Kammweg-Führer von der Jeschkenkoppe bei Reichenberg bis zum Rosenberg bei Tetschen. Franz Hantschel
10 Min. tritt man auf eine Lichtung heraus, wo sich r. über Jungwald hinweg ein überraschend schöner Blick auf den großen Neuländer Viadukt, den Jägerhaustunnel dahinter und den r. am Grundbache hinaufziehenden Ortsteil Haudorf, sowie auf den l. aus dem Tale aufsteigenden Langeberg und den Gickelsberg r. hinter diesem bietet.
Der Weg senkt sich zum Waldrande, der in 3 Min. erreicht ist; eines der schönsten Landschaftsbilder auf unserem Kammwege breitet sich wie mit einem Zauberschlage vor uns aus; der Blick schweift frei über das Tal hinweg auf die bewaldeten Berghänge ringsherum: geradeaus die Scheuflerkoppe, dahinter Spitz- und Kalkberg, daneben der Langeberg, zur R. der Dreiklafterberg und die Sauplatsche, zwischen alle dem eingebettet das idyllische Neuland in tiefeingeschnittenem Tale, der schöne Viadukt, die Haltestelle Neuland, der 40 m lange Jägerhaustunnel im Gehänge des Dreiklafterberges (762 m), die Bahnstrecke mit dem 17 m hohen und 127 m langen Jägerhaus-Viadukte jenseits desselben bis zum Christofsgrunder Tunnel an der Lehne des Brandsteines (667 m), und darüber hinaus im Hintergrunde der Gickelsberg und Hohenwald mit der Windmühle.
Wir schreiten auf dem Fahrwege abwärts. Unter unseren Füßen quert der 822 m lange, fast seiner ganzen Länge nach in Urtonschiefer eingehauene, am 6. April 1900 nach zweijähriger Arbeitszeit vollendete »Jeschkentunnel« der Außig-Teplitzer Eisenbahn den Gebirgsrücken, worin die Bahntrace bei 500·17 m Seehöhe ihren höchsten Punkt erreicht. Zur Ausmauerung bezw. Einwölbung des Tunnels, sowie zur Aufführung des Neuländer Viaduktes wurde Diorit verwendet, welches Eruptivgestein stellenweise den Jeschkenschiefer gangartig durchsetzt; einige mächtige Blöcke dieses Gesteins lagen am Wege. Nach 2 Min. sind wir beim ersten Hause von Neuland; zwischen Scheuer und Wohnhaus hindurch, um die Scheuer nach l. herum, stehen wir auf der Bezirksstraße, die neuerer Zeit von Christofsgrund herauf in mehreren Kehren durch Neuland über die Kammhöhe nach Kriesdorf hinab gebaut wurde. Uns gegenüber an der Straße r. steht noch ein zweites Haus, auf dessen Dache ein Kammzeichen uns belehrt, daß wir die Straße nach l. zu zu wandern haben. Andere Häuser von Neuland berühren wir also nicht. Das Dorf zählt über 90 Häuser, die sich gabelförmig am Grundbache und am Eckersbache, dessen eine Ursprungsader bis an unseren Standpunkt auf der Kammstraße heranreicht, hinab gegen Christofsgrund ziehen, mit welchem Pfarrdorf es unmittelbar zusammenhängt; die Bewohner sind, da der Feldbau nur wenig erträglich ist, zumeist Wald- und Fabriksarbeiter. Der Ort wurde mutmaßlich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts angelegt; wenigstens erscheint er 1581 als »neu aufgebaut« in einem Kaufvertrage, mit welchem Heinrich Berka von Dauba die Herrschaft Lämberg erwarb. Vermöge seiner schönen Lage und guten Luft eignet sich Neuland ebenso vorzüglich zum Sommeraufenthalte, wie es mit Christofsgrund schon seit Jahren der Fall ist. Eine besondere Sehenswürdigkeit daselbst ist der gewaltige Viadukt über das Neuländer Grundtal, über welchem die Bahnlinie in einem flachen, südlich ausgreifenden Bogen aus dem Jeschkentunnel in den Jägerhaustunnel verläuft; der Viadukt steht auf 29·5 m hohen Pfeilern, ist 202 m lang und hat 14 Öffnungen, von denen 11 eine Spannweite von 12 m, 3 eine solche von 6 m haben.
Wer mit uns die Kammtour nicht weiter fortsetzen will, erreicht die Haltestelle Neuland in 20 Min., die Station Machendorf im Neißetale über Christofsgrund (30 Min., 170 H., sehenswerte Holzkirche, Sitz einer Abteilung des deutschen Gebirgsvereines für das Jeschken- und Isergebirge, Studentenherberge) und Eckersbach längs des Eckersbaches in 1¾ Std. Wer aber bloß eine Zwischenstation machen und Einkehr halten will, der gehe die Straße 10 Min. abwärts bis zu Wollmann's Gasthaus l. an der Straße hinter der Schule.
Neuland den Rücken kehrend, erreichen wir die Straße aufwärts nach 4 Min. – im ganzen 1 Stde. vom Ausgespann – im Kriesdorfer Sattel die 500 m übersteigende Kammhöhe zwischen der Scheuflerkoppe (r.) und dem Abfallsrücken der Moiselkoppe (l.), gegenwärtig neben dem Passe von Langenbruck der wichtigste der den Jeschkenzug querenden Übergänge. Daselbst ist die Straße durch einen tiefen Einschnitt gelegt, in welchem der Urtonschiefer an beiden Böschungen hobelspanartig aufblätternd bloßliegt. Aus der Ferne grüßt im Rahmen dieses Einschnittes – wieder ein überraschend bezauberndes Bild – der Roll in südwestlicher Richtung, um den herum allmählich ein prächtiges Panorama sich heraushebt.
