EQUALIZER. Michael Sloan

EQUALIZER - Michael  Sloan


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Glas mit Cola light. Sie hatte sie nicht angerührt. Er hob die Getränkekarte des Bentleys auf, die einsam auf dem Tisch lag. Er drehte sie herum.

      Auf die Rückseite war geschrieben: Bitte, hilf meiner Mom.

      Kapitel 10

      Der Nachmittag im Bentleys war die Ruhe vor dem Sturm gewesen. Der Abend war hektisch und das Restaurant um 23 Uhr immer noch proppenvoll. Gerade als McCall dachte, er könnte sich aus dem Staub machen, kamen Chase Granger und vier seiner Maklerkollegen an die Bar, laut und schon gut abgefüllt – Bentleys war nicht ihr erster Stopp des Abends gewesen. Sie setzten sich auf fünf Barstühle. Auf vieren davon hatten vorher zwei Pärchen gesessen. McCall mixte die Drinks für seine Lieblingskellnerin fertig, Amanda, Gothic, Punk, Tattoos, Sicherheitsnadeln durch die Augenbraue und Lippe. Sie hatte heute pinke Haare, aber man wusste nie genau, welche Farbe es sein würde, wenn sie zur Arbeit kam. Sie sah McCall mit übertriebenem Schlafzimmerblick an und formte mit den Lippen den Satz »Ich liebe dich«. Das war ihr abendliches Ritual. McCall lächelte freundlich. Chase grinste und fischte sein iPhone aus der Manteltasche.

      »Hey, Bobby! Sieht so aus, als hättest du heute Abend ein heißes Date! Das sind ein paar meiner Freunde von der Arbeit. Das hier ist Tim, Peter, das ist Marcus neben ihm und Kyle da am Ende. Jungs, das ist mein Mann! Barkeeper Bobby! Tequila, Bobby, stell sie einfach schon mal auf die Bar.«

      McCall füllte Tequila in Schnapsgläser. Chase stand von seinem Barhocker auf und richtete das iPhone auf die anderen. »Okay, Jungs, rückt mal ein bisschen zusammen, sonst krieg ich euch nicht alle drauf.« Er machte ein Bild, warf einen Blick auf das Display. »Das ist ja furchtbar! Ihr seht alle aus, als hättet ihr Blähungen! Noch eins. Schnappt euch mal ein paar Tequilagläser und tut so, als hättet ihr Spaß!«

      Sie nahmen die Gläser, als McCall das letzte gefüllt hatte, und hoben sie zum Anstoßen. Chase machte ein Foto und sah erneut auf das Display.

      »Das ist schon besser!«

      Er setzte sich wieder, steckte das iPhone ein, nahm sein Tequilaglas und kippte ihn runter. McCall ging davon, zog die schwarze Schürze über den Kopf, das Markenzeichen des Bentleys. Andrew Ladd hatte gerade das letzte Glas Sam Adams für Gina auf ein Tablett gestellt, die es wegtrug.

      »Kommst du hier klar?«, fragte McCall. »Ich muss mal raus hier. Ich versuche, vor Mitternacht zurück zu sein.«

      »Das ist schon okay, ich kann zusperren«, sagte Laddie. »Lass mir einfach die Schlüssel da.«

      McCall schnappte sich seine Jacke, gab Andrew den Schlüsselbund und duckte sich unter der Barklappe durch. Er warf noch einen Blick auf die gefüllten Barhocker. Chase Granger und seine neuen Kumpels lachten über irgendwas. Sie würdigten ihn keines Blickes. McCall kam an Empfangspult vorbei. Sherry lächelte ihn an.

      »Entfliehst du dem Wahnsinn, Bobby?«

      »Laddie macht heute zu.«

      »Klar. Gute Nacht.«

      Sie sah ihm ein wenig wehmütig hinterher.

      McCall erhaschte eine Reflexion im Fenster, als er durch die Vordertür ging.

      An der Bar streckte Chase Granger den Hals, um zu sehen, wie McCall das Restaurant verließ. Er fischte sein iPhone aus der Jackentasche, während um ihn weiter gelacht wurde, und tippte auf ein paar Buttons.

      In seinem verdunkelten Büro in der Company vibrierte Kontrolles iPhone auf dem Schreibtisch. Er war die einzige Person, die ein funktionierendes Smartphone in dem Gebäude benutzen durfte. Er hatte den Ausschnitt der Blaupause der Tunnel – oder was zur Hölle das war – auf dem Bildschirm seines Laptops studiert. Sie waren eine Unmenge an Datenbanken durchgegangen. Bisher nichts. Er hob das iPhone auf. Dann lehnte er sich langsam zurück. Auf dem Display sah man vier junge Männer, die randvolle Schnapsgläser hochhielten. Sah nach Tequila aus. Sie grinsten in die Kamera, aber das war es nicht, was sein Interesse weckte. Sie waren für diesen Abend engagiert worden. Kontrolle wollte den Mann hinter ihnen sehen. Der Barkeeper war ein wenig unscharf, aber das Gesicht war unverkennbar.

