Der neue Sonnenwinkel Staffel 1 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Staffel 1 – Familienroman - Michaela Dornberg


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fuhr vor der eleganten Villa vor, parkte.

      Es war nicht ihr Elternhaus, das war verkauft worden, und sie und Fabian fragten sich noch immer, welcher Teufel ihre Eltern geritten hatte, sich eine so große, moderne Villa bauen zu lassen, die sie allein bewohnten.

      Wegen der Leute?

      Um Reichtum zu demonstrieren?

      Stella fand die Villa schrecklich, und da stimmte sie mit ihrem Bruder, mit dem sie nicht immer einer Meinung war, vollkommen überein.

      Sie holte aus ihrem Kofferraum die Käsetorte, die sie extra für ihre Eltern gebacken hatte, dann ging sie zu dem etwas pompösen Eingangsportal und klingelte.

      Weder sie noch Fabian besaßen einen Schlüssel zu der Villa ihrer Eltern. Sie hatten sich auch nicht darum bemüht.

      Ihr Vater öffnete die Tür, blickte sie vorwurfsvoll an und sagte noch vor der Begrüßung: »Du bist spät dran.«

      Stella blickte auf ihre Armbanduhr. Sie wusste, wie ihre Eltern drauf waren, und deswegen fuhr sie immer viel zu früh los, um solche Bemerkungen zu vermeiden.

      »Papa, es sind keine fünf Minuten, und für den Stau, der wegen eines Auffahrunfalls entstanden war, kann ich nichts, ich konnte ihn auch nicht voraussehen.«

      Heinz Rückert gab seiner Tochter die Hand, er ließ es nicht zu, dass man ihn umarmte. Stella konnte sich nicht daran erinnern, sich als kleines Mädchen irgendwann einmal in die Arme ihres Vaters gekuschelt zu haben. Er hatte sie immer auf Distanz gehalten, und sie hatte auch nicht das Bedürfnis gehabt.

      Sie folgte ihrem Vater in den sogenannten Salon, der mit teuren und gewiss auch schönen Möbeln ausgestattet war. Doch es war eine kalte Pracht, und man kam sich unwillkürlich vor wie in einem Vorzeigezimmer eines exklusiven Möbelhauses.

      Ihre Mutter saß bereits am Tisch, auch ihr Blick war vorwurfsvoll, immerhin reckte sie ihrer Tochter das Gesicht entgegen, damit sie ihr einen flüchtigen, angedeuteten Kuss auf die Wange hauchen konnte.

      Typisch!

      Stella war diese Art von Begrüßung gewohnt und regte sich deswegen auch nicht mehr darüber auf. Es hatte eine lange Zeit gegeben, da sie das sehr verletzt hatte. Und sie war nur widerwillig zu ihren Eltern gegangen. Jörg hatte ihr zugeredet, und er hatte gesagt, dass es ihre Eltern waren, dass sie diejenige sein musste, die nachzugeben hatte.

      »Ich habe eine Käsetorte gebacken, Mama«, sagte Stella.

      Rosmarie Rückert zog eine Augenbraue hoch.

      »Käsetorte?«, wiederholte sie gedehnt.

      Stella biss sich auf die Unterlippe, um eine heftige Erwiderung zu verhindern.

      »Mama, wir haben darüber gesprochen. Du hast sie quasi bei mir bestellt. Ich kann sie wieder mitnehmen, Jörg und die Mädchen werden sich freuen.«

      Rosmarie winkte ab.

      Sie trug erlesenen Schmuck.

      »Nein, ist schon gut. Du backst ja nicht schlecht, wenngleich ich sagen muss, dass Ricky das besser kann. Aber die fühlt sich ja zu Höherem berufen, und deswegen wird von ihr vermutlich so schnell nichts kommen.«

      Wieder typisch!

      Einen Seitenhieb musste ihre Mutter ihr immer versetzen, und offensichtlich hatte sie sich noch nicht damit abgefunden, dass Ricky trotz ihrer vier Kinder studieren wollte.

      Das Mädchen kam herein, Rosmarie sagte, dass der Kaffee serviert werden könne und dass sie bitte den Kuchen auf einen Kuchenteller legen solle.

      Das Mädchen ging hinaus, Stella setzte sich, und sie fühlte sich schlecht, weil sie sich nicht vorkam wie bei ihren Eltern, sondern irgendwo als eine Besucherin, die einen Pflichtbesuch absolvierte. Wobei das mit dem Pflichtbesuch sogar stimmte.

      »Und, wie geht es den Kindern?«, erkundigte Heinz Rückert sich, der auf jeden Fall zu seinen Enkelinnen eine bessere Einstellung hatte als zu seinen Kindern.

