Vatikan 5). Rick Jones

ENTFÜHRT IN PARIS (Die Ritter des Vatikan 5) - Rick Jones


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bieten hatte.

      Božanović bellte weitere Befehle und stürmte über das Deck. »Pomicanje! Pomicanje! Pomicanje!« Bewegung, Bewegung, Bewegung!

      Božanovićs Crew versuchte die Taue von den Pollern zu lösen, doch sie wurden von Gewehrsalven niedergestreckt, die durch ihre Körper peitschten und Blutfontänen und rötlichen Nebel aufspritzen ließen.

      Überall an Deck brachen ihre Leiber wie leblose Bündel zusammen, während sich die internationale Einheit weiter die Gangways entlangbewegte.

      Božanović tätschelte mit der Handfläche den Griff des Messers. Kaum die geeignete Waffe, um es mit einem solchen Arsenal aufzunehmen, also zog er stattdessen seine Glock.

      Er zielte, feuerte die Pistole in rascher Folge ab, und die Kugeln trafen ihre Ziele. Einer der Soldaten in Körperpanzerung ließ sich kurz auf die Knie sinken, bevor er seine Waffe auf Božanovićs neu ausrichtete. Kurz darauf folgte eine Kugelsalve und schlug scheppernd in die Metallbehälter hinter Božanović ein. Die Projektile prallten in alle Richtungen ab und Božanović duckte sich unter dem Kugelhagel hindurch. Verzweifelt riss er die Waffe empor und feuerte blindlings ein paar Schüsse ab, ohne zu treffen, während er weiter zum Heck des Schiffs rannte.

      Ihm waren noch sechs Schuss geblieben.

      Die Männer der militärischen Spezialeinheit schwärmten über das Deck der Aleksandra aus und feuerten in alle Richtungen – links, rechts, nach Osten und Westen. Reihenweise fielen Božanovićs Männer, die von dem vorrückenden Team systematisch ausgeschaltet wurden.

      Doch als Božanović die Schreie seiner Männer hörte, verspürte er überhaupt nichts dabei – weder Mitleid noch Reue, und am wenigsten Dankbarkeit für das Opfer, das sie brachten. Hier in Kroatien, wo die Menschen nicht selten romantische Vorstellungen davon pflegten, einmal ein Mitglied der kroatischen Mafia zu sein, gab es reichlich Ersatz für sie.

      Am Heck des Schiffs erreichte er das Ein-Mann-U-Boot, das mit metallenen Klammern an Deck gehalten wurde. An der Außenseite befand sich ein Tastenfeld für einen Code, den nur er kannte. Mit tauben Fingern begann er die Zahlenfolge in das Tastenfeld einzugeben. Um ihn herum pfiffen Kugeln. Einschusslöcher erschienen wie von Zauberhand, als noch mehr Kugel an seinen Ohren wie Wespen vorbeisurrten und ihn nur knapp verfehlten. Dann öffnete sich die Luke des U-Boots mit dem Zischen entweichender Luft.

      Kugeln prallten scheppernd von der harten Titaniumverkleidung des U-Boots ab, während Božanović hineinschlüpfte und die Luke von innen schloss. Nach einem festen Zug an einem Seil im Innern lösten sich mit einem metallischen Poltern die Klammern, die das U-Boot an Deck festgehalten hatten. Das torpedoförmige U-Boot rutschte daraufhin eine Rampe zur Wasseroberfläche hinunter, wo es noch einmal für einen kurzen Moment wie ein Korken herumtanzte, bis es sich ausgerichtet hatte.

      Hastig aktivierte Božanović die Steuerelektronik des Vehikels. Er startete die Antriebswellen, richtete die Ruder aus und flutete die Tauchtanks mit Wasser. Binnen weniger Augenblicke war das U-Boot unter den Wellen verschwunden und Luftblasen stiegen von dort auf, wo es abgetaucht war.

      Die Soldaten der internationalen Spezialeinheit gruppierten sich an der Reling und richteten ihre Waffen auf die aufgewühlte Gischt hinab.

      Jadran Božanović war entkommen.

      John Majors, der Teamführer der englischen Spezialeinheit und früherer Leiter der Britischen Special Forces, schob das Visier des Gesichtsschutzes über seinen Helm zurück und sah zu, wie die letzte Luftblase an der Oberfläche zerplatzte, während Božanović entkam.

