ENTFÜHRT IN PARIS (Die Ritter des Vatikan 5). Rick Jones

ENTFÜHRT IN PARIS (Die Ritter des Vatikan 5) - Rick Jones


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spendete wundervollen Schatten.

      »Hast du ihn bemerkt?«, flüsterte Gary leise.

      Sie nickte.

      Das erste Mal war ihr der Mann im Inneren des Louvre aufgefallen, vor der Mona Lisa. Er sah furchteinflößend aus, mit einem schroff wirkenden Gesicht voller tiefer Falten und ungekämmten Haaren. Seine Kleidung unterschied sich stark von jener der Touristen oder französischen Besuchern, wie bei jemandem, der aus dem Koffer lebte. Er trug ausgeblichene Jeans, Militärstiefel und eine abgenutzte Jacke – alles andere als die Kleidung eines kunstinteressierten Menschen.

      Gary warf einen Blick auf Sharis Handtasche. »Hast du das Geld im Hotelsafe gelassen?«

      »Das meiste davon«, sagte sie. »Die Mädchen sollen nicht so weit vorauslaufen.«

      »He, Mädels!«

      Sie drehten sich zu ihnen um.

      »Bleibt in der Nähe«, rief er ihnen zu.

      An der nächsten Ecke bogen sie nach rechts ab, um schnell den Häuserblock zu umrunden und zum Bus zurückzukehren.

      Der Mann telefonierte gerade, hielt immer den gleichen Abstand zu ihnen, und bog dann wie sie in die gleiche Straße ab.

      »Keine Frage, er folgt uns«, wisperte Gary.

      »Glaubst du, er trägt eine Waffe?«

      Er zuckte mit den Schultern. »Wenn er deine Handtasche haben will, dann gib sie ihm einfach. Ich möchte die Mädchen nicht in Gefahr bringen.«

      Sie beschleunigten ihre Schritte.

      Tolimir befand sich in ständiger Verbindung mit dem Transporter, der sich rasch ihrer Position näherte. »Wir umrunden gerade den Louvre in einer Seitenstraße, in Richtung Westen. Sie wissen, dass ich ihnen folge, also beeilt euch.«

      Der Transporter, der daraufhin um die Ecke gefahren und in Tolimirs Sichtweite kam, sah in der Tat genauso unauffällig aus wie von Božanović angegeben. Im Schritttempo rollte er auf ihn zu. Wie beschrieben war er mattschwarz lackiert, ohne Fenster im hinteren Teil und ohne auffällige Radkappen.

      »Seht ihr sie?«

      »Ja, wir haben sie.«

      »Ihr wisst, was zu tun ist.« Tolimir klappte sein Handy zu und überquerte den Boulevard. Dann bog er in eine Seitenstraße ab, verfiel in ein leichtes Lauftempo und rannte nach Süden.

      Gary spürte ein enormes Gefühl der Erleichterung. »Er ist fort«, ließ er Shari wissen.

      »Ist mir egal. Wir müssen zurück zum Bus.«

      Kaum, dass die Worte ihre Lippen verlassen hatten, kamen neben ihnen quietschend zwei Paar Autoreifen zum Stehen. Eine Schiebetür an der Seite des Transporters glitt zurück und vier Männer stürmten heraus und überwältigten sie. Zwei von ihnen schnappten sich sofort die beiden Mädchen, die anderen beiden hielten Shari und Gary mit harten und gut gezielten Schlägen in Schach.

      Gary ging unter den Schlägen zu Boden, sackte auf die Knie und musste mit ansehen, wie seine Töchter in den Transporter gezwängt wurden. Wieder sauste ein Schlag zu ihm hinab, der ihn jedoch nur an der Schulter streifte, weil er ihn kommen sah und nach links auswich. Die Männer trugen Skimasken und waren kräftig, ihre Fausthiebe, die auf ihn einprasselten, schnell und heftig. Shari wurde mit voller Wucht getroffen und fiel zu Boden. Dabei schrie sie aus vollem Hals nach ihren Töchtern. Gary reagierte und trat einem der Angreifer die Beine unter dem Körper weg, woraufhin dieser hart auf dem Boden aufprallte und ihm die Luft wegblieb.

      Schnell sprang Gary auf. Der Angreifer war vorerst ausgeschaltet, also stellte er sich dem anderen Mann entgegen.

      Shari lag verletzt am Boden, streckte jedoch ihre Hand flehentlich dem Transporter entgegen.