      »Nele darf an einem Malwettbewerb teilnehmen, und Caro schreibt eine Eins nach der anderen.«

      »Das hat sie aber nicht von dir«, sagte prompt ihr Vater, und ihre Mutter bemerkte: »Sie heißt Carolin, nennt sie gefälligst auch so, dieses Caro ist albern.«

      »Sie möchte aber so genannt werden, weil sie Carolin doof findet«, entgegnete Stella.

      »Seit wann haben denn Kinder das Sagen? Wenn sie vom Eiffelturm springen will oder euch auffordert es zu tun, pariert ihr dann, Stella?«, ereiferte sich ihr Vater. »Kinder müssen wissen, wo es längs geht. Aber ja, zwei Mädchen, da lässt man so manches durchgehen. Ihr müsst noch einen Sohn bekommen. Wie sieht es denn damit aus?«

      Stella seufzte.

      Dieses Thema schnitt ihr Vater nicht zum ersten Mal an. Bislang hatte sie ihm ausweichend geantwortet, doch das wollte sie nicht länger.

      »Papa, unsere Familienplanung ist abgeschlossen. Die Mädchen sind aus dem Gröbsten raus, und ich habe keine Lust, noch einmal von vorne anzufangen.«

      »Wieso das denn nicht? Du hängst doch eh nur zu Hause rum, da kommt es auf ein Kind mehr oder weniger nicht an. Und außerdem kannst du dir dank Finchen auch Kinderfrauen erlauben.«

      Stella musste sich zusammenreißen. Sie war drauf und dran aufzustehen und zu gehen, nur, das könnte einen dauerhaften Bruch bedeuten, weil ihre Eltern sehr nachtragend sein konnten. Und das wollte sie wegen ihrer Töchter verhindern.

      »Jörg und ich wollen unsere Kinder aufwachsen sehen, und wir wollen ihnen liebevolle Eltern sein. Das ist uns bislang gelungen, und jetzt kommt die Zeit, da wir mit ihnen reisen, ihnen die Welt zeigen und erklären können. Darauf freuen wir uns alle.«

      Das Mädchen brachte den Kuchen, appetitlich angerichtet auf einem Silberteller, und den Kaffee.

      Sowohl ihre Mutter als auch ihr Vater stürzten sich auf den Kuchen, doch es kam kein Wort des Lobes. Das allerdings kannte Stella bereits. Von ihrer Schwiegermutter würde Stella dann erfahren, dass Rosmarie ihr ganz stolz berichtet hatte, dass Stella nur für sie allein einen ganz wunderbaren Kuchen gebacken hatte.

      Sie nahmen sich beide ein zweites Stück der Käsetorte, und das war für Stella endgültig das Zeichen, dass es ihren Eltern schmeckte.

      Ihr Vater griff das vorausgegangene Thema wieder auf, denn für ihn war das mit den Enkeln noch nicht abgeschlossen. Auch wenn es ein Auerbach sein würde, gehörte ein Junge einfach noch dazu, auch wenn er seine beiden Enkelinnen wirklich sehr gernhatte.

      »Welch verrückte Welt, die eine will mit vier Kindern an der Backe noch studieren, weil sie plötzlich das Gefühl hat, sich verwirklichen zu wollen, und dir, die überhaupt nichts macht, ist ein drittes Kind undenkbar.«

      »Ihr habt auch nur zwei Kinder bekommen«, erinnerte Stella ihre Eltern.

      »Nun ja, wir hatten Glück und haben das bekommen, was wir wollten. Weitere Kinder wären nicht möglich gewesen wegen all unserer gesellschaftlichen Verpflichtungen.«

      Das schlug dem Fass wirklich den Boden aus.

      Mit ihren Eltern wurde es immer schlimmer.

      Stella war wütend.

      »So wie ihr drauf seid, hättet ihr überhaupt keine Kinder bekommen dürfen. Ihr habt euch nicht gekümmert.«

      Rosmarie holte tief Luft, ehe sie etwas sagen konnte, fuhr Stella fort: »Mama, hast du uns jemals eine Geschichte vorgelesen? Hast du je mit uns gesungen?«

      Rosmarie sagte nichts, lief nur rot an.

      »Wir müssen keine alten ­Kamellen vorholen, Mama«, Stella entschloss sich, es nicht auf die Spitze zu treiben, ­zumal es ohnehin nichts bringen würde. »Nele und Caro«, sie betonte es nachdrücklich, »sind Wunschkinder. Jörg und ich wollten nie mehr als zwei Kinder haben, weil wir auch Zeit füreinander brauchen. Wir haben keine gesellschaftlichen Verpflichtungen, aber wir lieben es, beisammen zu sein, miteinander zu


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