      »Verdammte Scheiße«, war alles, was er sagte, während er auf die Wellen starrte. Sie hatten Božanović eine Falle gestellt, hatten ihn eingekesselt, und dessen Crew hatte nur marginalen Widerstand gegen sein sehr viel besser ausgebildetes Team geleistet. Und doch war Božanović ihnen entwischt.

      Majors schloss die Augen und versuchte sich zu beruhigen, während man seine Kiefermuskulatur mahlen sehen konnte.

      Das war jetzt das dritte Mal in einem Zeitraum von achtzehn Monaten gewesen, dass man versucht hatte, den Kroaten zu fassen. Der Mann war ihnen immer wieder entkommen – den Amerikanern, den Spaniern und nun auch den englischen Spezialkräften.

      Majors schnaubte aus Wut und Frustration über den verpatzten Abschuss. Božanović das Leben zu nehmen galt in den Augen der internationalen Gerichtsbarkeiten als gerechtfertigt, und jene, die dort das Sagen hatten, hatten seinem Tod längst grünes Licht gegeben.

      »Colonel?«

      John Majors öffnete die Augen. »Ja?«

      »Sechzehn Crewmitglieder der Aleksandra sind tot, Sir.«

      »Überlebende?«

      »Keine.«

      »Und die Fracht? Ist sie sicher?«

      »Ja, Sir. Die Fracht konnte sichergestellt werden.«

      Majors führte sein persönliches Team zum Hauptdeck, wo sich die bewaffneten Einheiten der britischen Spezialeinheit um die Frachtcontainer versammelt hatten.

      »Wie viele verdammte Container sind es dieses Mal?«, fragte Majors einen der Soldaten, dessen Schulterstreifen ihn als Sergeant auswiesen.

      »Acht.«

      Majors schüttelte den Kopf und lief an ihn ihm vorbei, die Augen fest auf die Container gerichtet. »Das sind acht zu viel.«

      Majors ließ seine Waffe sinken, als er sich dem ersten der Container näherte, wie man sie auch auf Sattelschleppern finden konnte. »Öffnen Sie die verdammte Tür«, befahl er. »Und beten Sie, dass wir darin finden, weshalb wir hier sind.«

      Ein Soldat mit einem Schweißbrenner in der Hand ließ die Spitze des Geräts auflodern und richtete die Flamme auf das Schloss, welches wie Butter zu schmelzen begann. Als das Schloss herunterfiel, schoben die Soldaten den Riegel zurück und öffneten die Tür.

      Der Gestank menschlicher Ausscheidungen, der ihnen entgegenschlug, war überwältigend. Eine Hitzewelle begleitete ihn, wie ein wogendes Fieber, das lebendig schien – so wie die Krankheiten, unter denen die hustenden Menschen litten und in deren Adern Viren hausten.

      Majors trat einen Schritt zurück. Verflucht sollst du sein, Božanović. »Um Himmels willen, schafft diese Leute da raus! Und holt Hilfe!«

      »Jawohl, Sir.«

      Die Menschen in dem Container, die aus brennenden Lungen würgten und husteten, waren im Alter zwischen zwölf und fünfundzwanzig Jahren, allesamt Opfer von Jadran Božanovićs, dem Händler menschlichen Elends.

      Majors warf einen grimmig abschätzenden Blick auf die restlichen Container und wusste, dass sie die gleiche Fracht enthalten würden: lebende Menschen.

      Angewidert schüttelte er den Kopf und fragte sich, wie es Menschen wie Božanović überhaupt geben konnte. Er versuchte sich auszumalen, welche Dinge im Leben einen Mann derart grausam und jämmerlich werden lassen konnten, dass dieser bereitwillig den Leibhaftigen als Verbündeten akzeptierte und sich in dessen Gegenwart auch noch wohlzufühlen schien.

       Verflucht sollst du sein, Božanović.

       Verflucht bis in alle Ewigkeit.

      Kapitel 1

       London, etwa einen Monat später

      Als Colonel John Majors in seine Londoner Wohnung für einen kurzen Urlaub zurückkehrte, gelang es ihm nicht, die grauenvollen Bilder der Kinder an Bord der Aleksandra loszuwerden. Bilder ihrer Haut, die einen fürchterlichen Grauton statt einem gesunden Leuchten angenommen hatte. Oder ihre Gesichter, mit diesem gequälten, entrückten Blick.

      Wieder einmal hatte sich Jadran Božanović als so schlüpfrig wie ein Aal erwiesen.

      Für Majors war der Gedanke kaum zu ertragen, war er doch so kurz davor gewesen, den Kroaten zu erwischen,


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