      Der Mann drehte sich zu Gary um, kam in geübter Boxerhaltung auf ihn zu und deckte ihn mit einer Reihe von Schlägen ein, denen Gary kaum etwas entgegensetzen konnte. Er wurde von einem rechten Haken getroffen, der ihn Sterne sehen ließ, gefolgt von einer krachenden Linken, die ihn zu Boden schickte und seine Sicht vernebelte.

      Der Angreifer half seinem Partner auf die Beine und in den Transporter, schloss die Tür und trat aufs Gas. Die Reifen drehten kreischend durch, bis sie schließlich Haftung fanden.

      Shari rappelte sich auf. Ihre Nase und Mundwinkel waren blutig. Sie schrie dem sich entfernenden Transporter so laut und schrill hinterher, dass es sich fast wie das Kreischen einer Todesfee anhörte.

      Nachdem der Transporter hinter einer Häuserecke verschwunden war, ließ sie entmutigt ihre Hand sinken. Ihr Rücken schmerzte von ihrem Aufprall, doch viel schlimmer war der unbeschreibliche Schmerz des Verlustes, den sie als Mutter empfand.

      Ihre beiden Lieblinge waren entführt worden.

      Während Tolimir die Straße entlanglief, klingelte sein Handy. »Ja?«

      »Wir haben das Paket.«

      »Irgendwelche Schwierigkeiten?«

      »Nichts, womit wir nicht fertig geworden wären.«

      Das war alles, was Tolimir hören wollte. Er klappte sein Telefon zu und steckte es zurück in seine Tasche.

      Am Ende der Straße wartete eine Limousine auf ihn. Er öffnete eine Tür und setzte sich auf die Rückbank. Die beiden Personen im vorderen Teil zeigten keinerlei Regung.

      »Das Paket ist in unseren Besitz übergegangen«, erklärte Tolimir, »also wickelt die Sache entsprechend ab. Wenn Ihr euch um alles gekümmert habt, gebt mir Bescheid, dann werdet ihr wie gewohnt bezahlt.«

      Fahrer und Beifahrer schwiegen, bewegten sich nicht einmal.

      »Wie lange wird es dauern?«

      Der Fahrer zögerte einen Moment, als müsste er darüber nachdenken, dann antwortete er: »Zwei, vielleicht drei Stunden.«

      Tolimir nickte. »Ruft mich an, wenn alles erledigt ist.« Er lehnte sich zurück. »Und jetzt fahr los«, wies er den Mann an. »Bring mich zum Place de Varsovie.«

      Keiner der beiden Männer sprach ein Wort, während sich der Wagen langsam in den Verkehr einfädelte und nach Norden fuhr.

      Keiner der Männer hatte eine Ahnung, dass sie von einer Überwachungskamera gefilmt worden waren.

      Kapitel 7

      Der Verhörraum war klein, schäbig und spartanisch eingerichtet. Von den Wänden blätterte die khakifarbene und mattweiße Farbe ab. Knapp unter dem Dach war ein kleines, mit Maschendraht verkleidetes Fenster eingelassen. Sowohl der Tisch als auch die Stühle wackelten bereits erheblich.

      Ein Lieutenant mit drei Tassen Kaffee in den Händen betrat den Raum und verteilte sie auf dem Tisch: Einer für Shari, die ihn weder anrührte, noch überhaupt zur Kenntnis nahm; einer für Gary, der es Shari gleich tat, und einer für sich selbst.

      Der Mann war eher hager zu nennen, mit dünnen, zerbrechlich wirkenden Gliedmaßen, Geheimratsecken und einem Schnurrbart, der über eine offensichtliche Hasenscharte wuchs. Seine Augen hingegen waren flaschengrün und funkelten in ehrlicher Anteilnahme. Wenn er sprach, tat er das mit einem singenden französischen Akzent, vermischt mit englischen Worten. Die Art, wie er sprach, hatte etwas beinahe Poetisches an sich – sanft und liebenswürdig.

      »Madame Cohen, Monsieur Molin, mein Name ist Lieutenant D’Aubigne. Ich möchte, dass Sie wissen, wie leid es mir tut, was mit Ihren Töchtern geschehen ist.«

      Sharis Augen waren von den vielen Tränen gerötet. Gary hatte sie so noch nie zuvor erlebt. Das war eine Seite an ihr, die ihm bislang völlig fremd gewesen war. Sie war stets unerschütterlich gewesen, was ihre Emotionen anbelangte, und behielt selbst in schwierigsten Situationen die Fassung. Aber das war etwas anderes. Das war persönlich.

      »Wie viele waren es?«

      »Vier«, antwortete


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