Gerade zu Füßen in gleicher Richtung der Bahnhof Kriesdorf und die Pietschekapelle, dann das langgestreckte Kirchdorf Kriesdorf, die Straßen von da zum Bahnhof und am Saume des Rabwaldes entlang gegen Schönbach; r. von der Kriesdorfer Kirche die gezackten Rabensteine, im Hintergrunde, zwischen Audishorner Spitzberg (l.) und Silberstein (r.) hindurch der Wartenberger Limberg; in der Richtung der Rabensteine der Tolz- und l. vor diesem der Kamnitzberg bei Reichstadt; r. vom Tolzberg zeigen sich hinter einander geschoben der Laufberg bei Brims, das Schwoikaer Gebirge und der Ortelsberg bei Zwickau genau im Westen. L. vom Roll zeigen sich die beiden Hirschberge, dann der Dewin und der Breite Stein, l. dahinter die beiden Bösige, l. vorn die Kuppe des Krassaberges, und wieder l. von diesem, in der Richtung des Drausendorfer Meierhofes, der einschichtig auf dem Höhenzuge jenseits Kriesdorf gelegen ist, der Kühtaler Berg vor dem Wolschner Rücken; l. davon sieht man über ein Wegkreuz hinweg ein Stück der Oschitzer Straße, die vom versteckten Drausendorf, am Friedhofe vorüber, gegen Johannestal hinaufführt, r. dahinter den Mataischeberg.
Auf der Kammhöhe, wo wiederholt Kriegsvolk verkehrte, im Jahre 1866 sogar Artillerie und Kavallerie, steht ein alter Bildstock, welcher oben eine schmerzhafte Mutter Gottes mit hübschem Beiwerk, am Sockel die Grablegung Christi ausgehauen und mit grellen Farben bemalt zeigt; davor eine Ruhebank.
Die im Bogen westlich vom Sattel – zugleich Hauptwasserscheide zwischen Oder und Elbe (Eckersbach und Jeschkenbach) – abwärts führende Bezirksstraße hat in 8 Min. Entfernung, nach Überquerung der Bahn, Miesler's Gasthaus an seiner r. Seite, ein einschichtig knapp unterhalb der Station Kriesdorf an der Gabelung der Bezirks- und Bahnhofstraße gelegenes, großes Gebäude, das zu dem eine halbe Stunde entfernten, weit über 300 Häuser zählenden, alten Kirch- und Bauerndorfe Kriesdorf gehört, woselbst am 1. Sept. 1813 zwischen Polen und Österreichern ein Scharmützel stattfand; das Chor der Kirche und eine Glocke stammen noch aus spätgothischer Zeit. Station und Gasthaus sind sehr gelegen für Jene, welche die Tour ganz oder nur der Einkehr halber unterbrechen wollen.
Knapp hinter dem Bildstocke zweigt der Kammweg r. von der Bezirksstraße auf einen Wirtschaftsfahrweg ab, der ziemlich steil zumeist zwischen Feldern (nur eine kurze Strecke l. Wald) um die Ostlehne der Scheuflerkoppe herum – die ihren Namen nach dem Besitzer, einem Kriesdorfer Insassen, hat – aufwärts führt. Hiebei wird rückwärts der Gipfel der Jeschkenkoppe sichtbar, während r. zwischen Langeberg und Brandstein über das Christofsgrunder Tal hinaus, in das wir immer tiefere Einblicke gewinnen, die Hemmrichberge zum Vorschein kommen. In 15 Minuten ist man oben am Rande des bewaldeten nördlichen Rückens der Scheuflerkoppe, wo ein Kalksteinbruch, dem Besitzer der oben erwähntem Kriesdorfer Bahnhofrestauration gehörig, im Betriebe ist, dessen besseres Material zu Kalk gebrannt wird, während das schlechtere als Bruchstein und Schotter Verwendung findet. Neben dem Steinbruche ist eine Markentafel. Hier empfiehlt es sich Halt zu machen, um die Aussicht nach Nordosten aufs Isergebirge zu würdigen, wo man im Anschlusse an die Hemmrichberge r. die Vogelkoppen, das Taubenhaus und den Schwarzeberg vor sich hat.
Ein grün markierter Weg führt von der Markentafel am Steinbruche vorüber l. in 8 Min. auf den Gipfel der Scheuflerkoppe (679 m), die von Ost nach West verläuft und gegen Norden wegen hohem Waldbestand keine Aussicht hat. Auch die Ostseite des Gipfels ist größtenteils mit Bäumen bestanden, die übrige Gipfelfläche aber ist berast und gestattet eine herrliche Aussicht über zwei volle Quadranten von der Jeschkenkoppe im Südosten bis zum Hochwalde im Nordwesten, ähnlich jener vom Kriesdorfer Sattel, die man vergleichen möge, nur viel umfassender wegen des weit höheren Standpunktes und der dadurch ermöglichten Zwischen- und Fernsicht. So sieht man zunächst r. unter der Jeschkenkoppe, die breit und mächtig hinter der Moiselkoppe hingelagert ist, den Hühnerberg bei Zwetlai; r. davon, vor der Höhenkette der Teufelsmauer und dem Mataischeberg, die Stadt Oschitz; im Einschnitt zwischen Breiten Stein und Dewin die Ruinenspitze des Bösigberges – ein überraschendes Bild –; zwischen Dewin und Roll, wo sich der Spiegel des Hammerteiches vor den beiden Hirschbergen