      Robert McCall.

      Kontrolle nickte. Der Hauch eines Lächelns umspielte seine Lippen. »Ein Barkeeper. Wem würde man sonst alle Sorgen beichten?«

      McCall ging die Treppe in die U-Bahnstation MTA Canal Street hinab auf den so gut wie verlassenen Bahnsteig. Er hatte nach dem Dolls-Nachtklub im Internet recherchiert und festgestellt, dass er nur drei U-Bahnstationen vom Bentleys entfernt in der Houston Street war. Den letzten Zug hatte er knapp verpasst. Der jungen Frau um die 20, die ein Stück weiter entfernt auf dem Bahnsteig stand, ging es genauso. Sie war blond, trug einen Rucksack und rauchte eine Zigarette, was auf den New Yorker Bahnsteigen verboten war, aber kein Mitarbeiter der MTA kam angerannt, um ihr zu sagen, sie müsse sie ausmachen. Das war die einzige andere Person auf dem Bahnsteig. Über die Schulter sah sie in McCalls Richtung und ging hastig ein paar Schritte von ihm weg. Aus einem zweiten Treppenhaus kamen mehr Leute und sie entspannte sich ein wenig. Aber in ihren Augen hatte kurz Panik aufgeblitzt. Alleine auf einem verlassenen Bahnsteig mit einem älteren Mann, den sie nicht kannte. Vielleicht wollte er ihr was antun.

      McCall konnte den kleinen Anfall von Großstadtparanoia gut verstehen.

      Der Nachtklub Dolls war an einer Ecke in einem Gebäude, in dem früher ein Karatestudio gewesen war. Bereits am Eingang wurde man von dem Motiv der silbernen Puppen über den Türen begrüßt. Die langen, hellen Fenster hatten eine silberne Beschichtung, sodass man nicht hineinsehen konnte. Es war eine Schlange Leute vor der Tür, größtenteils jung. Ein breiter Schlägertyp, der kaum 20 war, stand an der Tür und spielte Gott. Er entschied darüber, wer in die geheiligten Hallen gelassen wurde und wer nicht. McCall drängelte sich höflich an den Kopf der Schlange. Der Türsteher sah ihn an. Er wollte den Mund aufmachen und ihm sagen, er solle sich ans Ende der Schlange verpissen, aber etwas in McCalls Blick hielt ihn davon ab. Er machte einen Schritt zur Seite. Sein Dialekt klang nach Bronx.

      »Sie können rein.«

      McCall nickte und betrat den Nachtklub.

      Kleine silberne Tische säumten eine große Tanzfläche, wo eine silberne Kugel von der Decke hing, die kaleidoskopische Farben spiralförmig projizierte. Die Tanzfläche war mit tanzenden Paaren gefüllt, die meisten von ihnen tanzten einfach für sich und achteten nicht wirklich auf das, was ihr Partner machte. Man durfte nicht dicker sein als eine Briefmarke, wenn man sich zwischen ihnen hindurchquetschen wollte. Es gab eine große silberne Bar auf der rechten Seite, an der drei Leute arbeiteten. Alle Barhocker waren besetzt. McCall hatte den Eindruck, es war eine bunte Mischung. Ein Teil war um die 20, aber es gab auch jede Menge Leute um die 30 – Aktienmakler, Anwälte, Politikassistenten, Wahlkampfmanager, Werbeleute und ein paar Schauspielerinnen, die Aufmerksamkeit suchten. Die Arbeit im Bentleys hatte ihm ein gewisses Gespür verschafft, um die üblichen Verdächtigen zu erkennen. In der Nähe der Bar drehte ein junger DJ, ganz in Schwarz gekleidet mit verwuschelten schwarzen Haaren, die Plattenteller und schuf seinen eigenen Remix. Der Hall alleine holte einen fast von den Füßen.

      Cocktailkellnerinnen in silbernen Seidenblusen und hautengen Hosen trugen Tabletts mit geübter Leichtigkeit zwischen den Tischen herum. In der Nähe, nur ein Stück entfernt an vier Tischen, die ein wenig abseits an einer Seite der Tanzfläche standen, waren zwölf wunderschöne junge Frauen. Alle um die 20, elegant gekleidet, die Kleider tief genug ausgeschnitten, um das Dekolleté zu zeigen, einige trugen Miniröcke, die ihre wohlgeformten Beine zeigten. Das waren keine Stripper-Outfits. Sie waren elegant. Das Make-up sah professionell genug aus, um von einem Hollywood-Maskenbildner stammen zu können. Sie tranken aus silbernen Champagnerflöten. Einer der jungen Aktienmakler oder Anwälte ging von der Bar zu einer blonden Tänzerin und redete mit ihr. Er hatte einen gefalteten Hundertdollarschein in der Hand. Er bewegte ihn durch die Finger wie ein Magier, der einen Münztrick vorführt. Sie lächelte und nickte, nahm den Schein und sie gingen gemeinsam auf die Tanzfläche.

      McCall warf einen Blick auf das silberne Treppenhaus zu seiner Linken. In jeder


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